Kairo

31.10.18

Ein Städtetrip nach Kairo aus gegebenem Anlass steht an. Die Tochter unserer ältesten Freunde lebt dort und heiratet an diesem Wochenende, das ist Grund genug, sich einmal die Hauptstadt Ägyptens anzuschauen. Diesmal erhöhe ich das Reiseniveau allerdings, mir reicht’s noch von den Jurten. Ich buche ein Deluxe-Nile-Zimmer im Kempinski. Der Rezeptionist ist etwas erstaunt darüber, dass wir als Ehepaar anreisen, aber zwei Zimmer und getrennte Kasse buchen, sowas kennt er nicht. Sein Versuch, sich sein Erstaunen nicht anmerken zu lassen, scheitert zu unserem Amüsement kläglich.

Im Flugzeug sitze ich neben einem Syrer, der 2016 über die Balkanroute nach Deutschland gekommen ist und Asyl erhalten hat. Er besucht seine Schwester in Khartoum. Sie ist nach ihrer Flucht dort gestrandet und alle seine Versuche, sie nach Deutschland zu holen, sind bisher erfolglos geblieben. Jetzt versucht er es von dort aus. Seine Brüder und die Eltern sind alle vereint, nur das 20-jährige Mädchen bekommt keine Einreisegenehmigung und hängt allein im Sudan fest, ein völlig untragbarer Zustand. In Syrien hat die Familie von seinem Elektroladen und den Mieteinnahmen zweier Häuser gelebt,  allerdings wurde alles zerbombt. Jetzt hat er einen Job in Deutschland, der kaum zum Leben reicht. Schicksale.

Wir überfliegen das Nildelta und Kairo bei Dunkelheit, ein wunderschönes Lichtermeer, zerteilt durch dunkle Wasser. Ein Shuttleservice holt uns ab, Alice hat ihn organisiert. Die Stadt ist riesig. Unsere Zimmer liegen im 6. Stock mit Blick auf den Nil, wunderschön. Der Rezeptionist hat schüchtern gefragt, ob die Zimmer dann nebeneinander liegen dürfen. Na klar.

Wir laufen los auf der Suche nach einem guten Restaurant. Die Gegend ist eher unattraktiv und dunkel, erst nach dem Tahrir-Platz beginnen die Einkaufsstraßen, die belebter sind. Ich kaufe mir in einer Apotheke Ohropax, die Corniche, die direkt an unserem Hotel vorbeiführt, ist zu laut zum Schlafen, jedenfalls für mein Empfinden. Als ich aus dem Laden herauskomme, unterhält sich Laca mit einem älteren Herrn, der mit uns Tee trinken möchte oder uns beim Shoppen helfen. Wir wollen nicht und laufen allein weiter. Wir entdecken eine Fußgängerzone mit einem Touristenmarkt, wir sind allerdings die einzigen Touristen. Keine Restaurants.

Am Ende fahren wir in ein libanesisches Restaurant „Tabula“, das uns der Concierge des Hotels empfohlen hat. Der Taxifahrer, der offenbar keine Landkarte lesen kann, schon gar keine Beschreibungen versteht, kurvt zwei, drei Mal um den Block, bis wir ihn an einer Ecke stoppen und zu Fuß weitergehen. Wir fragen einen Mann, der erfreulicherweise das Restaurant kennt und uns den richtigen Weg weist.

Wir bestellen fantastische Vorspeisen, die völlig ausreichen. Dann spazieren wir zum Hotel zurück und werfen noch einen Blick von der Dachterrasse auf die erleuchteten Häuser und Schiffe, die sich im schwarzen Wasser spiegeln.

Wüste, Berge, Dschinghis Khan

27.8.

Die nächste Reifenpanne kommt immer. In einem trockenen Flussbett bleibt einer der Busse stehen. Wir erkunden die Umgebung, bis der Fahrer alles repariert hat.

Eine weitere Nomadenfamilie freut sich über unseren Besuch. Diesmal sind die Kamele die Hauptattraktion, wir dürfen darauf reiten, gegen Entgelt natürlich. Ich habe einen etwas verdorbenen Magen, vielleicht das Eis gestern, deshalb traue ich mich nicht, jetzt eine Stunde im Sattel zu sitzen, ohne schnell absteigen zu können.

Gegen Abend fahren wir zur größten Sanddüne der Mongolei, 180 km lang. Wir klettern durch die Sandberge, rutschen darauf, versinken im sandigen Boden und amüsieren uns bestens. Von ganz oben ist die Sicht großartig, Wüste, Düne, Steppe, Fluss, Gebirge, alles zusammen. Die länger werdenden Schatten sorgen abends für interessante Lichter, eine helle Freude für fotografiebegeisterte Touristen. Wir fotografieren uns gegenseitig, im Sitzen, Liegen, Stehen.

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Abends erfreut uns das Camp mit einem Buffet.

28.8.

