18 Kaninchen: Copan in Honduras

26.4.2023

Unser Hotel liegt ganz nahe an den Ruinen von Copan, etwa eine halbe Stunde nach der Grenze zu Honduras. Wir brechen morgens zu Fuß auf und spazieren zum UNESCO-Welterbe Gelände.

Am Eingang warten in den Bäumen ein paar rote Aras auf uns. Auf unsere etwas misstrauische Frage, ob die frei sind oder hier wohnen, bekommen wir die Anwort, beides. Die Vögel werden im nahegelegenen Vogelpark aufgezogen, in dem verletzte oder im Käfig gehaltene Vögel aufgepäppelt werden und sich vermehren. Die Käfigvögel können nicht mehr ausgewildert werden, da ihnen in den meisten Fällen die Flügel gestutzt wurden. Wenn sie sich aber vermehren, dann werden die Jungvögel, wenn sie flügge sind, hierher gebracht und ausgewildert, allerdings bekommen sie Brutkästen und auch Futter, damit sie im Park bleiben, wo sie sicher sind vor Wilderern und Vogelfängern.

Beim Weitergehen können wir all das beobachten, die Vögel fliegen frei, die Bruttonnen sind besetzt, schaut alles gut aus. Nach einem kleinen Spaziergang durch den Park erreichen wir die Ruinen.

Die Ruinen sind nur zu einem kleinen Teil freigelegt, der Rest ist Urwald. Zuerst sehen wir wieder den Ballspielplatz, auf dem Ballspieler, die nur zu diesem Zweck erzogen wurden, die Götter anrufen sollten. Der Gewinner wurde geopfert, nachdem ihm Drogen zur Bewußtseinserweiterung oder Betäubung oder beides eingeflößt wurden. Bei weniger wichtigen Ballspielen konnten die Spieler auch Kriegsgefangene sein, ähnlich den römischen Gladiatoren. Brot und Spiele zur Besänftigung und Unterhaltung der Bevölkerung, wie überall.

Unter einer schützenden Plane, die Wind und Regen abhalten soll, befindet sich die zentrale Treppe, auf der feinst gearbeitete Zoomorphen und kultische Statuen die Macht des Herrschers darstellen.

Die Stelen und sonstigen Statuen sind aus grünem Tuffstein gearbeitet, der sich in der Umgebung findet. Die Wasserversorgung wurde durch den Rio Copan sichergestellt, der auch als Wasserstraße für die Stadt in und von den anderen Maya-Zentren diente. Auch Obsidian wurde zu scharfen Klingen verarbeitet, eines der größten Jadevorkommen befindet sich in der Nähe.

 

„Darf ich vorstellen: 18 Kaninchen“ beginnt Rafael die Führung. Rätselhafte Stelen, wir erkennen bestenfalls eine menschliche Herrschergestalt. Rafael grinst, als er unsere Verwirrung sieht und erklärt, dass die Namen der Maya-Herrscher aus dem Rauch des Feuers bei deren jeweiliger Geburt abgeleitet wurden, was bei diesem König zu dem netten Namen führte. 18 Kaninchen war ein großer König, er  legte die Stadt im Einklang mit den astronomischen und mythischen Gegebenheiten an und ließ sich selbst als  Ballspieler darstellen. Offenbar wurde er jedoch nicht geopfert, weshalb auch fraglich ist, ob er jemals selbst an einem Ballspiel teilgenommen hat. Der Ballspielplatz selbst stellte einen mythischen Eingang zur Unterwelt dar.

In Copan gibt es neben den beeindruckenden Ausgrabungen auch ein bemerkenswertes Museum, in dem ein alter Mayatempel in Originalgröße aufgebaut ist. Er wurde entdeckt als buntestes und vollständig erhaltenes Zeugnis vergangener Zeiten. Leider verlor der Tempel innerhalb weniger Tage durch die Berührung mit Sauerstoff  vollständig seine Farben. Das Gebäude wurde gefunden bei der Ausgrabung eines darüber liegenden, anderen Tempels, der überbaut worden war. Das war so kunstvoll gemacht, dass zum einen von oben überhaupt nicht erkennbar war, dass in dem sichtbaren Tempel noch etwas enthalten war, zum anderen aber berührte der untere Tempel den oberen an keiner Stelle.

Ein weiteres Fundstück ist der quadratische Altar Q, der Aufschluss über die dynastische Abfolge der Herrscher von Copan gibt. Der letzte dieser Könige, „Schneckenrauch“ ließ ihn anfertigen, als seine Macht zu schwinden begann. Er stellt die 16 Könige der Stadt in ihrer Abfolge dar, jeder übergibt dem nächsten das Zepter der Macht, der Kreis schließt sich, wo der erste König dem letzten den Stab übergibt als Zeichen dafür, dass auch er legitimiert ist, diese Position zu besetzen.

