Bikaner

4. 3. 2025

Wir fahren aus unserem wunderhübschen Haveli Richtung Westen. Der Weg ist lang, angekündigt sind etwa 7 Stunden Autofahrt. Unterwegs gibt es immer was zu sehen, so dass es nicht langweilig wird: Kühe und Kamele, die gelangweilt auf der Straße laufen, Menschen mit Pilgerfahnen,  schlafende Hunde neben dem Mittelstreifen, Autos, die in der Gegenrichtung überholen, obwohl wir schon fast da sind. Nicht zu vergessen die wunderhübschen LKW Indiens, alle irgendwie bemalt und mit Hinweisen versehen: „Blow Horn“, „Dipper when dark“ ! Und natürlich die grüngelben Tuktuks, die wirklich überall in Massen herumfahren.

Begleitet wird der ganze Wahnsinn von Pilgern, die mit glitzernden Fahnen an der Straße entlang laufen, zu irgendeinem Tempel in weiter Ferne. Ein Wunder, dass die überleben.

Unser Fahrer ist zum Glück geübt und weicht gern auf den linken Seitenstreifen aus, wenn es kritisch wird und auf zwei Spuren vier Autos nebeneinander fahren, dazu eine Kuh die Straße kreuzt und von einem Motorrad umfahren wird. Habe ich schon gesagt, dass Autofahren in Indien selbstmörderische Tendenzen voraussetzt? Nichts für Europäer, ohne routiniertes Personal wären wir schon längst tot.

Nachmittags kommen wir in Bikaner an. Wir fahren auf das goldene Fort Junagarh zu und sind sofort schwer beeindruckt. Ein Riesengebäude! Ein Monster! Wozu braucht ein Mensch, und sei es auch ein Maharadscha, dermaßen viele Zimmer!? Wir werden aufgeklärt, dass es sich um den Maharadscha und seinen Bruder gehandelt hat, jedem gehörte etwa die Hälfte des Palastes, der dazu noch in verschiedenen Jahrhunderten immer weiter ausgebaut wurde. Na dann.

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Wir schlendern durch die Räume, ein Blumenpalast (Blumenfresken überall), ein Wolkenpalast (Wolkenfresken und portugiesische Fliesen), private Räume, der Audienzsaal (alles gold- und silberbemalt), ein Hof mit Swimmingpool für Feste, und so weiter. Natürlich ist nur ein Bruchteil der Räume für die Öffentlichkeit hergerichtet, was sich im Rest verbirgt, wissen wir nicht. Trotzdem verbringen wir gut eineinhalb Stunden im Innern des Forts, danach sind wir voll mit überwältigenden Eindrücken und sowas von reif für’s Mittagessen.

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Gegenüber gibt es ein sehr touristisches Restaurant (Gallops), das ausgezeichnetes Essen bei exklusivem Blick bietet. Wir verköstigen uns mit vegetarischen Spezialitäten und erholen uns etwas von den Eindrücken, denn ein weiteres Highlight steht bevor: Der Rattentempel.

Der Karni Mata Tempel in Deshnok  liegt etwa 35 km außerhalb Bikaners. Als wir ankommen, ist schon eine Menge Trubel auf dem vorgelagerten Platz, die üblichen Stände mit Götterbedarf dürfen natürlich nicht fehlen. Man betet die Inkarnationen von Karni Mata an, die hier Rattengestalt angenommen hat. Eigentlich sollte sie eine Seele eines verstorbenen Kindes retten, das hat aber nicht geklappt, weil ein anderer Gott sie schon zur Wiedergeburt geschickt hatte. Daraufhin hat sie alle Seelen, die diesem Gott gehören sollten, verflucht und dafür gesorgt, dass sie als Ratten wiedergeboren werden. Nach ihrer Rattenzeit dürfen sie dann wieder in den ewigen Kreislauf eintauchen.

 

Drinnen ein Kulturschock vom Feinsten. Zwischen ziselierten Götterfiguren und geschnitzten Marmorwänden wuseln tausende Ratten am Boden herum, denen die Gläubigen gesüßte Milch und Körner zum Fressen auslegen. Man muss grad aufpassen, dass einen keine mit Essen verwechselt oder man aus Versehen auf eine der Göttinnen drauftritt, denn die Schuhe mussten wir draußen abgeben. Heute Abend wird die Dusche dringend gebraucht, denn obwohl überall Putzpersonal rumläuft, kann man es nicht vermeiden, dass die Füße etwas angeschmutzt werden, mit was, will man nicht unbedingt wissen. Die Berührung mit einer weißen Ratte verheißt Glück, wir haben allerdings keine gesehen. Mir ist eine über den Fuß gelaufen, also hab ich wohl doch ein bisschen was von der Heiligkeit abgekriegt, obwohl ich erstmal total erschrocken bin.

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Nach diesem Abenteuer besuchen wir auf dem Rückweg noch die einzige staatliche Kamelfarm Asiens mit Kamelklinik und Forschungsstation. Die Tiere werden hauptsächlich für Paraden eingesetzt, ansonsten führen sie ein relativ gemütliches Leben auf der Farm.

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Unser Hotel Lallgarh dafür erinnert stark an den Palast des Maharadscha, es war früher auch mal einer der Nebenpaläste zum Fort. Mein Zimmer ist ungefähr so groß wie unser Erdgeschoß daheim, das Bad kommt ans Wohnzimmer ran. Yes!!! Das Restaurant war allerdings nicht so der Hit. Wir waren die einzigen Gäste, die Atmosphäre war mehr so Bürokantine und das Essen eher mäßig. Schade, denn das Hotel an sich ist schon sehr schön.