Neues Jahr, neues Glück?

30.12.2020

Das Jahr geht zu Ende, pandemiebedingt sitzen wir mal wieder daheim und warten auf bessere Zeiten. Wir sind gelockdowned und dürfen das Haus nur mit Grund verlassen, Silvester feiern gehört nicht dazu. Das führt zu der eher absurden Situation, dass wir mit unseren engsten Freunden zu viert Gesellschaftsspiele spielen werden und uns langsam besaufen, damit wir nicht vor Mitternacht einschlafen. Heimgehen dürfen sie ja nicht mehr, die Ausgangssperre gilt ab 21.00 Uhr, auch am 31.12.. Sie wohnen ungefähr 500 m weg von uns. Was das soll, konnte mir noch keiner erklären. Der Sinn der Ausgangssperre ist ja wohl, größere Menschenansammlungen zu vermeiden, schön und gut. Aber dass ein Rentnerehepaar keine 500 m mehr heimgehen darf,  was soll das bringen? Ich bin ja alles andere als ein „Querdenker“ oder Leugner der zurzeit in den Krankenhäusern anscheinend wirklich dramatischen Situation, aber das geht doch etwas sehr weit. Wen sollen die anstecken? Da hätte man schon ein bisschen differenzieren können, finde ich. Aber was soll‘s, dann schlafen sie halt bei uns.

31.12.

Nachmittags komme ich zufällig auf ein Konzert von Roger Waters auf 3sat, das ich dann natürlich anschauen muss, auch wenn die Vorbereitungen für die exzessive Party zu viert noch nicht ganz erledigt sind. Ich liebe Pink Floyd und die Konzerte sind einfach mega. Sehr bombastisch und immer politisch, eine gigantische Show mit dem Sound meiner Jugend, was will man mehr?

Der Abend vergeht schnell, wir essen leckere Vorspeisensalate, danach Filet mit Spinat und Kartoffelgratin, anschließend ein leichtes Dessert mit Ananas, Basilikum und Skyr. Dann rollen wir ins Wohnzimmer und warten auf  Mitternacht. Feuerwerk ist natürlich verboten, aber böllern tun doch einige, ohne Light in the Sky ist das aber nicht so prickelnd. Wir prosten den Nachbarn über den Zaun zu, danach gibts noch eine 70er-Jahre-Schlagershow im Fernsehen, die wir nur anschauen, weil Laca die alle persönlich kennt und mit denen irgendwann mal gearbeitet hat („der war auch schon bei uns!“ ist der häufigste Satz dieser Nacht).  Nach einer Stunde schalte ich aus, ich ertrag’s nicht mehr.

Wir essen noch die von Laci liebevoll vorbereitete Linsensuppe, damit wir nicht hungrig ins Bett müssen. Die Gesellschaftsspiele haben wir ausgelassen, wir hatten genug zu quatschen und auch zu trinken. Ein gelungener Abend, trotz Restriktionen!

7.1.2021

Der Lockdown bleibt uns erhalten, wohl mindestens bis Ende Januar. Die Impfungen kommen nur schleppend in Gang, ich rechne damit, frühestens im Sommer dranzukommen. Es bleibt also nur, Reisen zu planen, die man irgendwann vielleicht mal wieder machen kann, im Augenblick wäre es schon toll, wenn ich mal zum Skifahren gehen könnte, ohne hinterher 10 Tage Quarantäne zu durchlaufen. Aber diese Skisaison habe ich eher abgehakt, das wird heuer eher nichts mehr.

Alternative: Spazierengehen. Fitnessstudio geht ja auch nicht, und meinen Hometrainer habe ich bei meiner Renovierungsaktion entsorgt, weil er jahrelang nur rumgestanden hat. Wenn ich jetzt wieder sowas kaufe, steht es wieder nur rum, sobald die Studios wieder aufhaben. Also: raus an die Luft bei jedem Wetter und so viele Schritte wie möglich. Das ist gut für Körper und Seele, man bekommt ein paar Lux ab, die die Stimmung steigern, kann gut schlafen wegen genug Frischluft und das Immunsystem stärkt es auch. Begleitend mache ich jeden Tag Yoga, mal mehr, mal weniger. Bin beweglich wie noch nie, auch mal ganz nett. 

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Deutschlandreise

Nachdem ja heuer die Fernreisen ausfallen, das Fernweh aber nicht, behelfe ich mir damit, mich mal fern der Heimat im wilden Osten umzusehen.Da war ich noch nie. Nicht, dass ich im Westen schon großartig was gesehen hätte. Man kann halt nicht alles auf einmal haben und Deutschland ist groß. Also habe ich mir überlegt, Melanie in Hamburg zu besuchen. Das ist mir aber zu weit, um in einem Tag hinzufahren und über die Autobahn rauschen macht mir auch keinen Spaß, wenn es länger als drei, vier Stunden dauert. Aus dieser Idee wurde dann ein Plan. Nachdem die Wies’n ausfällt und ich dringend mal weg muss, wird der goldene Herbst heuer mal in Deutschland verbracht.

