Bikaner und Jaisalmer

5.3. 2025

Heute steht eine lange Autofahrt an. Wir fahren weiter nach Jaisalmer. Bevor wir starten, fahren wir jedoch noch mit dem Tuktuk durch Bikaner. Wie immer tobt der durchaus diverse Verkehr, Mensch, Auto, Tuktuk, Vespa, Kuh, Hund, Kamel und Esel müssen sich irgendwie einigen. Wir freuen uns an überbordenden Gemüseständen und besichtigen die sehr prächtigen Havelis dieses Zentrums des jahrhundertelangen Handels. Ganze Straßen aus feinsten roten Sandsteinbauten zeugen von vergangener Pracht.

Schließlich führt uns Himmat noch zu einem kleinen Jain-Tempel in der Innenstadt, der bezaubernd geschmückt und hergerichtet ist. die Jain sind eine eigene Religion mit sehr strengen Essensvorschriften, so darf außer Fleisch auch nichts gegessen werden, was im Boden Früchte trägt, also z.B. Zwiebeln, Karotten etc., damit bei der Ernte kein Lebewesen verletzt werden kann. Alles Lebendige hat eine Seele, auf die man Rücksicht nehmen muss. Der Jainismus ist recht verbreitet hier, aus den Familien gehen viele Kaufleute hervor, die den Reichtum der Gemeinschaft mehren. So haben die Jain über die Jahrhunderte beträchtlichen Wohlstand angesammelt, wenn sie nicht gerade als Mönch oder Nonne durch die Lande ziehen. Die reichgeschmückten Tempel zeugen davon.

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Die Fahrt mit dem Tuktuk führt durch enge Straßen mit kleinen Handwerksbetrieben.

Zurück am Auto geht’s los. Die Festung Jaisalmer, das goldene Fort, habe ich schon lange auf meiner Bucket-List, ich habe zig Fotos gesehen und wollte immer schon hierher. Jedoch, wie bereits festgestellt, vor der Erfüllung von Träumen liegen Hindernisse. Diesmal eine 7-stündige Autofahrt quer durch’s Land.

Die Wüste wird immer wüstiger, bis auf ein paar Akazien wächst hier nicht viel. Dafür kümmern sich Unmengen von Kühen um die Pflege der Sträucher. Alle paar Kilometer fährt man an einem Kuh-Hotel vorbei, das sind Ställe und Futterstationen für herrenlose Tiere. Sie sind gut gefüllt.

Irgendwo im Nirgendwo essen wir zu Mittag, dann geht es wieder weiter. Gegen Abend kommen wir an und sind sofort hingerissen von dem Blick, der sich uns bietet. Wir haben das Boutique-Hotel Gulaal gebucht, gegenüber der Festung mit freiem Blick von der Dachterrasse, auf der auch die Mahlzeiten eingenommen werden. Spektakulär.

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Nach dem Willkommensdrink werden wir allerdings schon wieder abgeholt, es geht zu einem kleinen See, dem Gadisar-Lake, der romantischer nicht sein könnte. Tretboote, zum Teil in Schwanenform, gleiten um zwei Wassertempelchen herum, zwei bewachsene Inselchen liegen etwas weiter weg.

Von hier aus geht’s zu einem Aussichtspunkt, von dem aus wir die Festung im goldenen Licht des Sonnenuntergangs beobachten können. Jaisalmer, die goldene Stadt. Jetzt wird klar, warum: Die Altstadt ist komplett aus Sandstein gebaut, der im weichen Abendlicht golden glänzt, ein hinreißendes Schauspiel.

Zurück im Hotel gibt’s ein leckeres Thali bei toller Aussicht. Ganesha, der Gott der kleinen Dinge, meint es gut mit uns.

6.3.25

Unser Tag beginnt mit einem Frühstück auf der Dachterrasse mit Blick auf die Festung am Morgen. Besser geht’s kaum.

Dann fahren wir hinauf in das einzige bewohnte Fort Indiens, wobei bewohnt im Wesentlichen heißt, voll mit Läden und Cafés und Touristen. Und Kühen. Es geht ziemlich zu, Pilgergruppen drängeln neben internationalem Publikum durch die engen Sträßchen und versuchen, die Händler abzuwehren. Zwischendurch schieben sich Mopeds, Tuktuks, Kühe, wie immer. Wer möchte, kann eine „nicht-touristische Kamelsafari“ buchen, wo immer die dann stattfindet.

Die Häuser sind alle aus Sandstein, reich geschnitzte Havelis zwischen Tempeln, Bürgerhäusern und der dreifach gestuften Stadtmauer mit ihren 99 Türmen, von denen früher zur Abwehr der Feinde riesige Steine heruntergeworfen wurden, zusammen mit kochendem Wasser und Öl. Kein Spaß, als Soldat da unten zu stehen und zu versuchen, da raufzukommen, ohne dabei zu sterben.

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Ich erstehe einen hübschen orangenen Schal, der Händler hat es irgendwie geschafft, mich zu überreden. Den Besuch eines Havelis sparen wir uns angesichts der langen Schlange von Jain-Pilgern in weißen Kleidern davor, wir werden in anderen Städten noch Ähnliches sehen. Vor einem kleinen Tempel steht ein etwas irritierendes Schild, für uns ist die Unreinheit der Frau während ihrer Periode schon lange kein Thema mehr. Die Sadhus sehen das offenbar anders.

Der Elefantengott Ganesha, der die Familie und das Haus mit all seinen Bewohnern beschützt und der für Glück und Wohlstand sorgt, ist an jedem hinduistischen Eingang zu finden. Hier stehen die Gemälde für Hochzeiten, die in den jeweiligen Restaurants stattgefunden haben. Es waren viele.

