Odyssee

25.7.21

Das Frühstück in einer Bar am Strand wird zum Test, wieviel Geduld ich aufbringen kann, wenn ich hungrig bin. Wie ich später erfahre, ist „Ina’s“ das In-Café, wo alle sich treffen, obwohl sie anscheinend total überfordert sind. Der Laden ist etwa halb voll, nur draußen, drinnen ist es leer. Ich bestelle einen Cappuccino und griechisches Joghurt mit Nüssen, man möchte meinen, keine Überforderung. Nach einer halben Stunde kommt der Cappu. An anderen Tischen essen die Leute Croissants, das geht anscheinend schneller als Joghurt mit Nüssen zu dekorieren. Da ich langsam nervös werde, bestelle ich eines, das auch nach ca. 10 Minuten tatsächlich kommt. Von Joghurt keine Spur. Nach weiteren 10 Minuten erbarmt sich die Küche und bringt ein Müsli mit Joghurt und Banane. Ich nehme es dankbar an. Ommm. Hier werde ich jedenfalls nicht mehr frühstücken.

Ich laufe am Strand entlang und versuche rauszukriegen, wie das System mit den Liegen hier geht. Anscheinend gehören die Strandsets (2 Liegen  mit Sonnenschirm) zu den Restaurants darüber. Ich gehe bis zum Ende der Straße, dort gibt es offenbar auch Liegen ohne Konsumierzwang. Für 10.- EUR miete ich eine mit Schirm und stelle nach einer Weile erfreut fest, dass man dort auch was bestellen kann, das dann gebracht wird.

Die Freude wird etwas getrübt, als mir Leute erzählen, dass eine Liege nur 4.- EUR kostet und mir der Preis für zwei plus Trinkgeld berechnet worden ist. Gut, das mache ich dann nächstes Mal anders.

Abends habe ich mich zu einem Event entschlossen, das im Akrotiri Café stattfindet. Zum Treffpunkt ist es eine nette kleine Wanderung den Berg hinauf, mit schönen Aussichten über Arillas.

Dort angekommen sitzen schon einige Frauen im Café, es kommen aber noch mehr. Elena wird uns auf einer Wanderung Geschichten aus der Odyssee erzählen und alte griechische Volkslieder auf der Lyra spielen, alles in der sanften Landschaft Korfus zwischen Olivenhainen und Wildblumen. Nachdem alle da sind, laufen wir los über den Bergkamm. Der Blick von oben über die Dörfer am Meer im Abendlicht ist wunderschön.

Wir setzen uns an besonders exponierten Stellen oder auch nur romantischen Bergwiesen im Kreis um Elena, Geschichten von Odysseus und Circe, dem Monster Polyphem und den Sirenen begleiten uns, die letztendlich im Sonnenuntergang am Strand von Agios Stefanos mit der Heimkehr Odysseus‘ enden.

Der stimmungsvolle Ausflug endet im Café Akrotiri. Wir bestellen Hummus und Weißwein und dann frage ich mich, wie ich ohne Taschenlampe (kein Handy!) jemals wieder da runter finden soll. Zum Glück erledigt sich das schnell, eine der Teilnehmerinnen hat ein Auto und nimmt mich mit nach Hause.

Ich komme drauf, dass das die meisten hier wohl Osho-Jüngerinnen sind. Alle haben seltsame indische Namen, kennen sich schon lange und reden über Dinge, von denen ich noch nie was gehört habe. Die meisten sind so in meinem Alter, waren also vermutlich bei den Poona-Fans, die in den frühen 80ern die Unis in Deutschland bevölkert haben mit ihrer orangenen Kleidung und den Holzketten. Die Frauenquote in Arillas schätze ich auf 80%. Mindestens. Bin gespannt auf alles, was ich hier Neues erfahre.

 

 

Arillas

24.7.2021

Korfu soll die schönste griechische Insel sein, sagt man, jedenfalls die grünste. Arillas, so hört man, ist ein kleines Dorf an der Westküste, vornehmlich besucht von Yogis und Osho-Jüngern, anscheinend gibt es eine große spirituelle Szene. Ideal für alleinreisende Frauen, weil viele Gleichgesinnte, relativ unberührt vom Massentourismus, viele Yoga- und Meditationsstunden, Meer, Strand…

Ich war da ja noch nie, also probiere ich es aus.

Der Urlaub fängt mit einem Desaster an. Nachdem mich Erich pünktlich abholt, schon da ist, als ich die Koffer nur schon mal rausstellen will, ich deshalb nicht mehr in die Küche zurück gehe, um aufzuräumen, stelle ich beim Check-In fest, dass ich mein Handy zuhause liegen lassen habe. Mit Impfbescheinigung, Anmeldung beim griechischen Staat, Daten von Flug und Hotel und Taxi und was  man sonst noch so braucht, Hörbücher, What’s App…. Es ist zu spät, um jemanden anzuflehen, das Handy zu bringen, Laca reagiert nicht auf meinen Anruf, hätte aber sowieso nichts genutzt. Was mach‘ ich jetzt bloß?

