Arillas

24.7.2021

Korfu soll die schönste griechische Insel sein, sagt man, jedenfalls die grünste. Arillas, so hört man, ist ein kleines Dorf an der Westküste, vornehmlich besucht von Yogis und Osho-Jüngern, anscheinend gibt es eine große spirituelle Szene. Ideal für alleinreisende Frauen, weil viele Gleichgesinnte, relativ unberührt vom Massentourismus, viele Yoga- und Meditationsstunden, Meer, Strand…

Ich war da ja noch nie, also probiere ich es aus.

Der Urlaub fängt mit einem Desaster an. Nachdem mich Erich pünktlich abholt, schon da ist, als ich die Koffer nur schon mal rausstellen will, ich deshalb nicht mehr in die Küche zurück gehe, um aufzuräumen, stelle ich beim Check-In fest, dass ich mein Handy zuhause liegen lassen habe. Mit Impfbescheinigung, Anmeldung beim griechischen Staat, Daten von Flug und Hotel und Taxi und was  man sonst noch so braucht, Hörbücher, What’s App…. Es ist zu spät, um jemanden anzuflehen, das Handy zu bringen, Laca reagiert nicht auf meinen Anruf, hätte aber sowieso nichts genutzt. Was mach‘ ich jetzt bloß?

Zuerst beschimpfe ich mich. Dann erkläre ich mir, dass ich wahrscheinlich schon völlig verblödet bin und beschimpfe mich noch ein bisschen. Dann stelle ich fest, dass ich, wenn ich den Flug nicht verpassen will, ohne das Teil auskommen werden muss. Ich zeige meinen Impfpass vor, die anderen Sachen hab ich ja zum Glück alle entweder in den Emails oder ausgedruckt. Mit geöffnetem Laptop (in der anderen Hand den Rucksack und die Handtasche, den Koffer vor mir), manövriere ich mich durch die Kontrollen und schaffe es, mein Gepäck aufzugeben und ins Flugzeug zu gelangen.

In Kerkyra sollte ein Taxi am Flughafen stehen mit einem Schild mit meinem Namen drauf. Steht aber nicht. Ich warte, vielleicht kommt er ja noch. Tut er nicht. Ich warte noch ein bisschen. Dann wende ich mich an eine Frau an einem Stand, wo irgendwelche Reisen vermittelt werden, und frage, ob sie mir helfen kann. Mein Laptop verweigert das Flughafen-Wlan. Also leiht sie mir ihr Handy, das aber nur griechische Schrift kann. Ich muss aber irgendwie auf mein booking.com kommen, denn da steht, wie das Taxiunternehmen heißt. Nach einigem Hin und Her schaffen wir das. Hurra! Aber nur kurz. Denn niemand auf dem ganzen Flughafen kennt dieses Unternehmen. Ich schaue nochmal und nochmal, ob da inzwischen irgendwer ist, aber nein. Netterweise bietet mir die Frau von dem Unternehmen an, mich in ihrem Bus mitzunehmen, der nach Arillas fährt. Nachdem ich eineinhalb Stunden auf dem Flughafen vertrödelt habe, nehme ich das Angebot gern an.

Korfu ist schön und grün, das sehe ich bei der Anfahrt. Mein Appartement ist nett, Balkon, Meerblick, wenn auch das Bad winzig und die Küche miserabel ausgestattet und eher paläontologisch interessant ist. Aber insgesamt passt es schon, ich will ja keine Menüs fabrizieren, Wasserkocher, Müslischale, Teller und Basisbesteck sind da. Einen Swimming-Pool gibt es auch. Ich packe aus und laufe zum Strand, etwa 350 m. Das Meer ist blau und erfrischend, ich atme erst mal durch. Heute brauche ich keine Abenteuer mehr, ein Strandrestaurant bietet Schwertfisch mit Salat, wunderbar.

Später zieht mich Rockmusik in eine nette Bar, wo ich mir noch einen Drink gönne, ein bisschen was schreibe und genieße, mal wieder in einer Bar zu sitzen, Musik zu hören und Leute zu beobachten.

Das geht ohne Handy viel besser. Wenn man das Teil mal nicht hat, fällt einem erst auf, wie oft man es nur in die Hand nimmt, um beschäftigt zu sein oder zu wirken, wir haben völlig verlernt, einfach nur da zu sitzen und zu schauen und die Umgebung auf uns wirken zu lassen. Gefühlt alle 10 Sekunden habe ich den Impuls, zum Telefon zu greifen, ach so, nein, geht ja nicht. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, mal eine Zeitlang ohne das Teil auszukommen.

5 Gedanken zu „Arillas“

  1. Liebe Brigitte, ich finde es meisterhaft wie Du mit den Situationen umgehst! Wünsche Dir noch einen guten Aufenthalt. Lieben Gruß Annette

  2. Hallo Brigitte,
    Ich sitze hier gemütlich beim Frühstück und freue mich von dir zu lesen… ist immer schön…aber dass du dieses Mal eine Horrorgeschichte erzählst?!?!???der Megagau!
    Da sieht man, wie abhängig wir sind! Ich hab mich richtig in dich hineingefühlt und bei mir ist Panik aufgekommen!
    Ich hoffe, du kannst trotzdem deinen Urlaub genießen! Mein Mitgefühl hast du!!?????‍♂️?‍♂️?‍♂️?‍♂️????

  3. Liebe Biggi,
    das Warten hat ein Ende: Annette bringt Dir das Handy! Viel Spaß noch und laß das Handy mal Handy sein. Vielleicht war das ein Wink mit dem sprichwörtlichen Zaunpfahl. Genieße Deine Tage und ich freue mich schon auf Deine Berichte.
    Dickes Bussi Deine Wilma

  4. Oh das kann ich so wunderbar nachvollziehen, welche Achterbahnfahrt das für dich gewesen sein muss, Brigitte. Wie gut, dass du im Alleinreisen erprobt bist. Super, wie schnell du dich mit dem vergessenen handy abgefunden hast und positive Aspekte darin erkennst. Bin gespannt, wie es dir dort gefällt. War noch nie in Griechenland! Vielleicht bekomme ich durch dich ja eine Anregung, wo es dort am Schönsten ist! Danke.

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