Wien, Pentatonixlos

31.3.22

Es ist immer eine Freude, wenn wir als Gesamtfamilie etwas unternehmen. Deshalb haben wir 2019 Konzerttickets für alle für „Pentatonix“ in Wien im Mai 2020 gekauft, das war uns näher als Köln, wo sie auch auftreten sollten. Was dann passiert ist, dürfte keinem entgangen sein. Das Konzert wurde auf April 2021 verschoben, dann auf 2. April 2022.

Nachdem keine Absage kam, ist das Hotel gebucht, Mellis Anreise organisiert, Urlaub genommen.  Zwei Tage vor der Abreise schaue ich nur zur Vorsicht auf die Homepage des Veranstalters und muss zu meiner Überraschung feststellen, dass sich das Datum für das Konzert offenbar wieder geändert hat: 17.5.2023. Ich rufe leicht in Panik dort an und eine freundlicher Mitarbeiter eines örtlichen Call Centers erklärt mir, ich habe eine Email bekommen am 8.3., in der ich informiert worden sei. Was nicht stimmt. Was immer noch nicht stimmt, nachdem ich alle Spam-, Junk- und Gelöscht-Ordner meines PC durchforstet habe. Was aber natürlich nichts an der Tatsache ändert, dass unser Ausflug so wie geplant wohl nicht stattfinden wird.

Zum Glück findet in dieser Familie jeder reisen lustiger als arbeiten, wir fahren also trotzdem.

Angekommen in Österreichs Hauptstadt checken wir in unserem Arte-Hotel ein, direkt an der Stadthalle, wo das Konzert sein sollte. Wir spazieren in die Innenstadt und führen unseren Töchtern gleich am Abend die Mariahilferstraße vor mit dem fantastischen Burgviertel am Ende.

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Durch den Graben geht es zum Stephansdom, wo gerade eine Messe stattfindet,  es ist ja immer ein besonderer Moment, wenn man bei Orgelmusik eine große Kirche betritt. Trotz aller Verfehlungen der Katholischen Kirche und trotz aller Zweifel an der christlichen Lehre ist dieser Moment immer auch ein Ausdruck europäischer Kultur, der kaum jemanden unberührt lässt.

Weil wir schon in der Stadt sind, suchen wir uns ein nettes Restaurant mit österreichischer Küche. Unsere vegetarischen und veganen Kinder sind dabei ein bisschen problematisch, denn die österreichische Küche ist nicht bekannt für ihre ausgesuchten Gemüsegerichte. Da aber auch die Köche in Wien den Gong schon gehört haben, gibt es überall ein, zwei Möglichkeiten, so dass alle etwas finden. Dort stößt auch mein Neffe Kilian zu uns, der schon länger in Wien wohnt und sich freut, Tante, Onkel und Cousinen zu sehen.

Der Verdauungsspaziergang zurück zum Hotel führt uns an einer lustigen Bar vorbei, in der wir noch diverse Drinks zu uns nehmen und in eine heftige Diskussion über die aktuellen politischen und Lifestyle-Themen geraten. Alle regen sich auf, schreien durcheinander, bezichtigen sich gegenseitig, den jeweils anderen nicht ausreden zu lassen bzw. mit Totschlag-Argumenten und Whataboutism ins argumentative Nirvana zu stürzen. Am Ende schlendern wir hoch zufrieden Richtung Hotel und versichern uns, dass wir diese Diskussionen lieben und dass das nichts mit unserer Wertschätzung und Zuneigung zu den anderen zu tun hat.

Wien

Wer sagt, dass man weltweite Freundschaften nicht pflegen kann? Nach unserer tollen Zeit in Südaustralien treffe ich Paulina und Phil in Wien. Sie machen, wie vor zwei Jahren, eine Europareise, auf der Wien die erste Station ist. Natürlich fahre ich hin, das ist ja ein Katzensprung von München aus und die Gelegenheit, meine Freunde zu treffen, möchte ich natürlich nutzen.

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Ich reise am Sonntag nachmittag mit dem Zug an. In der Bahninfo bekomme ich die Auskunft, die beste Möglichkeit, zu meinem Hotel zu kommen, sei mit einem Bus. Dieser macht eine hübsche Stadtrundfahrt, nach einiger Zeit bezweifle ich, dass ich jemals da hinkomme, wo ich hin möchte. Aber doch, am Ende lande ich im Hotel Josefshof. Das mir angebotene Doppelzimmer zur Alleinbenutzung befindet sich im Dachgeschoss, das Fenster ist in die Schräge eingebaut. Ich beschließe, dass ich das nicht brauche, das wahrscheinlich kleinste Zimmer unterm Dachjuché, dazu ist es zu teuer. Also lasse ich mich zum reduzierten Preis upgraden auf ein Deluxe-Zimmer, das den Namen zu Recht trägt.

Warum die Alleinreisenden, die ja den vollen Zimmerpreis bezahlen, immer die schlechtesten Zimmer im ganzen Haus bekommen, ist mir ein Rätsel, aber offenbar weltweit so eingeführt. Das Deluxe ist für minimalen Aufpreis gefühlt doppelt so groß, freundlich, hell und hat noch eine Couchgarnitur extra. Das Bad ist natürlich auch größer und die Fenster gehen über eine ganze Front. So mag ich das.

Ansonsten ist das Hotel super. Der Service funktioniert einwandfrei, die Räume sind schön und im Altwiener Stil eingerichtet, am  Frühstücksbuffet, das ich allerdings nur einmal nutze, gibt es nichts auszusetzen. Die Lage ist perfekt, man kann praktisch alles zu Fuß erreichen. Was einem zu weit ist, findet man über das U-bahn-Netz, die nächste Haltestelle ist wenige Minuten zu Fuß entfernt.

