Brisbane

Also, Brisbane.

Der letzte Tag. Wer weiß, ob ich je zurückkehre und wenn ja, unter welchen Vorzeichen. Ein bisschen Wehmut, ein bisschen Trauer, aber auch Freude und Dankbarkeit für die wunderbare Zeit, vor allem in Iluka. Ein ganz besonderer Urlaub, der einen speziellen Platz in meinem Herzen behalten wird. Die Heimkehr kommt zum rechten Zeitpunkt, ich freue mich auf Familie und Freunde, es ist genug mit allein herumreisen. Aber zuerst möchte ich die Zeit hier noch genießen und einen schönen Abschluss finden.

Angekommen um 19.30 Uhr ist es schon dunkel. Der Bus setzt mich direkt am Hotel ab, ein Service zu vernünftigen Preisen, der hier überall angeboten wird und der natürlich sehr angenehm ist, vor allem, wenn man allein unterwegs ist. Diesmal sitze ich ganz brav hinten. Das Ibis Styles erweist sich als gute Wahl. Als Highlight zum Schluss habe ich das Luxuszimmer im 25. Stock gebucht mit dem Eckfenster. Ich dachte, gönn dir was, es ist dein letzter Tag in Australien, wer weiß, ob du jemals wieder hier herkommst. Also Flussblick, ganz oben und geil. Brissi bei Nacht von oben. Das hebt meine Laune schon sehr, muss ich sagen. Manchmal machen Hotelzimmer glücklich.

Der letzte Tag  dann voll  der Kulturtrip. Ich spaziere über den Fluss und schaue mir alle Museen an. Zuerst das Queensland Museum, eine Sammlung  naturhistorischer Exponate aus der Gegend, vom Saurier bis zum Schmetterling. Natürlich enthält es auch eine Sammlung über Geschichte und Leben der Aborigines, vor allem auch über die Verbrechen, die die Weißen an ihnen begangen haben.

Ein besonderes Highlight ist die Gallery of Modern Arts, vor allem die fan-tas-tische Ausstellung von Cindy Sherman. Die amerikanische Fotografin stellt hyperrealistische Selbstportraits in allen möglichen Rollen her, die meisten verstörend, viele aber auch von makabrem Humor gezeichnet. Großartig, spektakulär, umwerfend! Kulturkritik vom Feinsten. Eine Serie Clowns nach 9/11, die die ganze Tragödie in ihren Gesichtern widerspiegeln. Eine Serie von alternden New Yorkerinnen, Frauen, deren Schönheit am Vergehen ist und die in ihren Gesichtern ausdrücken, dass ihnen damit der Sinn ihres Lebens abhanden kommt. Die unsichtbare Frau, trotz aller Maskerade, allem Make-up und allen teuren Kleidern. Und all diese Darstellungen sind alle eine einzige Frau, man glaubt es kaum.

Danach gönne ich mir noch eine guided Tour durch die gesamte Galerie. Die gibt es kostenlos zu festgelegten Zeiten, wie auch der Eintritt in die diversen Museen kostenlos ist, außer für die Sonderausstellungen. Man versucht offenbar, den Leuten Kultur beizubringen. Bei der Tour bin ich die einzige Teilnehmerin, was kein Nachteil ist. Die Kunsthistorikerin weist mich auf überraschende Einzelheiten hin und bringt mir das Verständnis verschiedener Objekte näher. Ich bitte sie, mir noch etwas zur Kunst der Aborigines zu erklären. Ich verstehe die so spontan eher nicht, all diese gepunkteten Muster mit Linien und Kreisen und Strichen. Sie meint, es handele sich um spirituelle Landkarten, deren Verständnis uns völlig abgeht, was aber auch so gewollt sei. Wir Weißen sollen sie einfach wirken lassen und mögen oder auch nicht. Nähere Erklärungen bekommen wir nicht. Sie zeigt mir aber einige Dinge in den Bildern und Objekten, die ich selber nie gesehen hätte, das ist halt dann das Tolle, wenn einer dabei ist, der was versteht.
Ich bleibe dann noch länger da und genieße tolle Objekte und Bilder von zeitgenössischen Künstlern.

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Für den Abend kaufe ich mir eine Karte für Strictly Gershwin, ein klassisches Ballett nach der Musik von George Gershwin im Queensland Center of Performing Arts.
Es ist hübsch, aber nicht so spektakulär, wie es angekündigt ist. Ganz nett, nicht langweilig, aber auch nicht wirklich mitreissend. Ein bisschen provinziell.

Anschließend bummele ich langsam durch die Stadt zum Hotel, reicher an Erfahrungen, nachdenklich und etwas melancholisch.

Wieder einmal nehme ich Abschied von diesem Land, in dem ich mich lebendig fühle wie kaum irgendwo.

Hope to return one day, in happiness.