Meinem Magen geht es besser, trotzdem trinke ich lieber Tee zum Frühstück.

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Der Kaffee-Entzug führt dann ab mittags zu Kopfschmerzen. Überflüssig zu erwähnen, dass wir den ganzen Tag über Wackelpisten rasen. Ich muss auch noch hinten sitzen, weil Jargal heute bei uns mitfährt. Sie sitzt natürlich neben dem Fahrer, was sonst mein Platz ist. Gurte gibt es keine brauchbaren, Verkehr allerdings auch nicht.

Ziel ist an sich die Geierschlucht im Südgobi-Aimag. Leider ist sie überschwemmt und daher unbefahr- und -betretbar. Angeblich sind trotz Sperre einige Autos reingefahren und haben es bitter bereut. Ein Laster ist umgekippt und blockiert die Straße, die anderen mussten in Schräglage um ihn herum. Wir sparen uns das Abenteuer und fahren zu einer anderen Schlucht, die auch sehr spektakulär zwischen hohen Bergen immer enger wird.

Ich bin nicht gut drauf. Mich nervt die ewige Fahrerei, der Bettenwechsel jeden Tag, der Gruppenzwang, die Primitivität der Unterkünfte und das langweilige Essen. Immer nur Landschaft aus dem Auto anschauen ist auch nicht optimal und die Bauchprobleme bleiben. Nicht mein Tag heute.

 

29.8.

Ulan Bator naht. Die 400 km, die wir heute fahren, unterbrechen wir für das Mittagessen in einem Restaurant, in dem wir absolut grauenhafte Teigtaschen, gefüllt mit Fleisch und Speck, bekommen. Zum Glück hat sowieso keiner Hunger.

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Dann rumpeln wir durch das Erdmutter-Gebirge, große Granitblöcke liegen in der Landschaft herum, umgeben von ein paar Birken. Bei Regen und Kälte nicht wirklich attraktiv. Meine Laune nähert sich dem Nullpunkt.

30.8.

Heute wieder 250 km, allerdings teilweise auf Asphalt. Wir besuchen einen buddhistischen Friedhof, den es anscheinend doch gibt.

Nach vielen weiteren Kurven steht er da: Der Größte, der Tollste, der Schönste: Dschinghis Khan. Das höchste Reiterstandbild der Welt, 40 m hoch, dazu der Sockel und das alles auf einem Hügel. Drumrum seine Armee aus Eisen. Sehr beeindruckend, wenn auch ein wenig kitschig.

Wir steigen durch das Museum hinauf in die Mähne des Pferdes und freuen uns über den schönen Blick.

Die Landschaft der hiesigen Berge erinnert an Alpentäler in Südtirol, bis auf die Jurten. Unser Camp ist das bisher schönste der Reise, die Jurte ist modern und hübsch eingerichtet mit neuem Vinylboden und eigener Terrasse. Sogar eine Fußbodenheizung gibt es! Allerdings bleibt uns nur eine Dreiviertel Stunde, um das zu genießen, dann fahren wir zum Schildkrötenfelsen, der seinen Namen von seiner Form hat.

Anschließend besuchen wir einen Meditationstempel, der an einen Berg geklebt ist. Der Weg dorthin ist gesäumt von Tafeln mit buddhistischen Weisheiten, zur Meditation und Erlangung der Erleuchtung. Der Tempel ist ein Highlight, der Blick von dort oben auch.

Sogar das Abendessen ist lecker! Ratatouille mit Nackensteak und Apfelkuchen. Hier würde ich gern noch ein, zwei Tage bleiben, ein bisschen wandern vielleicht oder reiten, aber leider wird daraus nichts.

31.8.

Es gießt aus Kübeln. Insofern ist der Abschied nicht allzu schwer. Die Differenzen in der Gruppe werden langsam spürbar. Einer hat die Busfahrer beschuldigt, sein Geld geklaut zu haben, worauf die beleidigt  mit keinem mehr gesprochen haben. Darüber waren die Leute wieder beleidigt, was haben sie mit dem Typ zu tun. Ich fand die  Fahrer vorher auch schon unfreundlich, sie haben die ganze Reise keine Miene verzogen. Das Geld hat er dann wieder gefunden. Er hält es nicht für nötig, sich zu entschuldigen.

In Ulan Bator besuchen wir einen Cashmere-Shop, wo alle – Frauen –  sich im Shoppingparadies finden. Darüber regt sich wieder einer maßlos auf, es dauert ihm zu lang. Ich möchte gern wissen, was der für einen Stress hat, er macht doch den Ablaufplan nicht und verpasst so auch nichts.