Die goldene Stadt, im Sonnenaufgang, im Sonnenuntergang, 1001 Nacht. Wie wunder- wunderschön.

Bikaner

4. 3. 2025

Wir fahren aus unserem wunderhübschen Haveli Richtung Westen. Der Weg ist lang, angekündigt sind etwa 7 Stunden Autofahrt. Unterwegs gibt es immer was zu sehen, so dass es nicht langweilig wird: Kühe und Kamele, die gelangweilt auf der Straße laufen, Menschen mit Pilgerfahnen,  schlafende Hunde neben dem Mittelstreifen, Autos, die in der Gegenrichtung überholen, obwohl wir schon fast da sind. Nicht zu vergessen die wunderhübschen LKW Indiens, alle irgendwie bemalt und mit Hinweisen versehen: „Blow Horn“, „Dipper when dark“ ! Und natürlich die grüngelben Tuktuks, die wirklich überall in Massen herumfahren.

Begleitet wird der ganze Wahnsinn von Pilgern, die mit glitzernden Fahnen an der Straße entlang laufen, zu irgendeinem Tempel in weiter Ferne. Ein Wunder, dass die überleben.

Unser Fahrer ist zum Glück geübt und weicht gern auf den linken Seitenstreifen aus, wenn es kritisch wird und auf zwei Spuren vier Autos nebeneinander fahren, dazu eine Kuh die Straße kreuzt und von einem Motorrad umfahren wird. Habe ich schon gesagt, dass Autofahren in Indien selbstmörderische Tendenzen voraussetzt? Nichts für Europäer, ohne routiniertes Personal wären wir schon längst tot.

Nachmittags kommen wir in Bikaner an. Wir fahren auf das goldene Fort Junagarh zu und sind sofort schwer beeindruckt. Ein Riesengebäude! Ein Monster! Wozu braucht ein Mensch, und sei es auch ein Maharadscha, dermaßen viele Zimmer!? Wir werden aufgeklärt, dass es sich um den Maharadscha und seinen Bruder gehandelt hat, jedem gehörte etwa die Hälfte des Palastes, der dazu noch in verschiedenen Jahrhunderten immer weiter ausgebaut wurde. Na dann.

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Wir schlendern durch die Räume, ein Blumenpalast (Blumenfresken überall), ein Wolkenpalast (Wolkenfresken und portugiesische Fliesen), private Räume, der Audienzsaal (alles gold- und silberbemalt), ein Hof mit Swimmingpool für Feste, und so weiter. Natürlich ist nur ein Bruchteil der Räume für die Öffentlichkeit hergerichtet, was sich im Rest verbirgt, wissen wir nicht. Trotzdem verbringen wir gut eineinhalb Stunden im Innern des Forts, danach sind wir voll mit überwältigenden Eindrücken und sowas von reif für’s Mittagessen.

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Gegenüber gibt es ein sehr touristisches Restaurant (Gallops), das ausgezeichnetes Essen bei exklusivem Blick bietet. Wir verköstigen uns mit vegetarischen Spezialitäten und erholen uns etwas von den Eindrücken, denn ein weiteres Highlight steht bevor: Der Rattentempel.

Der Karni Mata Tempel in Deshnok  liegt etwa 35 km außerhalb Bikaners. Als wir ankommen, ist schon eine Menge Trubel auf dem vorgelagerten Platz, die üblichen Stände mit Götterbedarf dürfen natürlich nicht fehlen. Man betet die Inkarnationen von Karni Mata an, die hier Rattengestalt angenommen hat. Eigentlich sollte sie eine Seele eines verstorbenen Kindes retten, das hat aber nicht geklappt, weil ein anderer Gott sie schon zur Wiedergeburt geschickt hatte. Daraufhin hat sie alle Seelen, die diesem Gott gehören sollten, verflucht und dafür gesorgt, dass sie als Ratten wiedergeboren werden. Nach ihrer Rattenzeit dürfen sie dann wieder in den ewigen Kreislauf eintauchen.

 

Drinnen ein Kulturschock vom Feinsten. Zwischen ziselierten Götterfiguren und geschnitzten Marmorwänden wuseln tausende Ratten am Boden herum, denen die Gläubigen gesüßte Milch und Körner zum Fressen auslegen. Man muss grad aufpassen, dass einen keine mit Essen verwechselt oder man aus Versehen auf eine der Göttinnen drauftritt, denn die Schuhe mussten wir draußen abgeben. Heute Abend wird die Dusche dringend gebraucht, denn obwohl überall Putzpersonal rumläuft, kann man es nicht vermeiden, dass die Füße etwas angeschmutzt werden, mit was, will man nicht unbedingt wissen. Die Berührung mit einer weißen Ratte verheißt Glück, wir haben allerdings keine gesehen. Mir ist eine über den Fuß gelaufen, also hab ich wohl doch ein bisschen was von der Heiligkeit abgekriegt, obwohl ich erstmal total erschrocken bin.

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Nach diesem Abenteuer besuchen wir auf dem Rückweg noch die einzige staatliche Kamelfarm Asiens mit Kamelklinik und Forschungsstation. Die Tiere werden hauptsächlich für Paraden eingesetzt, ansonsten führen sie ein relativ gemütliches Leben auf der Farm.

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Unser Hotel Lallgarh dafür erinnert stark an den Palast des Maharadscha, es war früher auch mal einer der Nebenpaläste zum Fort. Mein Zimmer ist ungefähr so groß wie unser Erdgeschoß daheim, das Bad kommt ans Wohnzimmer ran. Yes!!! Das Restaurant war allerdings nicht so der Hit. Wir waren die einzigen Gäste, die Atmosphäre war mehr so Bürokantine und das Essen eher mäßig. Schade, denn das Hotel an sich ist schon sehr schön.