Ostküste

28.3.

Gill bringt mich zum Flughafen. 

Nach einem Flug über alle Wetterzonen des Kontinents komme ich in Brisbane an, ich übernachte an der Goldcoast, die schrecklich ist, lauter Hochhäuser, es schaut aus wie New York am Strand. Der Strand ist überflutet, die Unwetter in Queensland haben dafür gesorgt, dass die Flut den Strand mehr oder weniger beseitigt. Bei Ebbe geht’s noch, sagen sie.

29.3.-1.4.

Das Wiedersehen mit Iluka ist paradiesisch. Der kleine Fischstand versorgt uns mit in Kokos panierten Kingcrabs, der Strand ist lang und einsam. Allerdings ist das Wetter eher zum Spazierengehen als zum Schwimmen, zumal überall kleine blaue Quallen angeschwemmt werden, denen man im Wasser lieber nicht begegnen möchte. Die Stingers stechen und man kann sich an ihren Tentakeln ernsthaft verletzen, weshalb vom Schwimmen abgeraten wird. Wir vertrödeln die Tage und lassen uns zum Dinner von dem kleinen Restaurant an der Fährstation verwöhnen.

Ein kleiner Flohmarkt im Nachbarort Woombah hat Kurioses zur Auswahl.

Nach zwei Tagen fahren wir gemächlich weiter die Küste runter nach Grassy Head, einem kleinen Ort an der Ostküste bei Kempsey. Zwei Tage wohnen wir in einem kleinen Cabin, am Strand schützen uns die Felsen vor dem Wind. Das Wasser ist wunderbar frisch, die Wellen genau richtig, die Luft warm genug zum Sonnen. Der Sonnenuntergang beim abendlichen Strandspaziergang lässt Meer und Wolken in allen Farben schillern, traumhaft.

2.4.

Sydney hat mich wieder.  Da ich früher als geplant wieder hier bin, brauche ich ein Hotel. Die Agentur, die meine Flugbuchung versaut hat, hat mir als Entschädigung für die Umbuchung die Unterkunft für die letzte Nacht spendiert, ich verlängere dort. Zu meiner Überraschung ist es das gleiche Hotel, in dem ich 2015 die allerersten Nächte in Australien verbracht habe. Das Hotel Vibe in Rushcutters Bay ist ein gutes 4 Sterne Haus, etwas abseits vom Trubel der Innenstadt. Der Nachteil ist, dass man nicht überall zu Fuß hinlaufen kann, sondern auf den Bus angewiesen ist. Na ja, ich hab ja eine Opal Card,  ein aufladbares Ticket für den öffentlichen Nahverkehr, mit dem ich überall hinkomme. Dieses System sollten sie mal in München anschauen, es ist supereinfach und übersichtlich, man muss nur beim Ein- und Aussteigen die Karte an ein Lesegerät halten und bezahlt genau die Strecke, die man fährt. Sehr touristenfreundlich. Ich haue mich etwas aufs Ohr und fahre dann in die Stadt. In der Library of NSW, wo ich die Gemäldegalerie ansteuere, komme ich um kurz vor fünf an, um kurz nach fünf werde ich hinauskomplimentiert, sie schließen. Neben mir steht eine Frau in meinem Alter vor der Tür, die, wie sich herausstellt, aus Chennai in Südindien kommt.

Wir tun uns zusammen und spazieren am Meer entlang zu The Rock, wo wir in einem kleinen italienischen Restaurant  zu Abend essen. Wir sind ja beide allein unterwegs und stellen fest, dass das Abendessen immer nervt. Entweder sitzt man allein in einem Lokal und langweilt sich oder man holt irgendwo was und sitzt allein im Hotel und langweilt sich.  Wir freuen uns über die Gesellschaft und die guten Nudeln und beschließen, uns am nächsten Tag nochmal zu treffen. Ranjani ist in meinem Alter, sie hat zwei Söhne und lebt abwechselnd in Chennai, Pondicherry und Michigan. Als Unternehmensberaterin ist sie schon viel herumgekommen, wir verstehen uns großartig.

3.4.

Ich treffe mich nach dem Frühstück mit Ranjani, wir schauen das Australian Museum an, eine Sammlung von typischen Gegenständen, Fotos, Tieren. Im Wesentlichen ist es eine naturhistorische Sammlung, ganz nett, aber nichts Umwerfendes.  Wir schlendern durch die Gänge und trinken Kaffee auf der Dachterrasse, von der aus man einen sehr schönen Blick auf Sydney hat. 

Danach laufen wir zum Botanischen Garten, Ranjani möchte die fleischfressenden Pflanzen sehen, die ihr Sohn sammelt. Sie sind in einem Extra-Treibhaus untergebracht und recht schön angelegt.

Der Hunger zieht uns ins Café im Botanischen Garten. Frisch gestärkt laufen wir zur State Library of NSW, wo sie uns gestern rausgeworfen haben. Wir schauen die eher mäßige Galerie an, dann setze ich mich ein bisschen zum Schmökern in den Lesesaal und Ranjani geht in ihr Hotel, um sich für den abendlichen Opernbesuch fertig zu machen.

