Rückkehr

In jedem Ende liegt ein neuer Anfang. So bin ich also wieder in Byron Bay gelandet, wer hätte das letztes Jahr gedacht. Aber von Anfang an:

10. Mai 2016

Ich sitze in der Business-Lounge in Doha und freue mich jede Minute, dass ich mich entschieden habe, diese Reise zu machen. Nach langem Hin und Her um Weihnachten herum, wochenlangem Beobachten der Flugpreise, Zusagen, Absagen,  habe ich dann doch den Flug gebucht. Der Flughafen hier ist ein Monument der Giganterie. Riesig, völlig unübersichtlich, ein Konsumtempel vom Feinsten. Ich bin aus dem Flieger von München sofort hier in die Lounge geflüchtet, da ich nichts kaufen möchte und mich die schiere Menge an Shops total überfordert.

Die Lounge ist ebenfalls vom Feinsten. Riesengroß, mit mehreren Kaffee-Stationen, zwei Restaurants usw. Qatar Airways hat ja sehr gute Verpflegung, deshalb lasse ich die Restaurants weg und sitze hier im Eckerl mit meiner Cola und ein paar arabischen Süßigkeiten. Es wird ja auf dem nächsten Flieger wieder was geben.

Ich bin ja so gespannt auf diesen Urlaub.

13. Mai 2016

Jetzt bin ich also hier und sitze auf Ricks Terrasse. Er hat mich vom Flughafen abgeholt und es war, als wäre ich nie weg gewesen. Meinen Geburtstag haben wir an einem Strand gefeiert, den wir so ziemlich für uns allein hatten.  Rick hatte roten Schampus dabei, nicht so mein Ding, aber er war so begeistert. Natürlich gab es das obligate Aussie-Barbecue,  großartige Steaks vom tasmanischen Lachs mit Salat.

Heute habe ich mir eine australische Sim-Card besorgt, was ein ziemliches Theater war. Sie brauchen 24 Stunden, um sie zu aktivieren und dann geht es immer noch nicht, weil die Buttons, die man drücken muss, um reinzukommen, unverständlich sind. Zum Glück gab es im Shop einen netten jungen Mann, der mir geholfen hat, als ich das Teil schon an die Wand schmeißen wollte. Nächstes Mal nehme ich wieder Optus, da geht das alles zügiger als mit Telstra.  Dann musste ich  zur Bank und Geld wechseln, das dauert hier eine Endlosigkeit. Reingehen, Nummer ziehen, warten, Konto aktivieren (!), Pass abschreiben, dann rücken sie endlich die Dollars raus. Darauf ein Ginger Beer in der Beach Bar!

Heute Abend habe ich  in der Railway Friendly Bar eine Verabredung mit Bekannten, wo sie mir alles über Kamel-Trekking in der Wüste erzählen wollen. Sie suchen für nächstes Jahr Hilfskräfte und sind offenbar der Meinung, dass ich genau die Richtige dafür bin.

 

Abschiede

Tag 38

Zu meiner großen Freude sind Sonja und Vera noch einmal gekommen und mit mir zum Lake Lennox gefahren, einem See mit rotem Wasser von den Rückständen von Teebaumblättern. Gut für die Haut, gut zum Schwimmen.

Eigentlich wollten wir gegen Abend  Kängurusteaks grillen, aber bevor wir die gekauft haben, haben wir vorsichtshalber mal geschaut, ob es irgendwo einen Grillplatz gibt. Und keinen gefunden. Dann sind wir doch lieber ins Restaurant, denn roh sind die Steaks eher nicht so toll. Neben dem Lokal war ein kleiner lokaler Markt aufgebaut. Da haben zwei Mädels selbst komponierte Songs so grauenhaft gesungen, dass Sonja gehen musste.

Nach dem Essen waren wir noch in der Beach Hotel Bar auf einen Drink, dann mussten die Mädels wieder nach Brisbane fahren. Ein Abschied auf unbestimmte Zeit.

Tag 39

Heute war ich mit Rick in Bangalow, einer netten kleinen Ortschaft im Hinterland, wo die Häuser noch ganz viktorianisch-kolonial ausschauen, bei einem kleinen Hippie-Markt. Im nächsten Ort haben wir einen völlig schrottigen Antiquitätenladen mit astronomischen Preisen besucht.

