Himmel über der Wüste

19.9.22

Unsere nächste Etappe führt uns 500 km über den Hohen Atlas in den Süden des Landes. Wir starten früh, die Strecke wird etwa 12 Stunden dauern, einschließlich einiger „Hygienepausen“ und einem längeren Stopp zur Erfrischung. Wir beginnen im mit Olivenhainen und Apfelbäumen bewirtschafteten Agrarland. Bald wird die Gegend trockener, bis die Bepflanzung und damit Bewässerung unrentabel wird und sich die Aussicht mehr und mehr in eine Mondlandschaft verwandelt.

Auf etwa 2000 m Höhe gelangen wir in ein malerisches Bergdorf in der Region Ifrane, das deutlich an die Kurorte in den österreichischen und italienischen Alpen erinnert und sogar einen Skilift hat. Hübsche Hotels säumen die kleinen Parks, in denen die Gäste sich auf Bänken erholen können vom anstrengenden Aufstieg, appetitliche Cafés locken mit Gebäck und leckeren Snacks. Wir sehen uns um und gönnen uns eine Pause vor der noch endlos scheinenden Weiterfahrt in die Wüste, erfrischen unsere Augen an dem Grün der Zedern und gönnen uns, je nach Geschmack und Gusto, ein paar kandierte Mandeln oder einen Kaffee.

Dann führt die Straße weiter durch eine Basaltwüste, schwarzer Boden gerinnt zu zackigen Felstürmen, die Vegetation wird immer spärlicher. Schließlich erreichen wir Merzouga, das einen Vorgeschmack auf die Sahara bietet. Der Ort besteht im Wesentlichen aus einer Geschäftsstraße und einigen verstreuten Wohnhäusern, einer Schule und sicher auch örtlichen Behörden.

Wir besuchen ihn am nächsten Tag, bevor wir uns aufmachen in unser Wüstenabenteuer, um Tücher für die unvermeidlichen Turbane der Berber zu erwerben, und die uns vor der sengenden Sonne schützen sollen.

20.9.22

Unsere Unterkunft, das Riad Chebbi, liegt am Ortsrand und kommt den orientalischen Träumen westlicher Besucher schon recht nah. Wir genießen den entspannten Vormittag auf der Terrasse am Swimmingpool (sicher keine Glanzleistung des Klimaschutzes, aber sehr angenehm kühles Wasser, wie auch immer das hergestellt wird).

Gegen Mittag fahren wir in einen nahegelegenen Ort, nach Khamlia, wo uns eine örtliche Musikgruppe mit den Instrumenten und Klängen der Berber bekannt macht. Den Gesichtern der Musiker nach zu schließen ist es nicht die Herausforderung ihres Tages, uns besonders komplizierte Rhythmen zu demonstrieren. Sie klimpern eher lustlos auf einem gitarreähnlichen Instrument, einer schlägt eine Art Castagnetten dazu, ein anderer trommelt. Die Langeweile starrt ihnen aus dem Gesicht. So richtig begeistert ist keiner, auch die Zuschauer nicht. Nach einer angemessenen halben Stunde schauen wir, dass wir Land gewinnen und vielleicht lustigere Beschäftigungen finden.

Zu Mittag bekommen wir Pizza nach Berberart, ein sehr leckeres gefülltes Fladenbrot.

Danach kleiden wir uns ein, blaue und rote und grüne Tücher wechseln den Besitzer, wir wickeln nach Anleitung Turbane um unsere Köpfe. Alle versagen kläglich, bis Hamou sie uns professionell feststeckt.

Dann besteigen wir unser jeweiliges Lieblingsdromedar und reiten wie Lawrence von Arabien durch die unendlichen Weiten der Sahara Richtung Luxuscamp, wo das Abendessen schon auf uns wartet.

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Nudelsalat,  überbackene Auberginen, Rindertajine und Schokopudding nach Dr. – Oetker-Art sind zwar nicht ganz das, was wir erwartet haben, aber soweit schon ok. Am offenen Feuer danach spielen wieder örtliche Musiker auf, die allerdings können was und haben offensichtlich auch Lust, das zu zeigen. Der Romantik am Lagerfeuer tut nur Abbruch, dass der Sternenhimmel sich nicht zeigen möchte, ausgerechnet heute ist es vollständig bewölkt.

Die Zelte sind geräumig und gut ausgestattet, sogar die Dusche gibt genug Wasser her. Nachts wache ich auf und schaue hinaus. Sterne gibt es immer noch nicht zu sehen, aber die Stille ist absolut. Kein noch so fernes Rauschen von Autos oder Bäumen oder Meer stört den Schlaf, als wäre man völlig allein auf dem Planeten. Was für ein seltenes Erlebnis.