Hoch hinaus zum Vulkan Pacaya

18.4.23

Nach einer langen Autofahrt, die wir nur durch einen Stopp bei einem Obststand unterbrechen, kommen wir am Fuße des Pacaya an, dessen Spitze leider im Nebel liegt. Die geplante Wanderung machen wir trotzdem. 500 Höhenmeter klingt ja nicht so schlimm, allerdings geht es sehr steil bergauf. Wir beginnen auf 1800 m, die Caldera liegt auf 2500 m, man darf aber nicht ganz hinauf, denn der Vulkan ist im Jahr 2021 das letzte Mal ausgebrochen und es ist noch zu gefährlich, sich der erkaltenden Lava zu nähern. Man hätte die Möglichkeit, zu Pferd den Berg zu erklimmen, das will aber keiner.

Wir steigen durch den Nebelwald auf, in den Pausen erklärt uns Rachel die örtliche Vegetation. Insbesondere gibt es hier eine Pflanze, die als Handtuch dient, aber auch gegen alle möglichen Krankheiten hilft. Man kann sie als Verband benutzen oder als Krampflöser, gegen Ohrenschmerzen und vieles andere.

Oben angekommen sehen wir nur dichten Nebel unter uns, die Caldera des Vulkans ist vollkommen verborgen. Dafür nähern sich einige Pferde und Hunde, die anscheinend hier oben leben. Hunde gibt es sowieso überall, in unterschiedlichsten Ernährungs- und Gesundheitszuständen, am liebsten würde man alle mitnehmen. Sie hoffen auf etwas zu fressen, wir haben aber nur Kekse und Nüsse, davon werden sie nicht satt.

Der Vulkanausbruch von 2021 ist noch deutlich erkennbar, als wir auf einer anderen Route wieder absteigen. Die Lava des neuesten Ausbruchs ist wesentlich schwärzer als die von früheren Ereignissen, sie hätte fast die Dörfer erreicht, die bereits fertig vorbereitet waren zur Evakuierung, die es dann zum Glück doch nicht gebraucht hat.

Wir grillen Marshmallows in einer kleinen Vertiefung.

Ein schwer verletzter Hund liegt mitten im Gelände, offenbar hat er sich verbissen mit einem anderen. Rachel meint, er hätte einen Besitzer, wo der ist, ist unklar. Beim Abstieg begleitet uns ein junger Chow-Chow-Mischling, total süß, der wurde anscheinend vor zwei Wochen hier ausgesetzt, weil er irgendeine Krankheit hatte, die jetzt aber wieder weg ist. Man fragt sich schon, wozu sich jemand einen Hund zulegt, den er bei der ersten Schwierigkeit aussetzt. Haben die Leute kein Herz? So ein freundlicher netter Hund, und jetzt muss er wohl ganz allein zurechtkommen.

Nach der Tour fahren wir zum Hotel Kawila in Amatitlan. Das hat mehrere Pools, die von verschieden heißen Thermalquellen gespeist werden. Wir werden angeleitet, einen Turnus durchzuführen, zuerst ins 41° heiße Wasser, dann ins 24° kalte, anschließend zu 37° und dann zu 31°. Unglaublich, aber 24° und 31° erscheinen uns eiskalt nach den warmen Becken. Wir werden von der Bademeisterin aber gnadenlos weitergeschickt, wenn die gesunde Zeit in einer Quelle um ist, nichts mit relaxen bei 37° und da bleiben. Zwischendurch bekommen wir ein Fruchtfrappé, lecker und sehr willkommen.

Danach sind alle müde und glücklich, wir schaffen es gerade noch, zu Abend zu essen.

19.4.23

Das war jetzt mal ein gutes Hotel, welche Erholung. Allerdings stimmt uns Rafael schon auf das nächste ein: Landhotel in Lanquin, in einer reinen Maya-Gegend, sehr naturnah. Mal sehen, was da kommt.

Wir fahren den ganzen Tag mit dem Bus. Der einzige relevante Stopp ist im Nebelwald bei Coban, wo ein Dschungeltrail uns durch das Quetzal-Gebiet leitet, in dem angeblich die sehr seltenen Nationalvögel des Landes leben. Sehen lassen sie sich nicht, womit wir allerdings alle gerechnet hatten. Dafür sehen wir die typischen großblättrigen Farne und sonstige typischen Pflanzen des Nebelwaldes, dazu noch einige kleinere Schmetterlinge und Eidechsen. Die angekündigten Orchideen blühen gerade nicht, aber es gibt einen Wasserfall. Die Wanderung ist eine willkommene Unterbrechung der stundenlangen Busfahrt, die Vegetation ein Fest für die Augen.

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Nach einer Begegnung mit einem Nasenbären

und dem eher trockenen Essen dort fahren wir nach Lanquin, wo wir einchecken. Das Hotel ist eine typische Dschungellodge, recht einfach, aber schön gelegen mitten im Wald. Unser Zimmer ist groß und die Geckos an der Wand fressen hoffentlich die Mücken.

