Turtle and Circle

Samstag, 11.3.

Ein guter Tag, um Turtle Beach auszuprobieren. Der Strand ist nah, allerdings zu Fuß nur bei Ebbe erreichbar.  Selbstredend komme ich am Verbindungsweg an, als gerade die Flut hereinbricht. Leider bin ich nicht Jesus, ich muss meinen Weg durch hüfthohes Wasser bahnen, bepackt mit Badesachen, Foto, Schuhen.

Am Strand treffe ich die anderen Mädels, die mir mit Verschwörermiene erklären, dass sie „schwarz liegen“. Das heißt, sie haben Liegen des Strandhotels gekapert, ohne dort zu wohnen und ohne zu bezahlen. Ich schnappe mir auch eine, kein Mensch interessiert sich dafür.

Nach einiger Zeit nähert sich ein Mann, wir denken, jetzt schmeißen sie uns raus. Aber nein: Der will mir nur eine Kokosnuss verkaufen. Ich kaufe zwei: Eine zum Essen, eine zum Trinken. Dafür will er dann 40 TT$, also etwa 7 Euro. Ich lache, gebe ihm 20 und alles ist gut. Er verspricht mir, mit mir zu tanzen, wenn wir uns in der Disko treffen.

Als wir genug vom Beachlife haben wollen die anderen ins Hotel, ich gehe zum Sundowner ins Waves. Die two for one Margaritas teilt Keith mit mir.

Um halb neun gehe ich heim. Dort empfängt mich eine Disko. Der liebe Nachbar dreht jedes Wochenende morgens um sieben die Lautsprecher auf volle Kraft, dreht die Boxen auf der Terrasse in unsere Richtung und hört erst spät in der Turtle and Circle weiterlesen

Sammeltaxi und Yoga

Donnerstag, 9.3.

Die Hühner haben sich gegenseitig kalt gehalten, noch fließt kein Wasser aus meinem Kühlfach, der Strom ist wieder da. Was mache ich heute? Den ganzen Tag an einem Strand liegen, der von der Flut überschwemmt wird und nur noch an einigen Stellen existiert oder alternativ im Café zu hocken, ist keine verlockende Aussicht.

Ich beschließe, das Transportmittel der Einheimischen auszuprobieren und mit dem Sammeltaxi nach Crown’s Point zu fahren. Erstaunlicher Weise klappt das völlig reibungslos. Man stellt sich an die Straße, erkennt ein Sammeltaxi daran, dass der Fahrer im Vorbeifahren hupt, winkt, steigt ein und sagt, wohin man möchte. Das Taxi nimmt einen mit, solange es auf der gleichen Route fährt. Dann steigt man um und fährt das nächste Stück mit einem anderen Taxi, schnell und billig.

Crown’s Point ist die touristische Ecke der Insel. Imbissbuden, Hotels und Bars reihen sich aneinander, zwischen den Hotels gibt es auch offene bewachte Strandabschnitte. Nach einem längeren Erkundungsgang finde ich einen sympathischen Strand, an dem ich mir eine Liege miete.

Der gut gelaunte Kellner an der Strandbar möchte mich zu einem Rumpunsch erst überreden, dann einladen. Ich lehne dankend ab. Don’t drink and swim. Er kündigt an, mich beim Rückweg abzufangen.Ich lache und verziehe mich auf meine Liege, wo ich mich mit einem Ehepaar aus Toronto über Byron Bay unterhalte. Schwimmen ist allerdings nicht angesagt. Die Lifeguards holen jeden aus dem  Sammeltaxi und Yoga weiterlesen

Scarborough und die Hühner

Dienstag, 7.3.

Scarborough ist die Hauptstadt Tobagos, ein reizloses Kaff mit 17000 Einwohnern. Städteplanung Fehlanzeige, ein buntes Sammelsurium von höheren und niedrigeren Häusern, Geschäften, Lokalen, bunt angestrichen oder betongrau, alt, verkommen, neu, nicht so ganz verkommen und ein Hafen. Jema muss ein paar Sachen erledigen und hat mich mitgenommen. Ich hätte gern eine lokale SIM-Card, die es nur in der Hauptstadt gibt. Der erste Digicel-Laden hat keine SIM-Cards und schickt mich zu einer anderen Filiale. Die haben keine Apple-kompatiblen Karten. Ich soll in die Mall fahren, die allerdings außerhalb ist.

