Adelaide und Landleben

Tag 27

Adelaide ist eine nette Stadt mit einer pulsierenden Fußgängerzone, in der an jeder Ecke Musiker spielen. Mich hat nach ca.  5 Minuten ein Italo-Armenier angequatscht und zum Kaffeetrinken eingeladen. Der war angeblich Designer und macht Innenarchitektur für Shopping-Malls. Wir hatten einen Cappucino miteinander, dann hab ich ihn weiter geschickt. Ich habe einfach keine Lust auf solche Flirts, ich möchte ganz gern diese Stadt allein entdecken. In der ganzen Stadt läuft gerade das Adelaide Fringe Festival mit viel Musik, Fressständen und Theater. Ich habe mir eine Karte gekauft für ein Performance Stück über Depressionen und deren Wirkung auf Beziehungen. Dabei war Auswahlkriterium eher, für was es noch Karten gab. Ich dachte eigentlich der Beschreibung nach, dass es irgendeine Stand up Comedy über Männer/Frauen ist, es war aber weitgehend ernst gemeint. Ziemlich gutes Stück einer Londoner Aktivistin und Performance Künstlerin, Bryony Kimmings und ihrem Freund Tim Grayburn. Einiges davon kam mir ziemlich bekannt vor. Ist schon interessant, dass ich gerade in diesem Stück lande.

Tag 28

Im Festival Centre habe ich mir eine Ausstellung über chinesische zeitgenössische Kunst angesehen und bin um das Gelände herumspaziert. Am Murray River gibt es Kunstinstallationen und Tretboote und wegen des Festivals sind überall Plakate über die Events. Von da aus bin ich an der Uni entlang zum Southern Australian Museum, wo es eine anthropologische Sammlung über die Aborigines und die Südsee gibt, außerdem eine naturkundliche Abteilung. Danach wollte ich noch in das Zentrum der Aborigines Tananya, aber das hatte nur noch 5 Minuten offen, als ich gekommen bin. Also bin ich nur kurz durchgelaufen, scheint aber auch nicht so spektakulär zu sein. Es ist wie überall: Eine Ausstellung, ein Cultural Centre oder ähnliches wird angekündigt, geleitet von Aborigines, die aber nicht sichtbar sind. Nur weißes Personal. Man hat den Eindruck, die Sammlungen werden mit viel Enthusiasmus zusammengebracht und dann kümmert sich kein Mensch mehr darum. Das war am Uluru schon so und hier ist es nicht anders.

Dann war ich am Flughafen, das Auto holen. Die spinnen total mit ihren Preisen. Ich hatte es schon über Expedia bezahlt, aber die Gebühr für den anderen Abholort als Rückgabeort,die Vollkasko und das Navi machen noch einmal mehr als den Preis für das Auto. Völlig wahnsinnig.

Mit dem Auto bin ich dann zum Western Beach rausgefahren. Der ist lang und sandig und gut zum Spazierengehen, ich hatte aber keine Lust, allein am Wasser entlangzulaufen und bin dann wieder in die Stadt reingefahren. Beim Abendessen habe ich einen Australier kennengelernt, John,der mir ganz viel erzählt hat, was ich aber  weitestgehend nicht verstanden habe. Vielleicht wegen den 2 Gin Tonic, die er mir hingestellt hat, aber ich glaub eher, wegen der Sprache oder vielleicht wegen beidem. Irgendwas von seiner beruflichen Laufbahn, keine Ahnung. Und was von seinen Kindern. Am Ende meinte er: „To make the long story short: I did it.“ Na, dann ist ja gut. Was, wird ewig ein Rätsel bleiben.

Tag 29

Heute morgen bin ich aufgewacht und hab mir geschworen, nie wieder Alkohol. Ich war so müde und k .o., ich konnte kaum zu mir kommen. Das war definitiv zu viel gestern Abend. Dabei wollte ich ja eigentlich gar keinen Drink, aber irgendwie kam es dann anders. Der hat gequatscht und gequatscht und nachbestellt, und dann hab ich das halt getrunken. Jedenfalls, heute bereue ich das natürlich. So ein Scheiß.

Nach dem Frühstück wollte ich losfahren. Leider hat das Navi nicht funktioniert, so dass ich nicht einmal wusste, wie ich aus der Stadt rauskommen soll. Geschweige denn, wie ich auf die Great Ocean Road kommen soll. Also bin ich mit dem Navi von meinem Handy zum Flughafen gefahren und hab das Navi ausgetauscht. Das hat mich eine weitere Stunde gekostet, so dass ich dann erst so um 11.30 Uhr losgekommen bin.

Etwas schräg war dann auch das mit der nächsten Unterkunft. Ich habe über Couchsurfing einen Farmer gefunden, der mich vom 12.-14. aufnehmen wollte. Den habe ich gestern nochmal angefragt, ob alls ok geht. Er hat dann heute früh kurz geantwortet, ja, morgen ist ok. Ich hab nachgefragt, ob heute auch ok ist, weil das war ja schließlich verabredet. Eine Antwort hatte ich noch nicht. Ich bin also losgefahren, ohne zu wissen, wo ich abends schlafe. Ich dachte, ich fahr mal hin und schau, was da ist, notfalls fahre ich noch weiter und such mir was.