Zu essen gibt’s 2 Bier und Spaghetti Bolognese, eine willkommene Abwechslung zu den ewigen Tortillas und Quesadillas. Die Hölle für Veganer hier, es gibt praktisch nichts für sie zu essen. Wir sind zum Glück alle flexibel. Hauptsache, das Gallo-Bier ist kalt, dann ist der Rest nicht mehr so wichtig.

La Democracia in Monterrico

16.4.23

Zurück über den See wartet schon Ismael mit dem Bus auf uns. Wir lassen uns relaxed nieder und genießen die Fahrt. Ismael ist der Beste. Er findet Wege, die fast so eng sind wie der Bus breit, kommt um Kurven herum, die für ein Fahrrad zu steil wäre und liefert uns genau da ab, wo wir hinsollen.

Das ist jetzt erstmal Democracia, ein Dorf, in dem Kunstwerke der Olmeken ausgestellt sind. Das sind riesige Basaltfiguren, die wohl bedeutende Personen dieses untergegangenen Volkes darstellen. Die Olmeken haben runde Gesichter, volle Lippen und schräge Augen, man vermutet asiatische oder afrikanische Herkunft. Allerdings ist nicht sehr viel über sie bekannt, außer, dass sie wohl die älteste Kultur Mittelamerikas waren, riesige Steinköpfe produziert und die Schokolade erfunden haben. Was letztlich am Wichtigsten ist.

Danach fahren wir weiter Richtung Pazifik. Einige Kilometer vor Monterrico steigen wir auf eine Fähre, die uns in den Urlaubsort bringt, eine Fahrt durch Mangrovenwälder und Wasserstraßen, die von Reihern und anderen Vögeln bewohnt werden.

In Monterrico checken wir in unserem Strandhotel Atelie ein, äußerlich sehr hübsch, einen großen Pool mit sehr warmem Wasser gibt es auch und einen tropischen Garten mit Kolibris und Eichhörnchen. Die Zimmer sind groß und spartanisch, aber eine Erholung gegenüber der letzten Nacht. Die Küche ist an sich gut, bloß mit dem Frühstück geizen sie hier wie anderswo etwas rum. Es gibt immer zu wenig Obst, Extras zu den vorgefertigten Tellern sind schwierig zu bekommen. Der Zimmerservice lässt zu wünschen übrig, will heißen, ist nicht vorhanden. Da wir zwei Nächte bleiben, wäre einmal aufräumen und Kloeimer ausleeren schon ganz schön gewesen, aber na ja. Die Eigentümerin des Hotels ist fast blind, vielleicht sind deshalb keine Spiegel im Bad, auch das verkraften wir, trägt aber nicht unbedingt zum ansonsten guten Eindruck bei.

17.4.23

Um 6.00 Uhr bin ich ausgeschlafen, immer noch nicht ganz in der Zeit. Ich schreibe ein bisschen, lese ein bisschen und frühstücke Joghurt mit Müsli, endlich mal keine Eier. Der Tag ist relaxed, wir gammeln am Pool rum, das tut uns auch sehr gut. Am Nachmittag werden wir abgeholt zu einer Schildkröten-Befreiungs-Aktion, was ich für etwas problematisch halte. Die frisch geschlüpften Tierchen werden verkauft an Touristen wie uns, die sie dann alle gleichzeitig losschicken und beobachten, wie sie zum Meer laufen. So sollen die Tiere geschützt werden und es soll garantiert sein, dass sie es dahin schaffen. Nicht erzählt wird einem, dass sie schon früh morgens geschlüpft sind und wohl den ganzen Tag in einem Trog eingesperrt sind, wo sie verzweifelt versuchen, Richtung Meer zu rennen. Abends, wenn die Touris dann kommen, sind sie schon ziemlich erschöpft. Ob sie es weiter schaffen als bis in die erste Welle, wer weiß. Angeblich ist der Bestand durch diese Maßnahme gestiegen, was wir natürlich nicht nachprüfen können.

Danach ein letztes Bier am Strand und köstliches Abendessen im Hotel. Morgen geht’s auf einen Vulkan.

Homestay, nicht nur für Maximon

15.4.

Am Morgen steigen wir in ein Boot nach Santa Cruz und laufen bis Santiago am Atitlan-See. Die Wanderung führt uns bergauf, bergab am See entlang, der Ausblick wäre spektakulär, wenn nicht die Berge im dichten Nebel lägen. So sieht  man leider nicht viel, es tut aber gut, mal in der Natur zu laufen.