Zuerst beschimpfe ich mich. Dann erkläre ich mir, dass ich wahrscheinlich schon völlig verblödet bin und beschimpfe mich noch ein bisschen. Dann stelle ich fest, dass ich, wenn ich den Flug nicht verpassen will, ohne das Teil auskommen werden muss. Ich zeige meinen Impfpass vor, die anderen Sachen hab ich ja zum Glück alle entweder in den Emails oder ausgedruckt. Mit geöffnetem Laptop (in der anderen Hand den Rucksack und die Handtasche, den Koffer vor mir), manövriere ich mich durch die Kontrollen und schaffe es, mein Gepäck aufzugeben und ins Flugzeug zu gelangen.

In Kerkyra sollte ein Taxi am Flughafen stehen mit einem Schild mit meinem Namen drauf. Steht aber nicht. Ich warte, vielleicht kommt er ja noch. Tut er nicht. Ich warte noch ein bisschen. Dann wende ich mich an eine Frau an einem Stand, wo irgendwelche Reisen vermittelt werden, und frage, ob sie mir helfen kann. Mein Laptop verweigert das Flughafen-Wlan. Also leiht sie mir ihr Handy, das aber nur griechische Schrift kann. Ich muss aber irgendwie auf mein booking.com kommen, denn da steht, wie das Taxiunternehmen heißt. Nach einigem Hin und Her schaffen wir das. Hurra! Aber nur kurz. Denn niemand auf dem ganzen Flughafen kennt dieses Unternehmen. Ich schaue nochmal und nochmal, ob da inzwischen irgendwer ist, aber nein. Netterweise bietet mir die Frau von dem Unternehmen an, mich in ihrem Bus mitzunehmen, der nach Arillas fährt. Nachdem ich eineinhalb Stunden auf dem Flughafen vertrödelt habe, nehme ich das Angebot gern an.

Korfu ist schön und grün, das sehe ich bei der Anfahrt. Mein Appartement ist nett, Balkon, Meerblick, wenn auch das Bad winzig und die Küche miserabel ausgestattet und eher paläontologisch interessant ist. Aber insgesamt passt es schon, ich will ja keine Menüs fabrizieren, Wasserkocher, Müslischale, Teller und Basisbesteck sind da. Einen Swimming-Pool gibt es auch. Ich packe aus und laufe zum Strand, etwa 350 m. Das Meer ist blau und erfrischend, ich atme erst mal durch. Heute brauche ich keine Abenteuer mehr, ein Strandrestaurant bietet Schwertfisch mit Salat, wunderbar.

Später zieht mich Rockmusik in eine nette Bar, wo ich mir noch einen Drink gönne, ein bisschen was schreibe und genieße, mal wieder in einer Bar zu sitzen, Musik zu hören und Leute zu beobachten.

Das geht ohne Handy viel besser. Wenn man das Teil mal nicht hat, fällt einem erst auf, wie oft man es nur in die Hand nimmt, um beschäftigt zu sein oder zu wirken, wir haben völlig verlernt, einfach nur da zu sitzen und zu schauen und die Umgebung auf uns wirken zu lassen. Gefühlt alle 10 Sekunden habe ich den Impuls, zum Telefon zu greifen, ach so, nein, geht ja nicht. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, mal eine Zeitlang ohne das Teil auszukommen.

Puertito de Güimar

26.3.21

Man fasst es nicht. Die Einreise-Regeln wurden schon wieder mal überarbeitet, das x-te Mal in dieser Woche, mit dem Ergebnis, dass man nun doch ohne vorherigen Corona-Test nach Hause fliegen darf. Derzeit. Ab Dienstag soll sich das jetzt ändern, aber vorher nicht, weil sich gestern anscheinend herausgestellt hat, dass die Airlines für eine allgemeine Teststrategie aller Heimflüge weltweit doch etwas länger Zeit brauchen als zwei Tage. Wer hätt’s gedacht. Also sage ich meinen Testtermin wieder ab, ich lass‘ mich lieber daheim testen, das kostet es nichts und im Falle eines – eher unwahrscheinlichen – positiven Ergebnisses bin ich wenigstens nicht in einem Hotel.