 

Kakadu National Park

Die Darwin’schen Taxifahrer stehen offenbar in der Evolution dieses Berufsstandes ganz am Anfang, wenn das survival of the fittest ist, dann armes Darwin.  Ich bin spät dran und weiss nicht genau, wo das  Deckchair Open-Air- Kino ist, für das ich mich am Abend entschieden habe. Der indische Taxler auch nicht. „I don’t know, where cinema, Madam, not so often people ask for cinema, Madam“. Das Kino ist eine der drei bis fünf Kakadu National Park weiterlesen

Litchfield und Mindil Beach

Donnerstag stand dann der erste Ausflug an. Ich hatte eine Tagestour zum Litchfield Nationalpark gebucht, mit wayoutback.com, dem gleichen Veranstalter, mit dem ich letztes Jahr am Uluru war. Ein Mädchen hat die Teilnehmer um 6.20 Uhr (nachtschlafend!) in den Hotels abgeholt und zum Treffpunkt gefahren. Und als wir da sind, steigt der Guide aus und sieht mich und das erste was ich höre ist: „Brigitte Bencker, what are you doing here?“, begleitet vom Gelächter von Joe Gracie, mit dem ich letztes Jahr im Red Center unterwegs war. Uns so bin ich wieder mal auf dem Beifahrersitz eines Tourbus gelandet. Das wird langsam zur Gewohnheit.
 Als erstes zeigt uns Joe Magnetic Termites, bzw. deren Bauten, eine Termitenart, die es nur in Australien gibt. Sie bauen ganz flache, alle in Ost-West Richtung ausgerichtete Bauten, es schaut aus wie auf einem Friedhof.
Das Ganze dient dazu, den Bau möglichst kühl zu halten. Die Morgen- und Abendsonne trifft auf die Seiten der Bauten, die Mittagssonne nur auf den oberen Rand. Die Königin brütet wenige Eier im Jahr aus, die als neue Königinnen dann neue Kolonien gründen können und die Arbeiterinnen bauen einmal im Jahr etwa 5-10 cm an den Bau an. Andere sind dafür zuständig, dass die Königin feucht gehalten wird und lecken sie den ganzen Tag ab. (Na Jungs? Das ist ein Job! Mädels? 😉 )Wenn die Königin stirbt und keine neue es besiedelt, verfällt das ganze Gebäude.
 Wir fahren zu kleineren Wasserfällen, den Buley Rockholes, in die wir mit Begeisterung hineinspringen. Fast alle trauen sich, nur ein älteres Ehepaar taucht vorsichtig weiter unten ein (na ja, was heißt schon älter, wahrscheinlich sind die jünger als ich).
Von dort aus laufen wir durch den Regenwald an einem kleinen Flüsschen entlang zu den Florence Falls, einem Doppelfall an einem natürlichen Pool, das Wasser herrlich kühl und erfrischend. Dort können wir Fische im tiefschwarzen See beobachten und uns vorstellen, es seien Krokodile um uns. Die natürlich nicht auftauchen, da das Schwimmen erst von der Regierung freigegeben wird, wenn nach Einsetzen der Trockenzeit das Wasser soweit abgeflossen ist, dass beurteilt werden kann, ob noch Gefahr besteht oder nicht. Der See hat dann keinen Zugang mehr außer den Fällen und wenn keine Crocs mehr da sind, darf man schwimmen.
Zum Lunch gibt es Joes berühmtes Hamburger-Barbecue mit irrsinnig vielen Beilagen, kein Mensch kann so riesige Burger essen. Außer allen, die dabei waren.
Nach dieser Erfrischung laufen wir weiter zum Aussichtspunkt und fahren von dort aus zu den Wangi Falls, einer weiteren Schwimmgelegenheit mitten im Urwald. Auch hier tauchen wir begeistert ein und freuen uns an der Natur und – nicht so sehr – an den vielen anderen Touristen, die das Gleiche machen.
Auf unsere Bitte setzt Joe mich und ein  Ehepaar von der Sunshine-Coast nach einer langen Fahrt über staubige Landstraßen am Mindil Beach ab, wo heute der große Hippiemarkt stattfindet.
Es ist eigentlich das Gleiche wie Tollwood, Hippieschmuck, Tücher, Krimskrams, Klamotten und viele Fressstände. Recht nett und lustig und vor allem am langen, weiten Strand. Das kommt gut, denn der Sonnenuntergang geht schon noch ein zweites Mal. Farbenrausch mit Hippiefeeling.

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Danach schlendere ich, nunmehr allein, noch einmal im Dunkeln über den Markt und laufe einem Wahrsager, Manfred, in die Arme. Er erklärt mir, er sei zunächst nach Indien und dann hierher ausgewandert und seither lebe er vom Tarot und Handlesen. Das lasse ich mir nicht entgehen, zu sehr passt dieses Angebot zu den Hippies, dem Markt und meiner Stimmung.  Es stellte sich heraus, dass er in München Psychologie studiert hat, seit 25 Jahren in Australien lebt und vorher auf dem Hippie-Trail über Afghanistan nach Indien getrampt ist. Zunächst landete er, wie alle, in Poona bei Osho, dann ist er nach Pondicherry und zur „Mother“ in Auroville konvertiert. Er fand es irre toll, dass ich da auch schon war. Meinen persönlichen Eindruck davon habe ich ihm lieber nicht erzählt, sonst wäre die Freude wohl nicht mehr so groß gewesen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Jedenfalls, meine Zukunft ist glänzend, meine Gesundheit auch, ich werde steinreich und ändere demnächst mein Leben komplett, aber nur zum Besseren. Wenn das nichts ist. Meine Hände sagen auch nur das Beste: Tolle genetische Anlagen, vielleicht ein klitzekleiner Hang zum Perfektionismus, unendlich viele Reisen, starke Emotionen, große Enttäuschungen, die aber nun hinter mir liegen. Damit ist der Weg frei in eine fantastische Zukunft mit weniger Verpflichtungen und Arbeit, dafür mehr Gefühlen und Spannung und Reisen und beruflichen und privaten Veränderungen. Also alles gut. Genau das wollte ich hören. Ausgezeichnet. Man muss halt wissen, von wem man sich die Zukunft vorhersagen lässt. 😉