15.3.
In Cottesloe, einem Vorort von Perth, gibt es eine anscheinend sehr witzige und extravagante Skulpturenausstellung am Strand, die möchte ich gern sehen.
Ich spaziere eine Weile durch die Kunst und um die Kunst herum, die wirklich sehenswert ist, bis ich beschließe, dass es Zeit für ein Bad im Meer ist. Dieses ist wunderbar ruhig und frisch, genau richtig, um ohne zu zögern hineinzuspringen. Ich schwimme genußvoll eine Runde, dann lege ich mich in den heißen Sand und höre den Familien um mich herum zu, die versuchen, ihre Kinder im Zaum zu halten.
Zuhause warten Charlie und Gill schon, wir gehen auf ein Konzert. Die Band heißt „Formidable Vegetable“ und singt über Permakultur und gesunde Lebensweise. Ich bin etwas skeptisch hinsichtlich des Themas, aber Gill versichert mir, dass es super Musiker sind und wir uns sicher amüsieren.
Das Konzert findet in einem kleinen Garten statt, sehr familiär, viele kennen sich. Wir packen unser mitgebrachtes Picknick aus, wie alle anderen auch. Dann kommt die Band, die für mich eine Überraschung ist.
Eine Geigerin und ein musikalisches Multitalent – der spielt abwechselnd so ziemlich alles, was es gibt – hauen extrem witzige Songs raus, wir lachen uns schlapp. Die Bewegungen des Mannes sind so lustig, dass er eigentlich gar keinen Text mehr bräuchte. Allerdings sind die Texte auch nicht ohne. Die Frau spielt Geige und singt gleichzeitig, was Gillians volle Bewunderung hat. Und Gill kennt sich aus, sie ist ja auch Geigenprofi. Nach einigen Songs kommt der Rest der Band dazu, der auch nicht schlechter ist. Der Abend ist fantastisch.
16.3.
Ich freue mich auf Fremantle, die kleine Stadt, von der aus die Fähre nach Rottnest Island geht. Es gibt hier zwei Hauptattraktionen: Den Market und das Gefängnis. Ich schlendere gemütlich die Hauptstraße entlang bis zur Markthalle, die am Ende des belebten Teils der Stadt liegt.
Die Hallen sind riesig. Sie sind unterteilt in einen Touristenmarkt mit allen möglichen Souvenirs und Kunsthandwerk-Shops und eine Food-Halle, in der es verschiedenste Stände mit Essen aus aller Herren Länder gibt, außerdem eine Obst- und Gemüseabteilung vom Feinsten. Ich esse heiße frische türkische Gözleme mit Spinat und Feta, der man nicht widerstehen kann und kaufe einen Sack voll Obst.
Dann laufe ich am Baseball (oder Football? Oder Kricket?) Stadion vorbei, wo anscheinend irgendein Spiel stattfindet. Dahinter ist das berühmte Gefängnis, in dem die ersten Siedler untergebracht wurden, wenn sie auf dem neuen Kontinent etwas angestellt hatten.
Die Sträflinge, die ursprünglich nach Australien geschickt worden sind, mussten das Gebäude erst bauen, bevor sie dann dort eingesperrt werden konnten in winzigen Zellen, die nur mit einer Hängematte, einem Tisch und einem Eimer möbliert waren. Tagsüber saßen sie auf dem Hof, der auch nicht viel ansprechender war.
Erst im 20. Jahrhundert wurde eingeführt, dass diejenigen, die sich gut führten, einer Ausbildung oder einem Handwerk nachgehen durften. Auch wurden in den 60er Jahren (des 20. Jahrhunderts!) die Hängematten durch Pritschen ersetzt. Manche Häftlinge vertrieben sich die Zeit, indem sie die Wände bemalten und konnten ihr künstlerisches Talent entwickeln.
Das Gefängnis war bis 1991 in Betrieb und ist heute das einzige Gebäude Australiens, das Weltkulturerbe-Status hat.
Abends nehmen mich Charlie und Gill mit zu ihrem Auftritt bei Joe’s Wine and Dine, einem sehr netten Pub mit leckerem Essen und guten Weinen in Subiaco, einem urbanen, stimmungsvollen Stadtteil von Perth. Four on Six spielt alte Beatles-Songs und sonstige Klassiker, instrumental mit Geige und Gitarre. Die Musik fordert mich geradezu zum Singen heraus, was aber nur leise geht, denn ich will ja die anderen Gäste nicht verschrecken. Ich sitze bei Geraldine und Ian, Freunden der beiden, mit denen ich mich gut unterhalte und die sich auch über den gelungenen Abend freuen.
17.3.
Gill möchte mir den Yanchep Nationalpark nördlich von Perth zeigen. Außerdem soll ich den Linksverkehr in den Griff kriegen. Ich fahre also ihr Auto aus Perth heraus, auf der Landstraße bis zum Park. Dort gibt es eine große Wiese mit Picknick-Stationen (na logo, die gibt’s hier ja überall!) und einen kleinen See, auf dem man früher Kayak fahren konnte. Jetzt ist der Wasserstand allerdings so niedrig, dass das nicht mehr möglich ist. Wir laufen um den See herum auf einem Pfad, der durch einen urwüchsigen Wald führt und von dem aus man den See praktisch gar nicht sieht.
Dann gönnen wir uns Tee mit Scones zum Lunch und fahren zur Crystal Cave, wo wir eine Führung gebucht haben. Die Höhle liegt 13 Meter unter der Erde und besteht aus mehreren Hallen. Der See, der die nötige Feuchtigkeit für die Entwicklung der kristallin glitzernden Stalagmiten (die von unten) und -titen (die von oben) gibt, ist allerdings ausgetrocknet und wird jetzt durch künstliche Wasserzufuhr wieder aufgefüllt. Dazu ist es nötig, ihn mit einer Plastikplane auszulegen, sonst versickert das Wasser schneller, als es eingeleitet werden kann.
Grund für diese Änderung jahrzehntausendealter Abläufe ist eine Pinienplantage in der Nähe, die soviel Wasser zieht, dass sogar das Grundwasser verschwindet. Wo immer der Mensch eingreift, sei es durch intensive Landwirtschaft oder durch die Einfuhr von nicht endemischen Tieren oder Pflanzen, gerät die Natur aus dem Gleichgewicht. Man könnte verzweifeln.
Ich habe Deinen Bericht mit großem Interesse gelesen. Toll, was Du alles erlebst.
Liebe Annette, ich finde es total nett von dir, dass du so fleißig alle meine Blogposts kommentierst! Danke dafür! Liebe Grüße Biggi