Angekommen in Santa Cruz besteigen wir wieder das Boot und fahren über den See, zunächst nach Sololà, ein weiteres Dorf am See, das eine kleine Besonderheit aufweist. Hier wohnt der „Maximon“, eine Holzfigur eines vor etwa 500 Jahren verstorbenen Heiligen, der heute noch Wunder wirkt. Der Maximon (gesprochen „Mashimon“ ist ein synkretistischer Heiliger, der sowohl Gutes tut als auch eine negative Seite hat. Jeder Gläubige macht sich sein eigenes Bild. Manchmal gilt er als Mittler zwischen den Mächten des Himmels (huracán) und denen der Unterwelt (xibalba).  Er trägt sowohl Züge der Maya-Gottheit Maam, als auch biblische und kolonialzeitliche Elemente. Er wird jedes Jahr von einer anderen Familie bewacht, die dann die Verantwortung für sein Wohlergehen trägt. Er raucht den ganzen Tag und trinkt gern mal ein Schnäpschen, vor ihm sitzt ein Schamane und redet mit ihm, um ihn zu unterhalten, ein Wächter gibt ihm zu rauchen und zu trinken. Das läuft den ganzen Tag, von morgens 8.00 Uhr bis abends 18.00 Uhr. Wir bezahlen das Trinkgeld für die Fotoerlaubnis und amüsieren uns köstlich.

Am Kirchplatz treffen wir eine ältere Frau, die einen seltsamen Turban trägt. Rafael informiert uns, dass sie den nur tragen darf, wenn sie ihre vorgesehene Lebensleistung vollendet hat, also Kinder und Enkelkinder großgezogen hat, die Familie versorgt usw. Sie zeigt uns, wie man den Turban bindet. Kurz darauf treffen wir auf ein Mädchen, das den gleichen Turban trägt. Gefragt, wie das jetzt sein kann, antwortet Rafael, das sei dann wohl dem Tourismus geschuldet und habe mit der Tradition nichts zu tun. Wie auf der ganzen Welt werden auch hier Trachten und Bräuche dem Konsum untergeordnet und man kann darüber streiten, ob das gut ist, weil es die Traditionen wenigstens ein bisschen erhält oder schlecht, weil es eben nur Geldmacherei ist.

Es geht weiter nach San Juan la Laguna, eine sehr touristische Stadt am See, deren Shopping-Meile steil den Berg hinauf geht. Dort erhalten wir eine kleine Stadtführung, während der wir eine Weberei einer Frauenkooperative besuchen, in der uns die Verarbeitung von Baumwolle erklärt wird. Natürlich dürfen wir die Erzeugnisse dann auch kaufen, wenn wir  möchten.

Danach schauen wir noch  die „World of bees“ an, die uns die verschiedenen Honigsorten und deren medizinische Wirkung näher bringt.

Dann ist es Zeit für das Abendessen, das von Frauen gekocht wird, die uns anschließend beherbergen sollen. Wir werden also auf Familien verteilt für einen „Homestay“. Ein Erlebnis, das ich nie mehr brauche.

Wir werden begrüßt von einem kleinen Mädchen, das uns fest umschlingt und kaum mehr loslässt. Dabei ist bereits fühlbar, dass es sich offenbar um ein Mitglied der „Letzte Generation“-Aktivisten handelt, so klebrig ist sie. Bei jeder Gelegenheit klebt sie sich an uns, etwas strange. Die Mutter des Kindes schaut mal kurz vorbei und sagt hallo, die Gastgeber sind die Großeltern. Nach zwei Sätzen Unterhaltung über Google Translate lassen sie uns wissen, dass es kein Problem ist, wenn wir uns jetzt zurückziehen und relaxen. Ist uns auch recht, der Gesprächsstoff ist doch etwas eingeschränkt ohne gemeinsame Sprache und nur mit Übersetzungsprogramm. Unser Zimmer hat etwa 10 m2 und ist gefüllt mit drei Betten und einem Kästchen. Die Fenster kann man nicht öffnen, es wäre auch sinnlos, denn sie grenzen direkt an einen Anbau, der nur durch einen Vorhang verdeckt ist. Frischluft unmöglich. Das Ganze erinnert eher an eine Gefängniszelle als an ein freundliches Gästezimmer, vor allem die Tür.

Geräte aufladen schwierig, mit nur einem Stecker. Wir lesen ein bisschen, dann schlafen wir so schnell wie möglich, um die Nacht hinter uns zu bringen. Wird allerdings schwierig, denn die Familie fängt an zu kochen, nebenan und offenbar Zwiebeln in Fett. Es ist laut, es stinkt. Es ist stickig und heiß und wir teilen uns mit der Familie das Bad. Falls das den Namen verdient. Es handelt sich um ein Mini-Waschbecken und eine Toilette, daneben ein Wasserhahn für Kaltwasser und einer für Warmwasser, getrennt natürlich. Egal, denn warm bedeutet hier tatsächlich so etwa 25 Grad.

Morgens klebt sich wieder die Aktivistin an uns. Wir bekommen (kalte) Rühreier, (kalte) geschmacksneutrale Tortillas und (kalte) Dosenbohnen. Wir essen ein bisschen, aus Höflichkeit. Dann hauen wir ab.

Bevor wir die anderen treffen, gehen wir noch auf ein Frühstück in ein nettes Café mit Biokaffee und leckeren, selbstgemachten Kuchen. Alles prima, nur die Klospülung funktioniert nicht. Aber das ist ja fast schon Alltag.