Die Fahrt war gut. Die Straße ist gut ausgebaut und ich bin durch weite Ebenen und Heidelandschaften gefahren. Dabei habe ich mich durchaus wohlgefühlt, ich liebe Roadtrips, auch gern allein. Man kommt zum Nachdenken und kann halten wo man will, man kann die Musik hören, die man will und Autofahren macht mir nichts aus. Ich habe gedacht, ich bin zwar allein, aber überhaupt nicht einsam. Ich war  beizeiten zu zweit schon viel einsamer als jetzt. Mir geht es gut, die Landschaft zieht an mir vorüber, ich halte Ausschau nach Kängurus, die sich leider nicht blicken lassen und genieße die Fahrt. In einem Kaff namens Meningie habe ich angehalten und ein Sandwich gekauft im Café am Ende des Universums, so sah es jedenfalls aus. Das habe ich am Strand gegessen und die Möven beobachtet, wie sie sich mir langsam genähert haben in der Hoffnung auf Krümel. Eine davon war besonders frech und hat die anderen immer weggejagt.

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Plötzlich war dann auf meinem Handy doch die sms, dass heute ok ist. Ich bin also zu der Farm von Jimmy Parker gefahren und hab ihn erst nicht gefunden. Dafür standen seine Brüder auf einer Wiese mit hunderten Schafen. Die haben ihn auch nicht gefunden. Es stellte sich heraus, dass es eine extrem schlechte Versorgung mit Telefon und Internet gibt, weshalb er mir auch nicht früher geantwortet hat. In seinem Haus war dann Zuzana, eine Tschechin, die mit Mann und Kind unterwegs ist für 3 Monate. Wir haben Abendessen vorbereitet, bis die anderen kamen. Jimmy und seine Brüder, eine Taiwan-Chinesin namens René und Peter, Zuzanas Mann. Es kamen dann noch ein paar Freunde von Jimmy vorbei und haben ein Bier getrunken. Danach sind wir mit einem Auto die ganze riesige Farm abgefahren. Wir haben nach den Kühen, den Schafen und den Alpakas geschaut, es gibt ganz viele neugeborene Kälbchen. Jimmy züchtet Angus-Rinder. Alle sind in guter Verfassung, sie sind den ganzen Tag draußen und haben die größtmögliche Freiheit. Paradiesisches Tierleben, das mit der traurigen Existenz unserer Stallkühe nichts zu tun hat.

Danach gab es dann Abendessen mit allen. Die Brüder haben Geschichten erzählt, von denen man aber nur einen Teil versteht, der Akzent ist einfach zu stark. Brutal. Aber es lief gute Rockmusik und der Rotwein lief auch in Strömen. Irgendwann hab ich gedacht, dass ich morgens eigentlich geschworen hatte, nie wieder Alkohol zu trinken…Für Abstinenzler ist dieses Land nicht wirklich geeignet….

Tag 30

Heute sind wir los, die Schafe anschauen und die Hühner versorgen. Dann sind wir losgefahren in dem alten Truck, ich hatte keine Ahnung, wohin.  Diese Trucks fahren überall. In der Wiese, über die Felder, am Flussufer, am Strand. Nachdem wir eine andere Farm angeschaut hatten, waren wir dann am Strand, der Ozean grün und blau und schillernd und vollkommen still. Nicht so der Truck. Der ist am Strand entlanggerast, Düne rauf, Düne runter, ein Wahnsinn, aber lustig. Und alles direkt am Wasser entlang. Am Ende des Trips waren wir dann in einer Bucht mit wunderbaren Felsen, glitzerndem Wasser, super.

Auf dem Rückweg dann endlich: Kängurus unter einem Baum.

Nachmittags mussten die Mutterkühe in ein anderes Gatter. Wir haben Kühe und Kälbchen mit einem Quad getrieben, den ich dann zeitweise auch fahren durfte. Yeah!

Jimmy hat ein eigenes Billardzimmer. Natürlich haben er und sein Sohn gegen René und mich gewonnen, sie üben jeden Tag. Danach sind wir noch Kaninchen jagen und Wombats suchen gefahren. Clayton, Jimmys Sohn, hat ein Kaninchen geschossen, das fand ich furchtbar. Die Jagd ist eher was für Kerle, nichts für städtische Pussies. Zum Glück muss ich es nicht essen, weil ich nicht mehr da sein werde. Wombats haben sich nicht blicken lassen, dafür war der Sternenhimmel fantastisch. Million Stars Hotel am Kreuz des Südens.


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2 Gedanken zu „Adelaide und Landleben“

  1. witzig, das in so einem wilden Land der Alkohol Dir am gefährlichsten wird! Da fehlt Dir eindeutig das Training Viele schöne Begegnungen und Erlebnisse wünsche ich Dir auch weiterhin

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