Allein im Outback

Tag 22

Allein im Outback, im Red Centre, der roten Mitte.  Andrea ist heute nach Hause geflogen, ich nach Alice Springs. Das Abenteuer beginnt. Ich fühle mich nach nicht immer einfachen Wochen frei, ungebunden und randvoll mit Abenteuerlust. Wenn alles sich ändert, ändere alles. Willst du anderes erleben, ändere dein Leben. Willst du neue Erfahrungen machen, verhalte dich so, dass die Erfahrungen in dein Leben kommen können.  So voller Freude und Spannung war ich seit langem nicht. Ich werde alles anders machen.

Das fängt  damit an, dass ich in einem Hostel übernachte, was ich noch nie getan habe. Den Schlafsaal habe ich mir zwar nicht angetan, das wäre dann doch ein bisschen zu heftig für den Anfang. Es sind eine Menge junge und auch ältere Leute aus allen möglichen Ländern hier, die Atmosphäre ist nett und entspannt. Jeden Abend läuft im Garten ein Film auf der Großleinwand, Outbackkino. Sogar ein Swimmingpool ist da, also, welch ein Luxus! Dafür gibt es Gemeinschaftsduschen und -klos, wie auf dem Campingplatz. Das ist ein bisschen ungewohnt, aber ich wollte ja was anderes.

Tag 23

Um 6.00 Uhr beginnt das Abenteuer. Joe, unser Guide, hat mich und die anderen mit einer Mischung aus Lastwagen, Bus und Camper abgeholt und die 450 km zum Uluru gefahren, durch Wüste, steppenartige Landschaft auf rotem Sand, Hügel, Berge und Tafelberge. Die Gegend wird von Rinderfarmern bewirtschaftet, pro Kuh steht 1 qkm zur Verfügung. Die Farmen haben etwa 4000 qkm Größe. Alles ist sehr trocken, das Gras ist gelb, man kann kaum glauben, dass es kürzlich geregnet hat.

Am Ende stand der Klotz dann da. Mächtig. Rot. Mystisch. Der heilige Berg der Aborigines, deren Geschichten nur teilweise an Weiße weitergegeben werden, die ganze komplexe Mythologie ist nach wie vor ihr Geheimnis. Wir erfahren nur die Oberfläche, die Geschichten, die kleinen Kindern erzählt werden. Für alles andere sind wir Weiße offenbar nicht geeignet oder nicht in der Lage, es zu verstehen.

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Kaum zu glauben, denn diese Leute mit ihrer uralten Kultur hängen in Alice Springs nur herum, fett vom Fast Food und heruntergekommen vom Alkohol.  Der weiße Mann hat sich auch hier nicht mit Ruhm bekleckert, als er diesen Leuten seine Lebensweise aufzwingen wollte. Das Ergebnis ist traurig: Gestalten, die jede Würde verloren haben und vom Sozialsystem leben. Angeblich gibt es noch Orte, wo das anders ist, an die kommen wir aber nicht heran. Man kann es nur hoffen.

Zum Sonnenuntergang waren wir dann noch bei einem Aussichtspunkt, wo natürlich alle hinfahren und haben – wie alle anderen – Champagner und Cracker mit Dip bekommen. Das war dann der wir-machen-es-wie-alle-anderen-Teil der Tour.

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Übernachtung im Zeltlager, wieder was Neues. Wir haben festinstallierte Zelte, die Klos und Duschen sind etwa 300 m weit weg. Im Zelt steht ein Bett und fertig. Es gibt auch Swags, das sind so größere Schlafsäcke mit wasserfestem Material drumrum, mit denen man draussen schlafen kann. Mal sehen, ob das einer macht, angesichts der Schlangen und Skorpione, die hier angeblich rumkriechen. Ich hätte es überlegt, wenn die Nacht sternenklar gewesen wäre, ist sie aber nicht und deshalb bin ich ganz froh um die Ausrede. Zum Abendessen gab es scharfes Kängurucurry und vegetarisches Chili con Carne, sehr lecker. Ich fühle mich großartig, young at heart und ungebunden, eingebettet in diese karge, wilde, aber großartige Landschaft. Nichts fehlt.

Tag 24

Die Nacht war kurz, wir sind um 5.00 Uhr aufgestanden zum Sonnenaufgang am Uluru.

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Bei den Olgas, Katatjuta,  hat Joe uns auf eine dreistündige Wanderung in eine Schlucht zwischen den Bergen geführt, wunderschön. Weit und breit niemand, ein paar vereinzelte Wanderer kommen uns auf dem Rückweg entgegen. Die roten Berge und die Sicht über die Weite der Wüste lösen Gefühle von Freiheit und Abenteuer aus. Die Hitze nimmt zu. Einige kehren um, als es steiler und unwegsamer wird. Die sportlicheren kraxeln weiter und werden mit grandiosen Ausblicken belohnt.