Erstes Ziel: Bamberg
In Bamberg war ich vor ca. 35 Jahren einmal für 2 Stunden, Erinnerung habe ich so gut wie keine mehr daran. Ich parke am Ortseingang und spaziere los, ohne viel Ahnung, wo ich eigentlich hinwill. Auf einem Hügel liegt der beeindruckende romanische Dom mit seinen vier Türmen, da will ich hin. Innen ist die Kirche im Laufe der letzten 1000 Jahre mehrmals umgestaltet und „bereinigt“ worden. Im 17.Jahrhundert war der Innenraum vollständig im barocken Stil gestaltet, wurde in späteren Jahren jedoch mehrfach vereinfacht im Sinne einer romantisierenden Mittelaltervorstellung, so dass heute ein eher kühler Raum entstanden ist, dessen einzige Reminiszenz an das Barock der Altarraum ist.

Ich spaziere weiter durch die Stadt und finde schließlich das umwerfende Rathaus an der Regnitzbrücke zwischen Alt- und Inselstadt. Drumherum sind, wie nicht anders zu erwarten, zahlreiche Cafés und Restaurants, die Fußgängerzone ist nicht weit. Alles in dem wunderhübschen, nahezu unversehrten Stadtkern, der zu Recht UNESCO Weltkulturerbe ist.

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Nach einem ausgiebigen Spaziergang fahre ich weiter nach Eisenach, das Städtchen am Fuße der Wartburg. Ich komme gegen Abend an, mein Hotel liegt perfekt inmitten der Innenstadt. Allerdings gibt es ein Problem. Das Hotel hat einen völlig überfüllten Miniparkplatz. Man schickt mich ein paar Straßen weiter „den Berg rauf“, leider ist die angeblich freie Straße genauso überfüllt. Also weiter bis zu einem Wohnviertel, wo ich nach einiger Kurverei dann doch noch ein Schlafplätzchen für mein Auto finde, aber nur bis 9.00 Uhr morgens. Ob das klappt? Ich bin schließlich im Urlaub und habe keinerlei Ambitionen, wegen eines potentiellen Strafzettels früh aufzustehen.

Ich schlendere durch das Städtchen, nett, viel renovierter Fachwerkbau und eine unfassbare Menge an Friseuren. Die Leute scheinen echte Probleme mit ihren Haaren zu haben, sonst könnten die nicht alle überleben. Die Friseurdichte übertrifft sogar die Kneipendichte, unglaublich, auf einem Spaziergang von ca. 10 Minuten zähle ich 12 Salons. Am Martin-Luther-Platz gibt es zwei hübsche Restaurants im Grünen, dort lasse ich mich nieder. Am Nebentisch kichern zwei Frauen und fluchen lautstark, als ich mich umdrehe, entschuldigen sie sich angelegentlich. Dabei wollte ich eigentlich nur sehen, was die essen, denn das sieht gut aus und ich finde es nicht auf der Karte. So kommen wir ins Gespräch. Es stellt sich heraus, dass eine der beiden Familien- und Erbrechtsanwältin ist, die andere Steuerberaterin. Das Thema ist gesetzt.

23.9.
Wer in Eisenach übernachtet, will natürlich die Wartburg sehen. Ich steuere sie am Morgen an (ohne Strafzettel) und freue mich, dass so wenig Leute da sind. Vom Parkplatz muss man noch ein Stückchen den Berg hinaufsteigen, dann ragt die historische Stätte mächtig vor einem auf. Etwas außer Puste komme ich an und genieße den Weitblick über den Thüringer Wald. Die Burg ist gewaltig.

Leider darf man nur außen fotografieren. Führungen gibt es zurzeit nicht, aber man darf sich einen Audio-Guide aufs Handy laden, wohl dem, der kabellose Kopfhörer dabei hat. Etwa eine Stunde wird man durch die Burg geleitet, erfährt vieles über Architektur, Geschichte und Geschichten über die Burg, die bereits um 1100 n.Chr. bestand. In den Jahren 1211-1227 lebte Elisabeth von Ungarn hier, die spätere heilige Elisabeth. Das arme Mädel wurde mit 4 Jahren dem Landgrafen Ludwig versprochen, mit 14 dann verheiratet. Nachdem sie 3 Kinder von ihm hatte, fiel er auf den Kreuzzügen und sie wurde von der Burg vertrieben, um sich nur noch der Wohltätigkeit zu widmen. Dafür wurde sie dann heilig gesprochen, reicht doch. Vor ihrer Zeit fand hier der  -wohl eher fiktionale- Sängerstreit statt, Goethe lebte hier, Luther versteckte sich hier nach seiner Reichsacht, 1817 riefen versammelte Studenten unter der ersten schwarz-rot-goldenen Flagge das Deutsche Reich aus und die Nazis versuchten, die Bedeutung der Burg für sich zu nutzen, allerdings erfolglos. Viel mehr Geschichte geht nicht.
Nach Weimar fahre ich über die Landstraße, eine eher öde Angelegenheit. Felder links und rechts der Straße, ab und zu ein Dorf. Die Dörfer sind alle menschenleer, jedenfalls sehe ich niemanden auf der Straße, obwohl es mitten in der Woche ist. Wo sind die alle? Da stehen doch Häuser und es gibt Schilder, die auf irgendwelche Läden und Werkstätten hinweisen, aber kein Mensch weit und breit. Wie wir Bayern sagen: Es dodelt gewaltig.(Für Nordlichter: Es wirkt sehr unlebendig).