Toscana: Prolog

Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über den Wassern. Gott sprach: „Es werde Licht“ und so Verschiedenes andere, und da er Gott war, entstand alles, was er erwähnte und fügte sich auf’s Beste zusammen. Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte und sah dass es gut war. Am siebten Tage vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte und ruhte.

Am achten Tag wachte Gott auf und langweilte sich etwas. Die Erde war fertig, die Geschöpfe lebten glücklich im Paradies vor sich hin und er hatte nichts mehr zu tun. Gott dachte nach. Er könnte ja dafür sorgen, dass die Menschen, falls sie es wider Erwarten schaffen sollten, trotz der gallischen Kriege und Kirchenschisma und sonstiger Unbill wie diversen unerfreulichen Seuchen bis zum Mittelalter zu überleben, irgendwo als kleine Erinnerung an das Paradies eine perfekte Landschaft vorfinden. Nicht zu bergig, nicht zu flach, Flüsse, Seen und Meeresküsten in erreichbarer Nähe, mildes Klima, abwechslungsreiche Vegetation und bestens geeignet für allerlei Landwirtschaft. Sozusagen als kleinen Bonus für’s Überleben trotz Römern und katholischer Kirche und ahnungslosen Quacksalbern.

Da Adam und Eva noch im Garten Eden herumhingen und sich ebenfalls etwas langweilten, weil sie ja noch nicht entdeckt hatten, was sie alles Interessantes miteinander anstellen konnten, war absehbar, dass das mit dem Baum der Erkenntnis irgendwann schiefgehen würde. Gott wusste ja alles, also war er bestens auf das Chaos vorbereitet, das nach der Geschichte mit der Schlange und dem Apfel ausbrechen würde. Es war ihm klar, dass er die beiden aus dem Paradies werfen musste, um nicht alles zu verderben, was er da so schön angerichtet hatte.  Gott überlegte, na ja, wenn ich die schon so konstruiere, dass sie nur Mist bauen, kaum dass sie verstehen, was sie Interessantes miteinander anfangen können, dann könnte ich wenigstens an einem Fleck in der Welt so was Ähnliches wie ein Paradies schaffen, jedenfalls aus ästhetischen Gesichtspunkten, mehr können sie sowieso nicht schätzen.

Also nahm er sich ein Stück Europa vor, im Süden des Kontinents, da wo die Römer und die Christen jahrhundertelang die Leute schikanieren würden, umgeben von einem nicht ganz so wilden Ozean, tupfte ein paar Hügel und Berge darauf, lockerte die Optik ein bisschen mit  Oleander und Schirmzypressen auf, strich sanfte Hügel mit Weinreben an die Flanken der Berge, plätscherte ein bisschen mit Süßwasser herum und gab dem Boden genug Mineralien, um abwechslungsreichste Nahrung hervorzubringen. Dazu ein paar Schafe und Kühe und Esel und den noch nicht ganz aktuellen, aber gut überlegten Plan, dass die schönsten mittelalterlichen Dörfer und Städte der Welt auf jedem der Hügel Platz finden sollten, wo nicht, wenigstens ein paar Gehöfte. Und natürlich durften da nur gut aussehende, gut gekleidete und vor allem in Sachen Küche und Weinanbau bestens geschulte Exemplare seiner neuen Kreation wohnen. Dafür würde er dann später sorgen.

Und Gott nannte den Landstrich Toscana.