Schneckenrauch verlor das Ansehen in der Bevölkerung, als er, um klimatische Veränderungen herbeizuführen oder zu verhindern, massenhaft Kinder opfern ließ, um die Götter milde zu stimmen. Man sagt ihm nach, er sei „opfersüchtig“ gewesen und er habe so viele Kinder geopfert, bis die letzten Einwohner die Stadt verließen, weil sie befürchteten, eine ganze Generation zu verlieren. Allerdings konnte auch exzessives Opfern den Untergang dieser Stadt des riesigen Mayareiches nicht verhindern, der wohl durch fortwährende Naturkatastrophen und die Abholzung der Wälder aufgrund von extensiver Landwirtschaft zur Ernährung der wachsenden Bevölkerung verursacht worden ist. Die letzte kalendarische Inschrift datiert 822 n. Chr.

Offenbar lernt der Mensch nicht aus der Geschichte. Wir opfern zwar keine Kinder mehr auf dem Altar irgendwelcher Götter (außer vielleicht dem $-Gott), aber ansonsten scheinen die Fehler sich zu wiederholen. Dass die Abholzung der Wälder katastrophale Folgen hat, weiß man nicht erst seit Kurzem, der Untergang der Mayas und der Bevölkerung der Osterinseln sollte uns Warnung genug sein. Trotzdem sind in Guatemala bereits 70% der ursprünglichen Urwälder gerodet und am Amazonas findet das gleiche Drama statt.

Abends kehren wir ein in der coolsten Kneipe der Stadt und schlemmen uns durch die verschiedenen Barbecue-Spieße.

 

Rio Dulce und Quirigua

24.4.

Am Abend vor Ruths Geburtstag fahren wir zum Rio Dulce und checken in der Hacienda Tijax Jungle Lodge ein. Jeder bekommt einen Bungalow mitten im Garten, sehr romantisch. Das Abendessen nehmen wir im Hotel ein und gehen bald schlafen, diese langen Busfahrten sind schon anstrengend. Ismael hat uns am Hafen abgesetzt und wir sind mit dem Boot zum Hotel gebracht worden, der nächste Tag spielt sich auf dem Wasser ab.

Zum Frühstück wird zunächst Ruth von der Gruppe gefeiert. Dann besteigen wir unser Boot für eine Fahrt auf dem Rio Dulce. Der Rio Dulce ist nur 43 km lang, trotzdem einer der bedeutendsten Flüsse Guatemalas. Die Fahrt auf dem Wasser fühlt sich an wie ein Trip auf dem Amazonas, der Fluss ist ca. 200 m breit und führt durch eine nahezu unberührte Urwaldlandschaft bis Livingston an der Karibik.

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In Livingston führt uns ein Einheimischer durch die wenig spektakuläre, aber gemütliche und entspannte Stadt bis zu einem Café am Ufer der Karibik. Wir trinken was und erhalten einen Folklore-Auftritt einer Band, bestehend aus Trommeln, Rasseln, Gesang und einer Tänzerin. Schwungvolle Musik, Ruth muss tanzen. Wer hat der Tänzerin verraten, wen sie an diesem Tag zu sich rufen soll? Dann shoppen wir uns durch die Souvenirstände bis zum Hafen und steigen wieder in unser Boot. Die Fahrt durch die Lagune mit den grünen Urwaldwänden am Rand bezaubert uns alle.

Wir fahren  weiter zu einem Projekt aller maßgeblichen Entwicklungshilfe-Organisationen (WWF, UNESCO…) und diverser Länder für indigene Jugendliche. Diese bekommen in einer Schule im Wald eine Ausbildung für den Tourismus. Mit dem Diplom des Ak’Tenamit, das durch theoretischen Unterricht und Praktika erworben wird,  sollen sie größere Chancen haben, in einheimischen Hotels und sonstigen Touristik-Unternehmen eine Arbeit zu finden. Ob das klappt, vielmehr ob die jungen Leute dann tatsächlich eine etwas höher qualifizierte Stelle bekommen können als ohne das Diplom, weiß man natürlich nicht. Jedenfalls lernen sie aufgrund des eklatanten Lehrermangels kein Englisch, die Küche ist auf primitivstem Niveau (Eisenschüsseln mit Mais auf Holzhaufen), die Jungs bauen ihren Aufenthaltsraum mit einfachsten Mitteln selbst und was die Mädchen lernen, erfahren wir nicht.

Die hygienischen Verhältnisse sind katastrophal und das einzige Lehrmittel, das wir finden, sind Schilder auf dem Rundgang für die Touristen, in denen vor Teenager-Schwangerschaften gewarnt wird. Deshalb müssen die Mädchen auch auswärts schlafen, die Jungs sind vor Ort im Internat. Kondome werden nicht verteilt, von der Pille ganz zu schweigen.

