Tag 33
Melbourne gewinnt den Preis für die schönste Stadt. Es ist sehr urban, wahnsinnig viele Leute auf der Straße, sehr multi-kulti und eine ausgesprochen interessante Mischung aus alten und ganz bunten, sehr fantasievollen neuen Gebäuden. Auf dem Eureka-Tower gibt es eine ausfahrbare Glaskiste, aus der man einen tollen Blick in alle Richtungen hat. Nichts für Leute mit Höhenangst.
In der Innenstadt habe ich nette kleine Gässchen entdeckt und eine historische Straßenbahn, mit der man kostenlos rund um die Stadt fahren kann. Das habe ich dann gemacht und bin im Hafenviertel ausgestiegen, wo es noch mehr tolle Architektur und alte und neue Schiffe zu bestaunen gibt. Ich hab mich einfach treiben lassen, ohne konkretes Ziel, so lernt man Städte am besten kennen.
Gegen Abend war ich noch in der St. Pauls Cathedral und habe für Etus und Joszi Kerzen gespendet. Vielleicht hilft es ja was, und wenn nicht, ist es jedenfalls kein Schaden, ein Zeichen der Trauer und der Erinnerung zu setzen.
Zum Abschluss des Tages gab’s Fish and Chips am Federation Square mit Aussicht auf das bunte Treiben überall.
Tag 34
Mein erstes Ziel heute war der Queen Victoria Market. Ich dachte, ich weiß schon, wie ich da hinkomme, weil ich ja gestern, natürlich am Ruhetag, schon da war. Heute bin ich also einfach mal in die erste Trambahn gestiegen, die in die Richtung fuhr. Irgendwann kam es mir komisch vor, dass wir schon so lange fahren und immer noch nicht da sind. Ich also ausgestiegen um festzustellen, dass ich viel zu weit bin. Also zurück mit der nächsten Tram und irgendwo raus, wo mir die Häuser bekannt vorkamen. Irrtum. Also hab ich versucht, den Markt mit dem Stadtplan zu finden. Ich dachte, ich kann Karten lesen und laufen macht mir ja nichts. Na ja, Melbourne ist nicht nur schön, sondern auch groß und verwinkelt, jedenfalls außerhalb des Zentrums. Dabei hab ich immerhin so eine Arts Factory entdeckt mit lauter Tanzevents und einen schönen alten Bahnhof und schöne Arkaden mit vielen Geschäften. Irgendwann hab ich den Market dann gefunden, eine halbe Stunde, bevor er geschlossen hat. Kein Glück mit Dauer-Shopping heute. Der Markt ist riesig und überdacht und unterteilt in eine Abteilung mit Obst und Gemüse und eine mit Kleidung und Souvenirs usw. So ähnlich wie in Asien, wo auch die meisten Verkäufer herkommen.
Die State Library of Victoria. Ich fühle mich wohl in Bibliotheken, deshalb geh ich auch immer gern mal rein und setze mich in den Lesesaal, um ein bisschen Pause von der Rumlauferei zu haben. Das kostet nicht mal in Australien was und macht Spaß, man weiß nie, auf welche neuen Erkenntnisse man so zufällig trifft. Das erste Buch, das mir in die Hand gefallen ist, war „The meaning of life“ von Terry Eagleton. Das erste Statement, das er gibt ist, dass jemand, der ein Buch über diese Frage schreibt, entweder verrückt ist oder Humor haben muss und er hofft, er habe letzteres. Dann geht er die verschiedenen Philosophen durch anhand deren Meinung zum Thema, garniert mit seiner eigenen, alles sehr witzig und klug geschrieben. Ich kann es Leuten, die an Philosophie interessiert sind, nur empfehlen. Könnte es ein Sinn des Lebens sein, dass wir den Sinn des Lebens nicht herausfinden sollen? Oder ist er so offensichtlich, dass wir ihn nicht sehen? Oder würden wir es nicht ertragen, den Sinn des Lebens zu kennen und erfahren ihn deshalb nicht? Oder ändert sich der Sinn im Laufe des Lebens öfter mal, so wie unsere Ziele sich ändern? Ich bin also richtig lang da hängen geblieben. Das Buch hab ich trotzdem nicht fertig gekriegt. Ich werde es kaufen müssen.
Dann bin ich noch in der Stadt herumgelaufen und hab alles mögliche angeschaut, tolle Gebäude, schöne Arkaden, Malls. Melbourne ist bisschen wie die asiatischen Städte, sehr eklektische Architektur, sehr viele junge Leute unterwegs und sehr viele Asiaten. In allen Reiseführern steht, es sei die europäischste Stadt Australiens, das finde ich überhaupt nicht.