Andere Attraktionen hat die Gegend nicht, ausser einem Aussteigerdorf namens Nimbin, wo man Marihuanacookies legal kaufen kann. Das hab ich jetzt mal ausgelassen.  Zum Lunch haben wir ein österreichisch-schweizerisches Ehepaar in seiner Südstaaten-Villa besucht. Es hat aus Kübeln gegossen, aber die überdachte Terrasse war mit Glasplatten gegen Spritzer geschützt und wir saßen total gemütlich da und haben das Unwetter beobachtet. Hier wird’s ja wenigstens nicht kalt, wenn’s mal regnet. Ich genieße es sehr, dass ich hier so am Leben der Leute teilnehmen kann, abseits von den großen Touristen- und Backpackerströmen.

Der abendliche Strandspaziergang in Gewitterstimmung war spektakulär.

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Tag 40

Letzter Tag in Byron Bay.  Strand ist angesagt. Das Wasser ist wunderbar, die Wellen hoch und das Schwimmen ein Genuss. Im Garten lustige Vögel, ein Kookaburra und ein wilder Truthahn.

Abends hab ich dann mit Alex, der Französin, die auch hier wohnt, geratscht und Pilzrisotto gekocht. Rick und Peter waren total begeistert von meinen Kochkünsten (chefkoch.de 😉 ). Ich häng hier die Küchenfee raus, hihi, gut, dass die mich im Alltag nicht erleben…

Tag 41

Good Bye Byron Bay.  Hope to see you again.

Wahrscheinlich ist es gut, dass ich heute hier abhaue, sonst würde es zu traurig. In Brisbane laufe ich ein bisschen melancholisch durch die Stadt. Der letzte Abend in Australien, der Abschied von den Leuten und das absehbare Ende der Reise versetzen mich in eine wehmütige Stimmung. Ich habe es unglaublich genossen. In Sachen Selbstfindung ein voller Erfolg. Ich bin wieder ganz bei mir angekommen und viel relaxter, lebendiger und fröhlicher, auch wenn ich gerade ein bisschen kämpfe. Ich habe hier einige Hemmschwellen überschritten, meine mutige, relaxte, unabhängige und unkonventionelle Seite ausleben können und gleichzeitig meine Emotionen sortiert. So wie ich hier bin, wäre ich gern immer.

Am Abend bin ich noch in Brisbane rumgelaufen und hab am Eagle Pier was gegessen. Die Brücke zur South Bank habe ich überquert, Brisbanes Skyline nochmal in mich aufgenommen und mich von Australien verabschiedet.

Thank you, Australia, you brought me back to liveliness and joy. Cu again soon, hopefully.

Byron Bay

Tag 35

Irritationen.

Nach dem Frühstück fahre ich mit dem Auto zum Flughafen, in das Navi habe ich eingegeben,  Mautstraßen vermeiden. Das hiesige Mautsystem ist für Ausländer undurchschaubar, weil keine Zahlstellen vorhanden sind. Und wie ich die hier kenne, kostet es wahrscheinlich irre Strafen, wenn man einfach durchfährt, ohne sich vorher kompliziert im Internet anzumelden. Das Navi führt mich durch endlose Vororte, ich denke schon, vielleicht bin ich auf der falschen Spur, hm, getting lost will help you find yourself? Selbstfindung durch GPS?

Am Flughafen stellt die Waage bei der automatischen Gepäckaufgabe fest, dass ich 100 g zuviel Gepäck habe und schiebt den Koffer nicht weiter. Eine Angestellte muss mich per Hand einchecken. Die wiegt auch gleich das Handgepäck und stellt fest, dass ich insgesamt 700 g zu viel habe. Also muss ich entweder zahlen oder Zeug anziehen. Das Übergepäck verstehe ich überhaupt nicht, ich hab doch kaum was eingekauft, die paar Klamotten und Souvenirs und der Bumerang und das Didgeridoo und das Kängurufell können doch nichts wiegen, und die Snowboardjacken sind doch raus. Also  häng ich mir das Sweatshirt von der Great Ocean Road um. Ich schau aus wie im tiefsten Winter, mit Pulli und Jacke bei 25 Grad. Dafür komm ich jetzt auf den Flieger.

In Koolangatta suche ich zuerst die Bushaltestelle, um dann festzustellen, dass hier offenbar eine andere Uhrzeit gilt. Mehr als genug Zeit. Der Busfahrer nach Byron Bay, Rick, flirtet mich an und setzt mich auf den Beifahrersitz. Fängt gut an, der Aufenthalt hier.

