Dolomiti Digital Detox

3.3.22

Eine spontane Idee: bei bestem Wetter in die Dolomiten zum Skifahren abzuhauen, verlängertes Wochenende mit Töchterlein Julia, Skifahren bis zum Abwinken in großartiger Landschaft, italienische Gastfreundschaft, was will man mehr?

Die Antwort: Ein Hotel mit Internet.

Das klingt jetzt ein bisschen gruselig, ich weiß. Das Problem war, dass Julia am Donnerstag mittag ein Webinar gebucht hatte und abends ein Zoom-Meeting, an dem sie teilnehmen wollte und nur mit zum Skifahren konnte, wenn die Teilnahme an den Veranstaltungen gesichert war. Auf die Idee, dass das ein Problem sein könnte, sind wir gar nicht gekommen. Der Plan war, kurz vor Beginn des Webinars loszufahren, damit sie es im Auto hören kann und dann abends im Hotel das Meeting zu besuchen.

Teil 1 klappte gut. Gutgelaunt fuhren wir los Richtung Italien, am Brenner war das Seminar zu Ende und wir konnten uns ganz auf die Landstraße von Brixen nach Corvara konzentrieren, viele Kurven, schöne Berge und Dörfer. Angekommen im Hotel hatten wir ein superschönes Zimmer mit Couchgarnitur und Riesenbad, was sollte schiefgehen?

Na ja. Als Julia versuchte, sich einzuloggen, stellte sich heraus, dass das Wlan so gut wie nicht funktioniert, Mobilfunk nur ganz schwach, damit war eine Teilnahme an dem Meeting kaum möglich. Irgendwie ist sie dann darauf gekommen, das Handy auf den Balkon zu legen, einen Hotspot einzurichten (Kind kann Computer!) und dann ging es einigermaßen. Urlaub gerettet, wenn auch ohne Zugang zu Nachrichten, Streams, sozialen Netzwerken aller Art. Digital Detox eben, bis auf gelegentliche Checks auf der Piste, im Lift oder in der Hütte. Auch mal ganz ok, wenn nichts Wichtiges angesagt ist.

4.3.22

Im Zuge des gestrigen Versuchs, online irgendwas zu erledigen, hat Julia auf der Dolomiti Superski Seite die Prozedur durchlitten, einen Skipass zu kaufen. Nach langem Herumklicken wusste sie dann nicht, ob sie erfolgreich war, da eine Bestätigung oder ein Code nicht geschickt worden war, abgebucht allerdings schon.

Wir steigen also direkt hinter dem Hotel in unsere Ski (schon geil!) und fahren zum Ticketschalter in Corvara. Die Frau kann ebenfalls nicht nachvollziehen, ob der Skipass jetzt gilt oder nicht, nach mehreren Versuchen kauft Julia dann einfach ein normales Ticket und verabredet sich mit der Frau für den nächsten Tag, falls die Bestätigung doch noch kommt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Ab da war’s dann fantastisch. Skimania! Von 9.30 Uhr morgens bis 17.00 Uhr abends Sella Ronda gegen den Uhrzeigersinn, mit einigen Sidekicks zu Liften, die nicht der Runde angehören. Eine kurze Mittagpause in einer Hütte unter der Langkofelscharte.

Die ist schon seit vielen Jahren gesperrt, mittlerweile ist auch der Lift hinauf abgebaut . Vor vielen Jahren bin ich da einmal heruntergefahren und habe mein Leben riskiert. Es gab jedes Jahr einige Tote, bis die Abfahrt dann verboten wurde.

Langkofelscharte

Auch die Pordoischarte ist nicht befahrbar, es ist allerdings nicht klar, ob die Piste wegen Steilheit oder Schneemangel geschlossen ist. Die Seilbahn geht hinauf zur Hütte, die Abfahrt ist aber nicht präpariert und es liegt eindeutig zu wenig Schnee, um es zu versuchen. Das Abenteuer hatte ich auch, mit Sonja, so etwa 2004.

Pordoischarte

Wir bleiben auf den offenen Pisten, davon gibt’s genug. Das ganze Gebiet umfasst satte 1200 Pistenkilometer, die man aber natürlich nicht alle an einem Tag schaffen kann, nicht mal in einer Woche! Wir konzentrieren uns auf die Sellagruppe, die man in beiden Richtungen umfahren kann -Sella Ronda – bei spektakulären Aussichten auf bestens gepflegten Pisten aller Schwierigkeitsgrade.

Sellastock

Es ist wunderschöner Sonnenschein den ganzen Tag, allerdings weht ein eiskalter Wind. Teilweise lassen wir die FFP2-Masken auch beim Fahren auf, wegen der Kälte. Macht aber nichts, das trübt den Spaß keineswegs.

Abends fahren wir nach Corvara, im Hotel gibt es nur Frühstück und die Pizzeria nebenan ist eher trostlos. Dort finden wir ein nettes Restaurant mit abenteuerlichen Preisen, wie überall in der Gegend. Was kostet die Welt, angesichts der Corona-Skipause letztes Jahr muss das halt drin sein.

Siena, Florenz und der ganze Rest

6.10.21

Siena ist immer eine Reise wert, auch wenn nicht, wie heute, Markttag ist. Wir Mädels lieben italienische Märkte, jede schnuppert in anderen Ständen nach ihrem Lieblingsschwammerl, den köstlichen Käsen oder Würsten. Dann verlieren wir uns in Windeseile zwischen den Ständen mit Klamotten und Kurzwaren. Ich tigere durch das riesige Gelände, ohne noch eine der anderen zu sehen. Das Meiste ist Billigkram, den man nicht möchte, aber wer geduldig alles durchforstet, wird am Ende fündig. Als ich eine karierte Flanellbluse mein Eigen nenne, rufe ich die anderen an, die schon bei Aperol und Cappu auf der Piazza del Campo sitzen.

