Marrakesch

27.9.22

Nachdem wir Essaouira verlassen haben, kommen wir wieder an ein paar mit Ziegen bestückten Bäumen vorbei, diesmal sind die Hirten allerdings nicht weit und verlangen Trinkgelder für jedes Foto. Das nervt natürlich, aber letztendlich ist es wohl auch die Not, die sie dazu treibt, dieses Geschäft mit ihren Tieren zu veranstalten. Die Ziegen tun mir leid, sie werden natürlich benutzt, man muss sich halt fragen, ob einem die Menschen weniger leid tun, die aufgrund struktureller Probleme in ihrem Land zu sowas gezwungen sind, um ihre Familien ernähren zu können. Ich möchte nicht urteilen, dazu kenne ich die örtlichen Verhältnisse zu wenig.

Bevor wir in Marrakesch einchecken, besuchen wir den Jardin Majorelle, einen Garten, den der Modeschöpfer Yves Saint Laurent 1947 kaufte. Der 1923 von dem französischen Maler Jacques Majorelle gegründete Garten enthält Pflanzen aller Kontinente und gilt als einer der schönsten Gärten weltweit. Besonders die kobaltblaue Villa hat es mir angetan, in der Saint Laurent zeitweise mit seinem Lebensgefährten Pierre Bergé wohnte. Heute ist dort ein Berber-Museum  untergebracht, das wir aber nicht angeschaut haben.

Unser Riad in Marrakesch ist eine positive Überraschung, vor allem im Vergleich zu Essaouira. Es ist eine gelungene Mischung aus traditioneller Einrichtung und moderner Farbgebung, die Zimmer sind hübsch und individuell, die Bäder auch ohne Überschwemmung nutzbar. Trotzdem fehlt der Durchzug, weil auch hier um einen Innenhof gebaut wurde, um die Hitze draußen zu halten. Dafür stockt die Luft etwas, was sich allerdings hier durchaus in Grenzen hält. Eine schöne Dachterrasse lässt auf entspannte Abende hoffen.

Das Riad Laarousse liegt mitten in der Altstadt, was wir auch recht angenehm finden, die Wege sind kurz. Zunächst starten wir zu einem Bummel durch die nebenan liegenden Souks, ein riesiger Markt für Touristen und Einheimische, der uns zum Jema el F’na führt, dem bekanntesten Platz Marrakeschs. Dort versammeln sich dem Vernehmen nach Gaukler und Musiker. Abends öffnen unzählige Stände mit den unterschiedlichsten Spezialitäten, es ist ein Riesen Remmidemmi. Was mich weniger begeistert, sind die sogenannten Gaukler. Das sind im wesentlichen Leute, die ihre bedauernswerten Tiere zur Schau stellen unter fürchterlichen Bedingungen. Schlangen müssen den ganzen Tag in der Hitze aushalten, dass sie bedudelt werden und von Touristen angestarrt, die Giftzähne sind ihnen mit Sicherheit schon gezogen und sie werden vermutlich mit Medikamenten ruhiggestellt, sonst wären sie ja schon längst weg. Das Gleiche gilt für die armen Affen, die in Käfigen herumgeschleppt werden und ebenfalls den Schaulustigen gegen Geld vorgeführt werden. Das finde ich schrecklich und möchte es nicht fotografieren, da man ja bei jedem Griff zum Handy von irgendeinem dieser Tierquäler zu Trinkgeldern genötigt wird.

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Abends gefällt mir der Platz dafür sehr gut. Die Tiere sind weg, die Fressstände kommen und mit ihnen tausend Lichter und Stände, an denen Souvenirs verkauft werden. Ein paar Musikgruppen spielen auf, zum Teil in Kostümen, insgesamt ist richtig was los. Leider merken wir das erst morgen.

Wir steigen auf eines der angrenzenden Häuser mit bewirtschafteter Dachterrasse, wo wir dem Treiben von oben zuschauen. Dann kehren wir ins Riad zurück, von wo aus wir uns abends ein Restaurant suchen. Die hübsche Terrasse des Restaurant Soulfood lädt uns zum Bleiben ein. Allerdings bleiben wir ein bisschen länger als geplant, das Essen kommt nach über einer Stunde, auf die Rechnung warten wir ebenso lang. So wird das nichts mit dem Seelenfrieden durch Essen.