Als ich ankomme bei meiner Airbnb-Unterkunft, empfängt mich die Besitzerin des Hauses, eine Hippie-Frau, schätzungsweise ein paar Jahre älter als ich. Sie hat mehr Hausregeln als der Knast in Deutschland. Ich darf keine Spinnen töten, ich darf nicht laut sein, ich darf nur 5 Minuten duschen, ich muss die Terrassentür mit zwei Händen öffnen, ich muss die Zimmertür tagsüber auflassen, damit die Katzen durch mein Zimmer ins Freie können, weil da ein Loch im Moskitonetz ist, nachts muss aber zu sein, damit sie nicht rauskönnen , ich darf nur bestimmtes Geschirr zum Frühstück benutzen, ich darf nachts die Klospülung nicht ziehen und ich muss die Haustür abschließen, wenn ich gehe, außer, sie ist zuhause….Na ja, ich denke, die sollte eigentlich nicht vermieten, weil sie eigentlich keine Störungen ihrer Routine  mag. Man hat das Gefühl, man sollte unsichtbar und vor allem unhörbar sein.

Das Haus selber schaut aus wie ein hinduistisch/buddhistischer Tempel, überall Kunst und Kitsch aus verschiedenen asiatischen Ländern, Kerzen, Räucherstäbchen, Tücher, Teppiche usw. Durchaus charmant, es passt in diese alte Hippiestadt. Der Garten ist Dschungel, mit Palmen, Eukalyptusbäumen und vielen kleinen Ecken mit Vogelhäuschen, Buddhas etc. Verwunschenes kleines Paradies.

Nachdem sie mir alle Regeln erklärt hat, ist Deborah völlig überrascht, als ich nach dem Auspacken wieder gehe und erkläre, dass ich ein Date habe. Sie meint, ihr passiert sowas nie, wie ich das mache. Vielleicht bin ich einfach nicht so schrullig und zwanghaft. Das sage ich natürlich nicht.

In dem Pub spielt ein einsamer Gitarrist sehr laut Gitarre. In einer Musikpause kommt er an unseren Tisch und lässt sich nieder mit den Worten, er setzt sich zu uns, weil wir die einzigen in seinem Alter sind. Könnte stimmen. Er entschuldigt sich sofort bei mir, dass er das gesagt hat. Fettnäpfchen, wo bist du? 😀

Tag 36

Ich frühstücke das inkludierte Müsli und Deb erklärt mir, die meisten Gäste frühstücken auswärts. Ich erkläre ihr, dass Müsli mir völlig reicht. Damit wird sie leben müssen.

Sitzend und schreibend am Balkon höre ich ein Knacken im Garten. Ich schau runter: Ein Wallaby!

Byron ist ein netter kleiner Strandort mit hübschen Läden und einem breiten Strand, an dem ganz viele Kitesurfer unterwegs sind. Die Wellen sind hoch und lustig, richtig schwimmen kann  man aber nicht. Aber shoppen, das geht gut. Wenn da nur nicht das Gewichtsproblem mit dem Gepäck wäre…

Tag 37

Mutproben.

Heute war ich beim Friseur (ohne Empfehlung, einfach der nächste Laden!)  und hab mir die Haare färben lassen, das traue ich mich buchstäblich nicht bei Deborah und ihren vielen Regeln. Die flippt aus, wenn ich einen Farbfleck an ihr Waschbecken bringe. Danach hab ich mir noch die Wimpern färben lassen bei einer uralten, fast tauben Kosmetikerin. Es ist schwierig, die Augen zuzulassen, die Gesichtsmuskeln möglichst nicht zu bewegen, damit die Farbe nicht verrutscht, und nebenbei schreiend zu antworten.

Dank des von Rick geliehenen Fahrrads (es schaut aus wie ein MTB, in Wirklichkeit ist es Hollandrad) bin ich jetzt mobiler. Nachmittags war ich am Strand und dann bin ich -heldenhaft- vor Sonnenuntergang zum (world famous! was sonst!) Leuchtturm raufgeradelt, wegen der wunderbaren Aussicht über alle Strände der Gegend. Jetzt weiß ich wieder, warum ich Mountainbiken nicht mag. Vielleicht braucht es aber einfach nur etwas Training und ein besseres Rad. Runter war dann gut, weil  schneller. Am Anfang etwas zu schnell. Nach etwas Üben haben sogar die total eingerosteten Bremsen wieder funktioniert. Da kommen Erinnerungen an Inline-Skaten am Anzinger Berg auf….

Abends war ich dann (allein! Ich find mich sowas von mutig!) in diesem Pub und hab dort ganz nette junge Leute kennengelernt, die mich am Ende noch in einen Nightclub mitnehmen wollten. Als ich lieber heim wollte, hat sich ein Junge angeboten, mich zu begleiten, damit ich sicher ankomme. Er konnte es gar nicht glauben, dass ich mich wirklich traue, 20  Minuten allein durch die Nacht zu spazieren. Süß.