Singdia und Chinapur

11.8. Freitag

The whole world in a bucket. Singapur hat viele Seiten. Nach den architektonischen Highlights gestern schaue ich mir heute die ethnisch gefärbten Viertel an.

Ich beginne mit Little India. In kleinen Kolonialhäuschen wird alles verkauft, was Indiens Herz begehrt, von Gewürzen über Tee und Naturheilmittel zu Stoffen, Elektronik und Souvenirs.  Es macht Spaß, unter den Arkaden zu spazieren und alles anzuschauen, mit den Händlern zu schäkern und die Gerüche in sich aufzunehmen. Ein kleiner Hindutempel rundet das Erlebnis ab.

Die nächste Station ist das arabische Viertel gleich nebenan. Dort schaue ich die Sultan Mosque mit der goldenen Kuppel an. In der Gebetshalle sitzen ein paar Gläubige und starren auf ihr Handy, tippen ab und zu und lassen sich nicht von den Touristen stören. Ich habe den dringenden Verdacht, dass die keine Koransuren lesen, sondern What’s App und Facebook.

Kaum bin ich wieder draußen, fängt es an aus Kübeln zu gießen. Ich flüchte in ein türkisches Restaurant und bestelle mir gemischte Vorspeisen. So können gefüllte Weinblätter also schmecken! Als es wieder aufhört, gehe ich weiter durch die kleinen Sträßchen mit den nun moslemischen Waren, die sich von den indischen durchaus unterscheiden. Es gibt alles, was es im Großen Bazar von Istanbul oder in Marokko auch gibt. Eine Augenweide.

Schließlich bringt mich das MRT nach China-Town. Vergesst San Francisco! Sowas von China! Ein ganzes Viertel voller chinesischer Souvenirshops, zwischendurch ein paar normale Läden, aber wenige. Highlights sind allerdings der Sri Mariamman-Tempel und der Buddha Tooth Relic Temple. Ersterer ist ein etwa hundert Jahre alter Hindu-Tempel, der sehr schöne Reliefs und Fresken enthält.

Letzterer ist neuer, dafür größer und prachtvoll. Das Heiligtum ist der Sage nach ein Zahn Buddhas, allerdings scheint es sich nach neuerer Forschung eher um den Zahn einer Kuh zu handeln. Der allerdings ist in Gold gefasst, der Schrein drumherum ist auch rein golden, sogar die Bodenfliesen im Allerheiligsten sind aus Gold. Das ganze wird von einer Vielzahl verschiedenster Buddhas und Bodhisattvas umgeben und steht am Ende einer Meditationshalle, ein willkommener Ort für eine Pause vom Gehen.

Ich lasse mich auf einem der Kissen nieder und genieße die Stille. Im Hintergrund läuft eine CD mit buddhistischen Mantragesängen, die Monotonie der Mönche lässt die Seele zur Ruhe kommen. Ich vertiefe mich erst in die Umgebung, dann schließe ich die Augen und vergesse die Welt um mich herum. Als ich wieder auftauche, stelle ich fest, dass um mich herum alle Kissen besetzt sind, vorher war ich allein. Wunder der Versenkung, ich habe nicht einmal mitgekriegt, dass sich irgendwer genähert und hingesetzt hat.

Nach dem Tempel spaziere ich durch die Sträßchen und schaue die Auslagen und die Leute an, dann hätte ich gern was zu essen.

Julia empfiehlt mir ein Restaurant mit den angeblich besten gedämpften Maultaschen der Welt. Rappelvoll der Laden. Die Namen der Gerichte sind zwar ins Englische übersetzt, jedoch geben sie nur sehr bedingt das Geheimnis der dahinter verborgenen Speisen preis. „Steamed dumpling“ oder lieber „steamed dumpling long xiao“? Ich entscheide mich für zwei verschiedene und werde nicht enttäuscht. Der Koch ist Gott. Sein Gehilfe mindestens Jesus und der dritte, der da mitmischt, muss unbedingt der Heilige Geist sein. Wahnsinn. Feinster Teig mit zartester Füllung, egal, woraus die besteht.  Die Maultäschchen gleiten die Speiseröhre hinunter und mit jedem Bissen bedauere ich, dass ich jetzt eine weniger vor mir liegen habe. Der Nachteil, wenn man allein unterwegs ist: Man kann nicht soviel ausprobieren wie mit mehreren, das schafft man einfach nicht.

Satt und zufrieden fahre ich zum Clarke Quay zurück, wo der Bär tobt. Wochenende ist halt nochmal eine ganz andere Nummer. Asien at it’s finest. Menschenmassen überall. In einer der Bars spielt ein Pianist Billy Joel. Die Macht der Musik zieht mich an einen Tisch und ich bestelle das teuerste Bier meines bisherigen Lebens, einen halben Liter Tiger Beer für 13,50 €.

Völlig irre, aber schön. Ich bleibe sitzen bis zum letzten Tropfen, der Pianist wurde inzwischen durch eine sehr gute Sängerin mit Chaka Khan Songs ersetzt. Dann mache ich mich auf den Heimweg, nicht ohne vorher noch die Leute auf der Riesenschaukel zu beobachten, die 50 m in die Tiefe stürzen, um dann sanft auszuschwingen.

Ein Gedanke zu „Singdia und Chinapur“

  1. danke..für die langersehnte Berichterstattung!!! Auch weil ich damit weiß, dass du wieder ok bist!!
    Ich wünsche dir noch wunderschöne Augenblicke, die du dann, dankenswerter Weise, mit uns teilst! :-))

Schreibe einen Kommentar zu Monika Martin Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.