Gelegentlich findet sich ein Schild an einem Baum, auf dem steht, dass man den Baum nicht abholzen soll. Angeblich sollen die Teenager diese Information zum Schutz des Regenwaldes in ihre Familien tragen.

Hier werden meiner Meinung nach Gelder verschleudert, die sinnvoller eingesetzt werden könnten, z.B. in sexuelle Aufklärung, Verhütung und wirklich nachhaltige Bildungsprojekte (wie zum Beispiel Sprachunterricht und Grundlagen der Haushaltsführung und Hygiene in Hotels oder so). Aber das ist natürlich nur der erste Eindruck, vielleicht bringt das Projekt ja tatsächlich was und ist für uns nur nicht erkennbar. Uns erscheint es eher als Alibiprojekt, das den Indigenen vorgaukeln soll, dass man sich um sie kümmert und sie dann am Ende doch wieder in minderqualifizierten Jobs mit Mindestlohn landen lässt. Interessant war es allemal, die Kinder sind auch recht stolz auf ihre Schule. Wir hoffen von Herzen, dass die Wirklichkeit sie nicht enttäuscht, sondern sie nach ihrer Ausbildung von einer ihrer Praktikumstellen übernommen werden und tatsächlich Aufstiegschancen haben.

Wir flitzen mit dem Boot über die Lagune zurück in unsere Eco-Lodge, wo wir Ruth noch einmal beim Abendessen mit Rum und Kuchen und Kerzen feiern. Der Tag war eine wunderbare Abwechslung zu den langen Busfahrten und hat uns neue Eindrücke der kulturellen und geographischen Vielfalt des Landes mit seinen vielen großartigen Landschaften, Tieren und Menschen verschafft.

 

25. 4.

Auf uns wartet die lange Fahrt nach Honduras. Nach dem Frühstück besteigen wir den Bus und Ismael fährt uns unserem nächsten Ziel entgegen. Unterwegs steigt Rafael aus und kauft ein paar Bananen, die uns die Zeit bis zur nächsten Mahlzeit verkürzen.

Das erste Ziel ist Quirigua, ein archäologischer Park, selbstredend auch UNESCO-Welterbe. Der Park ist sehr schön angelegt, sehr gepflegt und übersichtlich stehen die ausgegrabenen Stelen und Zoomorphe unter Palmdächern auf dem Rasen. Die Lage an einem Fluss erklärt ihre Bedeutung für Verkehr und Handel. Ursprünglich war die Stadt wohl abhängig von Copan, befreite sich aber unter dem Herrscher K’ak Tiliw Chan Yopaat im Jahr 738. Ihre Blütezeit endete um 850, dem Ende der Klassischen Periode des Maya-Reiches.

Wir spazieren von einer Stele zur anderen, die alle wunderschön gearbeitet sind. Die Herrscherfigur ist immer die gleiche, die Attribute wechseln. K’ak Tiliw wird dargestellt als Schamane, als Krieger, als mächtiger Herrscher in allen Variationen, umgeben von Symbolen und Göttern. Rafael kann alles erklären, sein Wissen ist enorm.

Die Zoomorphen sind Darstellungen des Herrschers in Tiergestalt oder von mythologischen Tieren, die dem Herrscher dienen.

Am Ende des Geländes liegt die Akropolis mit mehreren Gebäuden, die aber nur zum Teil ausgegraben und restauriert sind.

Nach einem erstaunlich guten Mittagessen in einer Autobahnraststätte (Oma kocht!)

fahren wir weiter zur honduranischen Grenze. Dort müssen alle aussteigen und erst in einem Gebäude die Ausreise von Guatemala stempeln lassen, dann die Einreise nach Honduras am Schalter daneben. Währenddessen schieben sich Kolonnen von Lastern an uns vorbei, es geht zu wie am Brenner.

Nach weiteren 20 Minuten

kommen wir gegen Abend am Hotel Ciudad Blanca in Copan an, das erfreulich komfortabel ausschaut. Sogar 4 (!) Doppelstecker gibt es im Zimmer, endlich können wir ohne große logistische Probleme alle unsere Geräte aufladen. Leider haben wir nur zwei Adapter für die amerikanischen Steckdosen, aber damit kommen wir klar. Bisher hatten wir jeweils  nur immer einen Doppelstecker, den wir nur einfach nutzen konnten, weil die Adapter zuviel Platz wegnehmen. Probleme über Probleme! 😉

Abends bekommen wir noch eine kleine Führung durch Copan, hauptsächlich, um ein nettes Restaurant zu finden, was dann auch gelingt.