28.9.22

Am letzten Tag unserer Reise steht natürlich ein Stadtrundgang durch Marrakesch an. Hamou führt uns zunächst zur Koutoubia-Moschee, deren Minarett von überall sichtbar ist. Direkt daneben ist ein ansprechendes Dachgarten-Café für einen Mokka oder Pfefferminztee, wie für uns gemacht. Von dort aus spazieren wir weiter zu den Saadier-Gräbern in der Méchouar-Kasbah, eines der beeindruckendsten Gebäude der Stadt. Feinste Stuckarbeiten und wunderschöne Fliesen umrahmen die Gräber, all die Säulen und geschnitzten Holzdecken erinnern an die Alhambra in Granada. Wir sind bezaubert, auch von den arabischen Gärten draußen.

Von dort führt uns der Weg zum Bahia-Palast, ein weiteres Musterbeispiel an orientalischer Bau- und Schnitzkunst. Bunte Glasfenster brechen das Licht im Inneren, die Decken stehen der Kasbah in nichts nach.

Mittagessen gibt es heute eher rustikal an einem Stand in den Souks. Wir haben die Wahl zwischen Linsen und Bohnen, Hühnchen und Tomatensalat. Wir nehmen alles.

Hühnchen kommt später

Nebenan ist ein Frisörladen, der Meister steckt dem Kunden gerade Q-tips in Nase und Ohren. Anscheinend sind die mit Heißwachs getränkt und die Prozedur sorgt für haarlose Körperöffnungen. Schaut gruselig aus, ist aber anscheinend üblich und effektiv.

Die anderen möchten jetzt gern zurück ins Riad, Lacus und ich laufen allein weiter durch die Souks. Wir verlaufen uns gründlich und stranden in einer Sackgasse mit lauter Automechanikern. Ich bin ganz froh, dass ich da nicht allein gelandet bin, so ein Mann an der Seite gibt einem manchmal schon ein Stück Sicherheit. Wahrscheinlich wäre auch so nichts passiert, Marokko gilt als ein sehr sicheres Land, aber diese Gegend war ein bisschen unheimlich, so ganz ohne Touristen, niemand auf der Straße und überall diese dunklen Werkstätten.

Wir finden wieder hinaus und treffen ein englisches Paar, das genauso hilflos versucht, wieder in die Touri-Gegend zu finden. Zusammen und mit Google Maps gelingt uns das nach einiger Zeit dann auch. Wir landen am Jema el F’na und von dort aus spazieren wir ein weiteres Mal durch die Souks, auch jetzt treffen wir den kürzesten Weg nicht so ganz. Aber egal. Getting lost will help you find yourself.

Am besten finden wir uns dann abends beim Abschiedsessen in einem Restaurant aus 1001 Nacht. Glückliche Gesichter allenthalben, als das Essen dem Ambiente in nichts nachsteht, Wein serviert wird und so alle Bedürfnisse befriedigt werden.

Nach dem Essen schauen wir noch einmal zum Jema el F’na zurück, der jetzt glitzert und leuchtet und ein einmaliges Schauspiel bietet. Jetzt verstehe ich erst, warum dieser Platz so weltberühmt ist. Sollte ich jemals wieder nach Marrakesch kommen, werde ich sicherlich einmal zum Abendessen da hingehen, es ist ein Erlebnis und wir bedauern, dass wir das nicht am Abend zuvor gemacht haben. Na ja, ein Grund, mal wieder zu kommen.

 


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Ein Gedanke zu „Marrakesch“

  1. Grüß Dich Brigitte , Dein Bericht ist mal wieder sehr gut. Ich fühlte mich ein bisschen, „ wie mit dabei „.
    Die Art und Weise wie die Tiere von den Menschen missbraucht werden ist grausam. Der Mensch stellt sich so oft über die Tiere. Nur weil er meint Ihnen überlegen zu sein. Ein großer Irrtum.

    Lieben Gruß

    Annette Küppersbusch

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