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Der Mount Collins, ein Tafelberg, zeigt sich bei der Weiterfahrt aus der Ferne.

Abends kommen wir auf einem Campingplatz weit ab von allem an. Outbacker geht’s nicht, Barbecue am offenen Feuer ist die einzig passende und mögliche Mahlzeit. Das Klo ist am Ende der Welt und hat keine Tür. Noch weiter weg ist nur die Dusche, ebenfalls mit Aussicht in die endlose Weite.

Tag 25

Der Kings Canyon sieht aus wie der Grand Canyon in der Puppenstubenversion. Wir sind einen Rundweg von ca. 6 km über den Rim gelaufen, erst eine steile Flanke hinauf, dann am Rand der Schlucht entlang und in die Tiefe zu einem Wasserloch, das „Garden of Eden“ heißt. Unterwegs zum nächsten Camp haben wir wilde Pferde gesehen und einen Dingo, der zwischen den Bungalows eines Resorts durchgelaufen ist. Abends am Camp können wir in einem Wasserloch zwischen zwei Steilwänden schwimmen. Welch ein Genuss nach der Hitze und dem Staub des Tages! Ganz am anderen Ende hängt ein Seil, an dem man sich ins Wasser schwingen kann. Joe und ich haben ein bisschen Tarzan gespielt. Cool. Komischerweise wollte keiner der anderen so weit schwimmen. Versteh das einer, bei der Hitze gibt’s doch nichts Besseres!

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Tag 26

Heute war Sport und Entspannung angesagt. Die erste Schlucht war die tollste, die Red Banks Gorge, die war gorgeous. Man schwimmt über einen See in einen Canyon hinein, der immer schmaler wird. Auch die Wassertümpel werden immer schmaler, teilweise muss man über wirklich glatte, moosige Felsen klettern, um in den nächsten reinzukommen und durchschwimmen zu können. Nach einiger Zeit, man hat kaum noch Platz, beim Schwimmen die Arme auszustrecken, kommt man an ein Seil, das einen durch einen Felsdurchgang zum nächsten Level bringt. Mit einiger Kraftanstrengung kann man sich hinaufziehen und dann geht es über mehrere Level noch 2,5 km so weiter. Der Rückweg war schwieriger, alles, was wir vorher raufgeklettert sind, mussten wir jetzt ja wieder runter. Wir haben also das getan, wovor uns unsere Eltern und wir unsere Kinder immer gewarnt haben: Wir sind in unbekanntes, dunkles Wasser gesprungen in der Hoffnung, dass da kein Felsen ist. Ein paar Schrammen sind die Quittung.

Der zweite Schwimmstopp war nicht so spektakulär. Nachdem man den See durchschwommen hat, konnte man sich unter einem Felsüberhang ins Wasser setzen und die Fische beobachten und an sich knabbern lassen. Völlig unerwarteter Weise gab es in der Nähe einen Kiosk mit Eiskaffee als Spezialität.

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Dann waren wir noch bei den Ochre Mines, einer ehemaligen Stätte, an der Ocker abgebaut wurde. Die Gesteinsschichten sind vielfarbig, sie waren ursprünglich aufeinander, wurden aber durch geologische Verwerfungen senkrecht gestellt.

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Danach noch ein drittes Wasserloch und schon ging es wieder nach Alice Springs.

Zum Abendessen hat sich die Gruppe noch einmal getroffen und im Hilton Alice Springs im Thai-Indischen Restaurant Zivilisation geübt, nachdem wir tagelang völlig verwildert sind. Am Ende habe ich nicht einmal mehr Unterwäsche getragen, die hab ich in meinem Gepäck nicht auf die Schnelle gefunden, als ich gemerkt habe, dass der Bikini nach den Schwimmpausen nicht rechtzeitig getrocknet ist bis zum Bus. Und im nassen Badeanzug im Bus sitzen wollte ich dann auch nicht.

Ich habe mich gefühlt wie nach wochenlangen Touren, frei, entspannt und völlig mit mir und der Welt im Reinen. Es war ein Genuss, aus dem Fenster zu schauen und die Landschaft zu betrachten, ein bisschen zu schlafen, ein bisschen nachzudenken und alles zu genießen. All meine Probleme von zuhause sind so weit weg, sie interessieren mich einfach nicht mehr.  Langsam erfüllt diese Reise ihren Zweck und bringt mich weit genug weg, um durch größere innere Freiheit wieder zu mehr Lebendigkeit zu kommen.