Zuerst laufe ich sightseeingmäßig durch die Markthalle, die aber heute geschlossen hat, so dass da nicht viel zu sehen ist.

In der Mall erstehe ich eine SIM-Card. Jemas Tochter fährt uns hin, das Familien- Thema des Tages ist eindeutig: Die Hühner. Jema hat 55 Hühner schlachten lassen. Die Schwierigkeit ist, auf die Schnelle Abnehmer zu finden. Alle werden mobilisiert: Ihre Kinder, die Nachbarn, Verwandten…jeder soll ein paar Hühner nehmen. Nicht so einfach, denn überall laufen hier auch wilde Hühner rum und der Bedarf scheint nicht allzu groß zu sein.

Keith hat schon eine email geschickt, Mike und er warten in der Strandbar. Dorthin verziehe ich mich dann nach unserer Rückkehr nach Black Rock auch.

Einen Drink später wechseln wir die Bar und schließen uns einer Gruppe aus zwei Tobegonen und zwei deutschen Frauen an. Den einen stellt mir Keith mit „This is Criminal“ vor, was mich und Mike veranlasst, darüber nachzudenken, wie er zu dem Namen kommt. Wir können uns einfach nicht vorstellen, dass Eltern an der Wiege ihres Neugeborenen stehen und  sagen: „ ‚Criminal‘ wäre doch nett“. Etwas später fragen wir, immer noch heimlich kichernd. In Wirklichkeit heißt der gute Mann Curt, den Spitznamen hat er beim Fußball bekommen. Auch interessant. Kurti.

Ein  lallender Besoffener sitzt auch dabei und wird immer lauter, je weniger man ihm zuhört. An irgendeinem Punkt schmeißt Criminal ihn raus. Die Autorität dazu hat er anscheinend, allerdings nicht für lang. Wir erfahren, dass der Typ grandiose Sachen aus Rinderhörnern schnitzt und bei der Arbeit nie trinkt, nur, wenn er genug Geld für den nächsten Monat mit dem Verkauf seiner Skulpturen verdient hat.

Curt ist sein Freund und passt in solchen Momenten auf, dass er sich und anderen nicht schadet.

Nahezu jeder hat hier Verwandtschaft im Ausland. Ein zerrissenes Volk, alle beklagen den Brain Drain, der auf die hohe Arbeitslosigkeit zurückzuführen ist und die Sache nicht besser macht. Es fehlt an Kapazitäten, sei es im medizinischen Bereich, bei der Ausbildung oder im Tourismus. Deshalb kommt das Land nicht in Schwung, was für uns allerdings nicht nur Nachteile hat: Die großen Hotelketten haben noch nicht die ganze Küste besetzt, alles ist ein bisschen provisorisch, ursprünglich und langsam. Die Leute sind freundlich und unverstellt (man könnte auch sagen: es ist ihnen total egal, ob da ein Tourist irgendwas will oder nicht), die Strände unverbaut. Den mangelnden Luxus von All inclusive Hotels kann man ganz gut verschmerzen.

Mittwoch, 8.3.

Heute ist endlich das Wetter schön. Ich bin um viertel nach sechs wach und gehe an den Strand, um zu schwimmen und im Morgenlicht Fotos zu machen. Schwimmen geht allerdings nicht, die Flut drückt herein und die Wellen sind meterhoch. Also mache ich Fotos von den Wellen, dem Strand und den Pelikanen im Morgenlicht.

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Mein Versuch, am Strand zu liegen, ist nicht sehr erfolgreich. Der Wind weht ständig alles weg und der Sand ist überall. Nach zwei Stunden, gerade lese ich entspannt mein Buch,  schwappt eine Welle über mein Handtuch, den Rucksack, alles. Shit.

Dann fällt der Strom auf ganz Tobago aus. In meiner Tiefkühltruhe sind 20 Hühner. Niemand weiß, wie lange das dauert. In meiner Tiefkühltruhe tauen 20 Hühner vor sich hin. Ich habe kein INTERNET! Keine Möglichkeit, Akkus aufzuladen!! Kein Buch, nur Kindle!!! In meiner Tiefkühltruhe tauen 20 Hühner!!!! Das Leben ist grausam.