Dort angekommen, versuche ich den Kellner zu motivieren, mir auch ein leckeres Getränk zu verschaffen, allein, vergebens. Der Kellner, als er mich nach einiger Zeit dann doch bemerkt, wahrscheinlich aufgrund meines hektisch verzweifelten Winkens, nickt gleichgültig zu meiner Bestellung und verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Hat wohl Besseres vor als zu kellnern. Erst als die anderen zahlen wollen, bringt er mir die Rechnung für das nicht existente Getränk und gibt sich verwundert, als ich mich weigere, den Obolus für Auf-der-Piazza-del-Campo-Sitzen zu entrichten.

Eine nahegelegene Eisdiele rettet die Laune und versüßt den Weg zum Duomo, Siena, Florenz und der ganze Rest weiterlesen

Der Tag danach

3.10.21

Dank des guten Weins auf der Party und danach klagt niemand beim Frühstück über  Kopfweh. Nach Cappu und Teilchen beschließt ein Teil der Gruppe, nach Monteriggioni zu fahren, ein kleines Städtchen aus dem 13. Jahrhundert in der Nähe. Andere beschließen, die schöne Unterkunft zu genießen und im Garten Bridge (oder war es Canasta?) zu spielen.

Ich bin ja nicht so scharf auf Kartenspielen und kenne Monteriggioni noch nicht, also fahre ich mit. Zu viert steuern wir das Dörfchen an, über Landstraßen wie schöne Frauen: kurven- aber aussichtsreich.  Als der Monte vor uns liegt und den Blick auf die gewaltige Stadtmauer frei gibt, komme ich wieder mal ins Schwärmen.

Wir betreten das Städtchen durch die meterdicken Mauern und stehen sogleich auf dem Hauptplatz, der von Cafés und einer hübschen kleinen Kirche gesäumt wird. Souvenirshops und ein verrückter Schuhmacher leiten unseren Schritt zum anderen Ende, wo wir auf die Mauer steigen, um den weiten Blick über’s Land zu genießen.

Ein klitzekleines bisschen Great-Wall-of- China-Feeling macht sich breit. Beim Besuch der Kirche philosophiere ich mit Zoltán über Religionen im Allgemeinen und im Speziellen, das passt gut in die mittelalterliche Umgebung. Das Kirchlein ist stimmungsvoll und lädt zur Meditation, soviel Zeit nehmen wir uns allerdings dann doch nicht.

Zurück in Casole wartet Tibi schon mit den Resten der Speisen vom Vorabend, die sich natürlich keiner entgehen läßt, zumal die Getränke auch noch nicht ganz vernichtet sind. In sehr fröhlicher Stimmung kehren wir am späteren Nachmittag in unser Haus zurück, wo wir bis zum Abend entspannt die Pool-Area genießen. Einige trauen sich in das eiskalte Wasser, aber nur kurz. Es ist halt auch hier nicht mehr richtig Sommer, das Wasser wärmt sich nicht richtig auf. Gemütlicher ist es, auf der Liege ein Buch zu lesen oder weiter dem Spiel zu frönen.

Abends ist Pizzaessen angesagt in unserer Frühstücksbar, die angeblich die beste Pizza weit und breit serviert. Beim Aperitif verteilt Tibi kleine bezaubernde Keramiken an alle, die er selbst getöpfert hat. Wir sind gerührt, stoßen ein paar Mal öfter an und gehen beschwingt zum Essen. Die Pizza ist legendär, die Stimmung auch.

4.10.21

Ein Teil der Leute muss heute wieder zurückfahren, die Arbeit ruft! Wir glücklicheren Selbstständigen und Rentner bleiben und beschließen, dass die Weinstraße dran ist. Die erste Station ist Montalcino, die Heimat des weltberühmten Brunello.

Am Ortseingang steht eine riesige Burg, deren Innenhof völlig leer ist. Das einzig Sehenswerte ist die Aussicht auf die Toscana, die wir aber jetzt schon ein paar Mal genossen haben.

Wir schlendern durch die Strässchen, eine Enoteca nach der anderen, überall können die Spezialitäten der Region zu enormen Preisen erstanden werden. Wir sind Profis und kaufen nichts, sondern erfreuen uns an der hübschen Architektur. Auf einem der bezaubernden Plätze kehren wir ein und probieren das örtliche Lemon Soda, es ist einfach noch zu früh für Wein.

Weiter geht’s nach Pienza, eine von Papst Pius II. im 15. Jahrhundert als Idealstadt im  Renaissance-Stil geplante Stadt mit einem völlig übertriebenen Papstpalast, dem Palazzo Piccolomini, dessen Fertigstellung er nicht mehr erlebt hat.

Pienza liegt auf dem Weg nach Montepulciano, die zweite Weinstadt, die wir besuchen wollen. Hier kehren wir erst mal ein und genießen Aussicht und Vino Nobile bei Häppchen und Snacks.

Dann steigen wir hinauf zur Piazza Grande, dem mittelalterlichen Hauptplatz des Orts. In irgendeinem Reiseführer steht, dass es sich um einen der schönsten Plätze Europas handeln soll, was zu einer ausgiebigen Diskussion führt. So richtig nachvollziehen kann es keiner, besonders Karen ist ausgesprochen anderer Meinung und tut dies auch lautstark kund.

Von dem ihrer Meinung nach eher scheußlichen Platz laufen wir zurück zum Auto und finden uns bald darauf bei Ili und Tibi ein, die uns zum Abendessen eingeladen haben. Bei Vitello Tonnato und Pasta schwelgen wir in alten Zeiten, immerhin kennen wir uns alle schon fast das ganze Leben.