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Wieder erholt laufe ich zur Arts Gallery of NSW. Die einheimischen Maler, die natürlich sehr unterschiedlich in Qualität und Stil sind, sind deutlich von Europa beeinflusst, es gibt nur wenige Bilder, die mich anziehen oder überraschen.  Die Aboriginal Malereien gefallen mir am besten, die pointillistischen Arbeiten sind wunderschön. Bei vielen lässt sich die  Landschaft erahnen, aus der sie stammen, andere konzentrieren sich mehr auf die Tierwelt. Eine völlig andere Sicht auf die Natur tut sich auf. Zum Teil sind die Arbeiten hypnotisierend, so wie die Landschaft, wenn man sie aus dem Flugzeug sieht. Bei längerer Betrachtung kann man sich vorstellen, über den Bergen und Tälern zu schweben. Woher diese wenig mobilen Leute eine so genaue Darstellung der Geomorphologie aus dem Blickwinkel von Flugzeugen oder Vögeln haben, weiß ich nicht, aber die Stimmung der Bilder bringt das Land zum Leben. Am liebsten würde ich ein solches Bild kaufen, leider sind sie völlig unerschwinglich, auch wenn sie nicht im Museum hängen.

Dann reicht’s mit den Museen. Ich fahre ins Hotel und falle erschöpft aufs Bett. Zum Glück gibt es Netflix. Abendessen fällt heute aus, ein Müsliriegel und eine Tasse Tee zur Serie muss reichen.

Spieglein, Spieglein an der Wand…Melbourne

Tag 33

Melbourne gewinnt den Preis für die schönste Stadt. Es ist sehr urban, wahnsinnig viele Leute auf der Straße, sehr multi-kulti und eine ausgesprochen interessante Mischung aus alten und ganz bunten, sehr fantasievollen neuen Gebäuden. Auf dem Eureka-Tower gibt es eine ausfahrbare Glaskiste, aus der man einen tollen Blick in alle Richtungen hat. Nichts für Leute mit Höhenangst.

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In der Innenstadt habe ich nette kleine Gässchen entdeckt und eine historische Straßenbahn, mit der man kostenlos rund um die Stadt fahren kann. Das habe ich dann gemacht und bin im Hafenviertel ausgestiegen, wo es noch mehr tolle Architektur und alte und neue Schiffe zu bestaunen gibt. Ich hab mich einfach treiben lassen, ohne konkretes Ziel, so lernt man Städte am besten kennen.

Gegen Abend war ich noch in der St. Pauls Cathedral und habe für Etus und Joszi Kerzen gespendet. Vielleicht hilft es ja was, und wenn nicht, ist es jedenfalls kein Schaden, ein Zeichen der Trauer und der Erinnerung zu setzen.

Zum Abschluss des Tages gab’s Fish and Chips am Federation Square mit Aussicht auf das bunte Treiben überall.

Tag 34

Mein erstes Ziel heute war der Queen Victoria Market. Ich dachte, ich weiß schon, wie ich da hinkomme, weil ich ja gestern, natürlich am Ruhetag, schon da war. Heute bin ich also einfach mal in die erste Trambahn gestiegen, die in die Richtung fuhr. Irgendwann kam es mir komisch vor, dass wir schon so lange fahren und immer noch nicht da sind. Ich also ausgestiegen um festzustellen, dass ich viel zu weit bin. Also zurück mit der nächsten Tram und irgendwo raus, wo mir die Häuser bekannt vorkamen. Irrtum. Also hab ich versucht, den Markt mit dem Stadtplan zu finden. Ich dachte, ich kann Karten lesen und laufen macht mir ja nichts. Na ja, Melbourne ist nicht nur schön, sondern auch groß und verwinkelt, jedenfalls außerhalb des Zentrums. Dabei hab ich immerhin so eine Arts Factory entdeckt mit lauter Tanzevents und einen schönen alten Bahnhof und schöne Arkaden mit vielen Geschäften. Irgendwann hab ich den Market dann gefunden, eine halbe Stunde, bevor er geschlossen hat. Kein Glück mit Dauer-Shopping heute. Der Markt ist riesig und überdacht und unterteilt in eine Abteilung mit Obst und Gemüse und eine mit Kleidung und Souvenirs usw. So ähnlich wie in Asien, wo auch die meisten Verkäufer herkommen.

Die State Library of Victoria. Ich fühle mich wohl in Bibliotheken, deshalb geh ich auch immer gern mal rein und setze mich in den Lesesaal, um ein bisschen Pause von der Rumlauferei zu haben. Das kostet nicht mal in Australien was und macht Spaß, man weiß nie, auf welche neuen Erkenntnisse man so zufällig trifft. Das erste Buch, das mir in die Hand gefallen ist, war „The meaning of life“ von Terry Eagleton. Das erste Statement, das er gibt ist, dass jemand, der ein Buch über diese Frage schreibt, entweder verrückt ist oder Humor haben muss und er hofft, er habe letzteres. Dann geht er die verschiedenen Philosophen durch anhand deren Meinung zum Thema, garniert mit seiner eigenen, alles sehr witzig und klug geschrieben. Ich kann es Leuten, die an Philosophie interessiert sind, nur empfehlen. Könnte es ein Sinn des Lebens sein, dass wir den Sinn des Lebens nicht herausfinden sollen? Oder ist er so offensichtlich, dass wir ihn nicht sehen? Oder würden wir es nicht ertragen, den Sinn des Lebens zu kennen und erfahren ihn deshalb nicht? Oder ändert sich der Sinn im Laufe des Lebens öfter mal, so wie unsere Ziele sich ändern? Ich bin also richtig lang da hängen geblieben. Das Buch hab ich trotzdem nicht fertig gekriegt. Ich werde es kaufen müssen.

Dann bin ich noch in der Stadt herumgelaufen und hab alles mögliche angeschaut, tolle Gebäude, schöne Arkaden, Malls. Melbourne ist bisschen wie die asiatischen Städte, sehr eklektische Architektur, sehr viele junge Leute unterwegs und sehr viele Asiaten. In allen Reiseführern steht, es sei die europäischste Stadt Australiens, das finde ich überhaupt nicht.

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