Ich fahre nach Puertito de Güimar. Puertito ist ein netter Strandort mit vielen Restaurants und Cafés an der Promenade, die auch alle gut besucht sind. Hier ist das Wetter deutlich wärmer als in Puerto Cruz, es liegt auf der Südseite und damit jenseits der Wetterscheide. Als der Teide vor etwa 10000 Jahren explodiert ist, hat er Lavaströme über die ganze Insel geschickt. Auf der Südseite ist das Klima arid, beeinflusst vom nahen Afrika, so dass die Landschaft völlig anders aussieht als im Norden. Es wachsen anspruchslose Pflanzen, Kakteen und trockene Büsche, die zurzeit allerdings alle blühen.

Der Aufstieg zur Montana Grande, ein charakteristischer Hügel bei Puertito, führt durch alle Schattierungen von Grün.

Zwischen den Lavafelsen, bei denen man den ursprünglichen Lauf der glühenden Lava noch gut erkennen kann, wachsen viele Arten von Kakteen und Pionierpflanzen, die dem ganzen Weg einen besonderen Reiz verleihen.

Beim Rückweg an der Küste entlang fühlt man sich, als wäre der Vulkan erst kürzlich ausgebrochen. Die schwarze Lava erstreckt sich ins Meer, nur wenige Pflanzen halten sich hier. Auch das hat seinen Reiz.

Am Rande des Weges findet sich eine historische Stätte: Bürger früher Siedlungen, die Fleisch und Fisch haltbar machen wollten, legten hier Salinen an, Gruben, die mit Meerwasser gefüllt wurden und dann in der Sonne trockneten. In das verbleibende Salz konnten dann Lebensmittel eingelegt und so konserviert werden.

Der Rest des Weges führt an der Küste entlang durch schwarzes Gestein, das einen dekorativen Kontrast zum blauen Meer und Himmel bildet.

Zum Abschluss des Tages ein Zaperoco auf der Sonnenterrasse eines Cafés.

27./28. 3.

Julia ist immer noch krank, es stürmt draußen, Regen ist angesagt,  kein Tag zum Wandern wg. Berge in Wolken und Sturm, kein Tag zum Baden wg. zu kalt. Also etwas Yoga und Sonnen auf dem Balkon (windgeschützt), dann bisschen schwimmen und dann zum Kaffee zu Julia.

Julia inhaliert

Sie wohnt mit ihren Freunden in einer wunderschönen Finca in einer blühenden Gegend, mehrere Wohnungen und Terrassen, ein traumhafter Garten mit Grillplatz, was will das Herz mehr.

Ich bleibe zum Abendessen, Ute, Bellas Mama, die hier lebt und mir das schöne Zimmer im Hotel besorgt hat, kommt auch. Wir beschließen den Abend mit leckerem veganen Essen und einem letzten Bier auf der Dachterrasse. Um 22.00 Uhr ist Ausgangssperre, dann bleibt mir nur noch zu packen.

Am Sonntag fliege ich zurück, ein traumhafter Flug über die Sierra Nevada, die Pyrenäen und die Alpen, die im glitzernden Schnee endlos unter uns liegen.

Als wir die Flughöhe erreicht haben, kommt der sehr junge und nette Steward zu mir und entschuldigt sich, dass er mir keine Speisekarte bringen  kann, weil er ein Glas Wasser drübergeschüttet hat. Kein Problem, ich nehme Chicken statt Beef, der Rest ist eh einheitlich. Etwas später erfahre ich, dass Chicken aus ist und nur noch Schweinefleisch zu haben ist oder Rind. Dann doch lieber Rind, auch kein Problem. Diesmal entschuldigt sich die Kollegin, sie seien falsch beladen worden. Als Dankeschön für mein Verständnis legt sie  mir etwas später eine in Papier verpackte Flasche auf den Nebensitz. Wäre nicht nötig gewesen aber ok, auch gut, danke. Ein paar Minuten später kommt sie auf mich zu und fragt, ob sie mir eine persönliche Frage stellen darf. Darf sie. Ob ich auch Rotwein trinke. Etwas überrascht – ich habe in das Päckchen noch gar nicht reingeschaut – sage ich, eigentlich trinke ich überhaupt sehr selten, aber dann auch gelegentlich Rotwein. Sie erklärt mir, ihnen sei der Weißwein ausgegangen, Rotwein haben sie mehr als genug und ob sie die Flasche nochmal austauschen darf. Ich lache schon nur noch. Fliegen in Zeiten von Corona, ein Abenteuer.

Angekommen, muss ich wieder ein paar Mal meine Daten in irgendwelche Formulare einsetzen, dann werde ich am Flughafen während der Wartezeit auf den Koffer getestet, schnell und bis auf die mangelnde Digitalisierung der nun mindestens 3x eingegebenen Flugdaten unkompliziert.

Perfektes Ende eines wunderbaren Urlaubs.