Nachdem das geklärt ist, laufe ich durch die wunderschöne, beeindruckende, super gepflegte und hergerichtete Stadt.

Abends treffe ich  mich mit meiner Wiener Freundin Helga, die ich seit eineinhalb Jahren nicht gesehen habe. Sie hat ein nettes, gut bürgerliches Lokal in der Nähe ausgesucht und wir bequatschen alle Neuigkeiten in unserer beider Leben ausführlichst.

Als ich ins Hotel zurückkomme, stehen Phil und Paulina gerade an der Rezeption. Wir begrüßen uns begeistert, vertagen uns aber auf den nächsten Morgen, sie haben einen langen Flug hinter sich.

9.8.

Zum Glück sind meine Gäste fit. Meine Begeisterung für die Stadt überträgt sich, kein Wunder, sofort. Am Ende sind wir 15 km durch die Altstadt gelaufen, haben über den Opernring und den Graben, vorbei an Hofburg, Lipizzanern und Sisi-Museum den Stephansdom erreicht.

Meine Aussies sind schwer beeindruckt von der Pracht Wiens, der luxuriösen Renovierung fast aller Wohnhäuser und der Schönheit der traditionellen Bauten. Vorbei am Café Demel, wo Touristen Schlange stehen für einen Sitzplatz, umrunden wir den Dom und verlassen den Platz über die Kärntner Straße in Richtung Naschmarkt.

Ein kurzer Zwischenstop im Café Sacher muss sein, wir kaufen ein bisschen Törtchen und finden uns dann am Naschmarkt ein, der meinen Gästen weitere Begeisterungsrufe entlockt. Wir kehren in einem Palatschinken-Restaurant ein, ich möchte ihnen ja die k+k Küche zeigen und rede ihnen die Pizza aus. Dass man Pfannkuchen ohne Backpulver und salzig gefüllt auch essen kann, wussten sie bisher nicht, finden die Idee aber großartig. Ich überrede sie, die Topfenpalatschinken auch noch zu probieren, klar.

Wir laufen weiter Richtung Hotel und kreuzen die Mariahilfer Straße, wo wir ein bisschen herumshoppen. Gegen fünf fallen wir alle auf unsere Betten und erholen uns von den Eindrücken, um dann abends fit zu sein für ein weiteres Mahl im Restaurant „Fromme Helene“, das ich schon von gestern kenne. Das Tellerfleisch ist Legende, die anderen typischen Gerichte lassen ebenfalls nichts zu wünschen übrig.

10.8.

Heute möchten wir etwas weniger laufen. Nach dem Frühstück im nahegelegenen Café Eiles nehmen wir die U-Bahn nach Schloss Schönbrunn. Das Café ist wunderbar, sehr wienerisch und stimmungsvoll, das Frühstück lecker. Nach Melange und frischem Gebäck brechen wir zufrieden auf.

Am Eingang des Schlosses erfahren wir, dass jeden Tag etwa 10.000 Leute Tickets kaufen  und deshalb die Eintrittszeiten minutengenau abgestimmt sind. Die englische Führung beginnt in zwei Stunden, das ist uns zu lang, also nehmen wir die Audio Guides. Auf den Einlass müssen wir so nur eine Stunde warten, bis 12.14 Uhr.

Inzwischen schauen wir den Schlosspark an. Nach französischer Art aufgeteilt und bepflanzt, bestückt mit historisierenden Figuren und Brunnen erholen wir uns auf den streng komponierten Wegen.

Das Schloss selber besichtigen wir mit Scharen von Menschen aus aller Welt, keine Chance, das Tempo des Durchgangs durch die Räume selbst zu bestimmen. Entweder ist eine Gruppe vor einem oder hinter einem oder um einen herum. Die Erläuterungen im Audio-Guide sind kurz, aber ausreichend, wenn man nur einen ersten Eindruck bekommen möchte. Da meine Gäste nicht von irgendwelchen Vorkenntnissen über die österreichischen Kaiser und deren Reich belastet sind, ist das ideal.

Dann fahren wir wieder zurück in die Stadt und schlendern zum Hundertwasser-Haus. Der österreichische Maler hat zusammen mit dem Architekten Kawina ein Haus geschaffen, das die Natur mit einbezieht und den Mietern die Möglichkeit eigener Gestaltung ihres Wohnumfeldes geben sollte. Gebaut wurde es Anfang der 80er Jahre, ziemlich hippy, das Ganze, aber besonders.

Nach einem Spaziergang über das Hundertwasser-Museum im Kunsthaus Wien

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landen wir in der Beach Bar Hermann am Donaukanal, wo wir uns den wohlverdienten ersten Drink des Tages gönnen. Am Ende waren es dann doch wieder 13 km.

Abends kehren wir im „Pfudl“ ein, einem Restaurant, das mir empfohlen wurde vom Gourmet der Familie. Es enttäuscht uns nicht, die gutbürgerliche österreichische Küche in ihrer feineren Version schmeckt wunderbar, vor allem die Zwetschgenknödel am Schluss sorgen für einen gewissen Kalorienüberschuss, aber macht nichts.

Im Hotel verabschieden wir uns, Phil und Paulina fliegen morgen weiter nach Slowenien, ich fahre wieder heim. Wir versprechen uns, uns wiederzusehen, wo auch immer auf der Welt…