Arequipa

3.10.2024

Einigermaßen ausgeruht fahren wir am Morgen zum Katharinenkloster in Arequipa. Beim Rundgang durch die Klosterstadt, die zeitweise 200 Leute beherbergt hat, erfahren wir, dass in dieses Kloster nur Novizinnen aus den besten – und reichsten- Familien des Bezirks aufgenommen wurden. Die Eltern verheirateten ihre erste Tochter, die zweite musste mit 12 Jahren ins Kloster. Nach vier Jahren Noviziat wurden die bedauernswerten Mädchen dann aufgenommen und durften die Welt nie wieder betreten. Wenn ein Priester kam, um sie zu unterrichten, wurde ein Vorhang zwischen ihm und den Mädchen gespannt, gleiches galt für die Handwerker, die die jeweils neuesten Häuser der Nonnen bauten. Da sie alle Töchter aus gutem Hause waren, hatten sie selbstverständlich ihre Dienstmägde dabei und vertrieben sich die Zeit mir sechs Stunden beten am Tag, ansonsten Handarbeiten und lesen. Ein Privileg für Mädchen der damaligen Zeit, undenkbar für uns. Die Familien profitierten durch hohen Status, wenn sie sich leisten konnten, eine Tochter dort unterzubringen.

Erst Mitte des 19. Jahrhunderts realisierte der Papst, dass es gefährlich sein konnte, eine Gemeinschaft mit 200 selbstverwalteten Frauen, die sogar ihre Äbtissin alle drei Jahre selbst wählten, mal einfach so machen zu lassen und verbot weite Teile der Klosterregeln. So mussten die Frauen in Zukunft gemeinsam kochen und essen, die Häuser blieben den älteren Nonnen vorbehalten. Langsam konnte sich die Gemeinschaft nach außen öffnen. Bis heute leben dort 18 Nonnen, die allerdings nicht mehr strenge Klausur einhalten, sondern verschiedenen Tätigkeiten nachgehen, um das Kloster zu erhalten.

Später besichtigten wir noch eine jesuitische Kirche im Mestizen-Barock. Diese Stilrichtung stellt eine Mischung aus europäischem Barock mit indigenen Symbolen dar, die es den Ureinwohnern erleichtern sollte, Sinn im Besuch der Messe zu finden und letztlich zum Christentum zu konvertieren. Was bis heute nur bei etwa 70% der peruanischen Gesellschaft gelungen ist, der Rest betreibt weiter Rituale, die den früheren Naturgöttern gelten und vermischt das mit dem offiziellen Katholizismus.

Da heute Kirchentag ist, sind wir gegen Abend noch in die Kathedrale, die von vorne ungemein breit aussieht. Wir hatten lange diskutiert, ob es sich um eine 5-schiffige Kirche handelt, als wir reingingen, stellten wir allerdings fest, dass die Breite von außen die Länge von innen ist.

Es gibt in Arequipa noch ein archäologisches Museum, in dem die Mumie eines Inka-Mädchens ausgestellt ist (respektive die Replika), das nach 500 Jahren im Eis des 6000ers nebenan gefunden wurde. Diese „Juanita“ wurde offenbar damals von den Inkas zur Besänftigung der Götter geopfert, man hat in der Gegend viele Kinderleichen in den Gletschern gefunden. Die besten Familien mussten ein Kind den Priestern überlassen, die dann die 12-13jährigen Mädchen auf die hohen Berge brachten, ihnen Maisbier und Coca einflößten und ihnen dann einen Stein auf den Kopf schlugen, um sie umzubringen. Man glaubte, dass die Seele dadurch zu den Göttern gelangte und Fürsprache für die Dorfgemeinschaft einlegen konnte. Unvorstellbar auch das.

Arequipa als Beispiel für die Grausamkeiten der diversen Religionen, nicht nur, aber hauptsächlich an den Mädchen, die sich nicht wehren konnten.

Nach all dem Grusel war es ein schöner Kontrast, im Zig-Zag, einem der besten Restaurants Arequipas, einzukehren und die köstlichen Speisen zu genießen.

5.10.2024

Heute früh wieder raus aus den Federn und ab zur nächsten Station. Wir fahren gemütlich aus der Stadt und nach Chivay. Unterwegs kehren wir in einer Station ein, in der es Kräutertee auf Coca-Basis gibt, decken uns mit Cocabonbons und Cocablättern ein und passieren dann einen 5000 m hohen Pass. Nachdem wir den hinter uns gelassen haben, wird uns eine Radltour angeboten, die ich eigentlich mitmachen wollte. Allerdings war mir schon auf dem Pass trotz Coca in allen Variationen so schwindlig und wackelig, dass ich es dann doch lieber gelassen habe, zumal der Bus den Fahrrädern auf der Straße hinterherfuhr, die gleichen Fotostops machte und mir also nichts entging.

Das mit dem Coca ist auch so eine Sache: Die Blätter, in die etwas Süßes eingerollt ist, schmecken bitter und hinterlassen Brösel im Mund. Einmal reicht. Die Bonbons sind ganz gut, es gibt sie in verschiedenen Variationen, Eukalyptus, Minze etc., aber sie wirken halt nicht. Der Tee ist genießbar, wenn auch bitter, macht abends wach. Insgesamt kann ich ganz gut auf das Zeug verzichten.

Angekommen in Chivay war ein Besuch in den Thermen angesagt. Eigentlich liebe ich sowas ja, aber ich bin halt nicht ganz fit, steinmüde und ich glaube, ich bin besser im Bett aufgehoben. Das Ganze ist doch recht anstrengend, jeden Tag so früh raus und den ganzen Tag unterwegs und die Höhe sowieso. Also lasse ich die Thermen aus und liege mangels anderer Unterhaltungsmöglichkeiten um halb sieben im Bett. Leider wird nebenan offenbar irgendwas gefeiert, die Musik dröhnt bis spät in der Nacht, mit Schlaf ist also wieder nicht viel.