Im Hotel stellt sich heraus, dass das wohl auch als Stundenhotel benutzt wird. Eine von uns hat den falschen Zimmerschlüssel bekommen, als ein Mitarbeiter an die Tür klopft, kommt ein sichtlich ärgerlicher Mann heraus, hinter ihm eine bestrapste Schöne, und beschimpft den Mitarbeiter wüst. Der Laden total heruntergekommen, ranzige, uralte Teppiche, von den Wänden hängende Tapeten, angeschlagene Ecken etc. Absteige halt. Ich überlege, ob ich ins Hilton ziehe, falls es sowas in Ulan Bator gibt. Na ja, nur noch eine Nacht und das Bett ist sauber.

Nachmittags schauen wir noch ein sehr schönes kunsthistorisches Museum an. Ganz viele buddhistische Thanks und wunderschöne Götterstatuen, auch uralte Figurinen aus Grabstätten, schematische Masken und Trachten und als Höhepunkt ein aufgebautes Mandala.

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Secret of Ongi

Wie gesagt, das Morgenlicht entschädigt mich für einiges und das muss es auch. Zum einen ist das Klo am Ende der Welt. Dann ist es heute auch noch verstopft, was dazu führt, dass es für alle in diesem Camp am Rande der Wüste Gobi nur ein einziges gibt und ein einziges Waschbecken. Außerdem bellt schon wieder ein Hund ausdauernd, was nichts Gutes für die Nacht ahnen lässt. Irgendwer kreischt und singt die ganze Zeit, hoffentlich hört das bald wieder auf.

Ich bin im „Secret of Ongi Tourist Camp“, etwa 280 km weiter südlich als gestern. Was bedeutet, dass wir diese Strecke heute gefahren sind. Ganztagsprogramm.

Es ist deutlich wärmer, die Jurte hat keinen Ofen. Gestern Abend hatte ich noch einen, allerdings hat es ja geregnet und erst nachdem des wieder aufgehört hat, konnte der Kamin befestigt werden und der Ofen eingeheizt. Das hat ein junges Mädchen gemacht, die erst total genervt war, weil ich den Kamin umgedreht haben wollte – das eine Ende passte schlicht nicht auf den Sockel, weil es so verbeult war. Ich mag aber nicht das ganze Zelt voller Rauch und auch keine nächtliche Vergiftung.

In der Nähe des Camps ist ein altes Kloster, das die Kommunisten, wer hätt’s gedacht, dem Erdboden gleich gemacht haben und das nur teilweise wieder aufgebaut werden konnte. Es liegt am Fuß eines kleinen Berges, dahinter erhebt sich schwarz und schroff und zackig ein Gebirge. Der Blick von ganz oben ist spektakulär: Eine endlose Gebirgskette in die eine Richtung, Ausläufer der Wüste in die andere, unten das Kloster und dahinter ein Fluss.

Manche Dinge passieren einem in so einer Gruppenreise, die kann man kaum glauben. Leute, die schon überall waren, fragen, warum man in einem Tempel die Schuhe ausziehen muss und sind völlig überrascht, als sie erfahren, dass das in buddhistischen Tempeln und Moscheen auf der ganzen Welt so ist. Andere gehen gar nicht rein, weil sie ihre Schuhe nicht ausziehen wollen. Wieder andere fragen einen alten Nomaden, mit wieviel Jahren hier das Renteneintrittsalter ist. Wieder andere erkundigen sich beim Laundry-Service mitten in der Pampa, ob sie die Wäsche nach 30 bzw. 60 Grad sortieren. Eine hat ihren eigenen Kaffee und ihre Espressomaschine dabei. Ich fass es nicht.

26.8.

Ein anderer Punkt bei so einer Reise ist, dass man an den strengen Zeitplan des Veranstalters gebunden ist und das heißt, früh aufstehen, zügig fertigmachen und frühstücken und weiter geht’s. Nix mit relaxtem Ausschlafen und so. Heute fahren wir wieder 180 km, langsam kann ich keine Sandpisten mehr sehen.

Mittags kommen wir in der Gobi an. Eine riesige Kamelherde ist das erste, was wir sehen, sicher mehr als 600-800 Tiere. Ich habe noch nie so viele Kamele auf einmal gesehen. Sie kommen immer näher und beobachten uns neugierig. Wir amüsieren uns bestens.

Nachmittags wandern wir zu den Flaming Cliffs, einer Sandformation, die ausschaut wie der Grand Canyon in klein. Wir laufen zwei Kilometer durch die Wüste hin, dann steigen wir in den Canyon ab, durchlaufen ihn und steigen auf der anderen Seite wieder auf. Das Ziel ist, den Sonnenuntergang von dort anzuschauen, damit wir den Effekt genießen können, der der Formation ihren Namen gibt.

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Leider ist der Himmel bewölkt und außerdem ist es viel zu früh, als wir an der Aussichtsplattform ankommen. Wir laufen zurück, setzen uns mit einem Bier vor die Jurten und warten dort auf die Sonne. Wir unterhalten uns über das sehr fleischlastige Essen.

Einer von uns meint, es sei ihm schon aufgefallen, dass wir nirgends Friedhöfe sehen.

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