Chichicastenengo

13.4.2023

Wir brechen früh auf, was nichts macht, da wir ja sowieso noch unter der Zeitverschiebung leiden. Ein letztes karges Frühstück im Hotel in Antigua (2 Scheiben Toast, etwas Rührei, wenig Obst und Butter und etwas Marmelade, reicht so grade) und los geht’s nach Chichicastenengo. Dort findet der angeblich bunteste Mayamarkt Mittelamerikas statt. Der irre Verkehr deutet darauf hin, dass es sich tatsächlich um ein Ereignis handelt. Es gibt eine Abteilung „Touristenmarkt“ und eine „Einheimischenmarkt“. Das ist allerdings nicht so zu verstehen, dass die Besucher streng getrennt werden, sondern liegt eher an den angebotenen Waren. Der Tourimarkt besteht aus buntesten Mayastoffen und allem, was man daraus machen kann, vom Lesezeichen bis zum Poncho, vom Püppchen bis zum Tischtuch. Die Einheimischen interessieren sich eher für Lebensmittel aller Art.

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Wir schlendern durch das Gewühle und erreichen schließlich die Kirche San Tomás, die auf einem heidnischen Tempel von den spanischen Eroberern gegründet wurde. Relativ schmucklos erscheint sie, jedoch liegt das eher daran, dass vor dem Kirchtor seit Jahrhunderten Weihrauch verbrannt wird, dessen Qualm dann ins Innere des Gotteshauses zieht und alle Gemälde und Fresken schwarz einfärbt. Da Gott anscheinend nicht möchte, dass die ordentlich restauriert werden, wird nur die Wand gelegentlich gestrichen und alles andere bleibt dunkel, nach all der Zeit ist kaum mehr zu erkennen, dass es sich tatsächlich um Bilder handelt.

Jedenfalls wurde die Kirche bei einem der hier zahlreichen Erdbeben beschädigt und eine Stützwand fiel um und zerbrach. Dabei erschien ein uraltes Buch, das anscheinend eingemauert worden war von einem Maya, der versuchte, die heilige Schrift des Volkes, das Popol Vuh, vor der Zerstörungswut der Spanier zu retten. Es handelt sich um die einzige Kopie dieses Buches, das unschätzbares Wissen über die Kultur der Mayas enthält. Alles andere haben die Konquistadoren gründlich vernichtet.

Die Geschichte der Stadt wird dargestellt auf einem riesigen Mural am Rande des Marktes, von den Anfängen der indigenen Mayas über die Eroberung durch die Spanier bis zur heutigen Bedrohung durch Umweltverschmutzung. Die hier durchaus ein Thema ist, allerdings hapert es ziemlich bei der Umsetzung des Ziels eines sauberen Landes. Plastikmüll wo man hinschaut, leider scheint es keine funktionierende Müllabfuhr zu geben.

Wir laufen weiter zu einem Aussichtspunkt auf einen bunten Mayafriedhof, der wohl nur den wohlhabenderen Familien offensteht. Die Gruften und Grabstätten haben ihren Preis.

Anschließend steigen wir auf einen Berg, auf dessen Plateau sich eine heilige Stätte der Schamanen befindet, ein Feuerplatz mit Platten, die die Himmelsrichtungen symbolisieren. Viele Dankeskerzen bezeugen die Wirksamkeit des Zaubers. Leider ist der Schamane schon heimgegangen und wir können nur noch die Asche bewundern, die die Zeremonie hinterlassen hat.

Zurück am Markt erwartet uns der Bus

und bringt uns nach Quetzaltenango, unserer nächsten Übernachtungsstätte. Wir kommen erst abends an und können die Stadt nur im Dunkeln besichtigen. Der klassizistische Hauptplatz gruppiert sich um einen kleinen, oben offenen Monopteros und ein Denkmal für die Helden des Friedensschlusses nach 36 Jahren Bürgerkrieg im 20. Jahrhundert.

Wir übernachten in einem Business-Hotel, was auch seine guten Seiten hat, zum Beispiel ein funktionierendes Bad.

Antigua

10.4.23

Der Flug war erfreulich unkompliziert, wenn auch mega-anstrengend.  Das geplante Upgrade blieb uns versagt, es gab ein Angebot der Airline, jedoch zu einem völlig unzumutbaren Preis. Also Holzklasse. Der Anschlussflug war eine Stunde verspätet, was uns dazu half, den Flughafen in Houston kennen zu lernen, kein besonders erhebendes Erlebnis, Flughafen halt, riesig und amerikanisch.

Rafael holt uns mit einem Minibus ab, wir fahren direkt von Guatemala Stadt nach Antigua. Völlig erledigt fallen wir ins Bett.

11.4.23

Wir sind sehr früh wach, klar, Jetlag,  und marschieren ein wenig in der Stadt herum, bis es Frühstück gibt. Ein hübsches Kolonialstädtchen, sehr hübsch gelegen zwischen drei Vulkanen: der Aconcagua, der Fuego und der Acatenango.  Der Fuego spuckt laufend Rauchblasen aus, es schaut aus wie bei einem Disney-Drachen.

Die ganze Innenstadt steht seit 1979 unter dem Schutz der UNESCO als kulturelles Erbe der Menschheit. Das ermöglichte den Wiederaufbau und die Restauration nach einem verheerenden Erdbeben 1976, bei dem ein Großteil der Bauten zusammengebrochen ist. Die Gewalt dieser Naturkatastrophe ist überall sichtbar, vor allem in den Ruinen der Kirchen und Klöster. Riesige Säulen fielen in sich zusammen, tonnenschwere Steinbrocken wurden meterweit geschleudert, ein Trauma für die ganze Nation.

Rafael führt uns durch die Stadt und erzählt von den immensen Anstrengungen des Wiederaufbaus. Wir bewundern die Arkaden am Hauptplatz und freuen uns an den ganz in rot gekleideten jungen Mädchen. Sie feiern ihren 15. Geburtstag, an dem sie mit einem Fest in die Gemeinschaft der Frauen aufgenommen werden.

Als wir gerade in einer Kirche stehen und die Kunstwerke bewundern, die guatemaltekische Bildhauer und Maler hier vollbracht haben, stößt ein älteres Ehepaar zu uns und hört den Erklärungen unseres Führers zu. Die beiden sind begeistert und folgen uns den restlichen Tag überall hin. Manche haben einfach kein Gefühl dafür, was geht und was nicht.

Rafael erzählt uns vom Zusammenbruch der alten Kathedrale und zeigt uns die Ruinen, die als Erinnerung an das Erdbeben stehen gelassen wurden. Wir sind beeindruckt von der Gewalt der Natur und besichtigen noch den Neubau, der wesentlich kleiner ausgefallen ist.

Anschließend besuchen wir noch eine Klinik, die San Tomas mit Spenden reicher Bürger gegründet hat und die bis heute an der gleichen Stelle steht.

Das Franziskanerkloster gibt uns ebenfalls einen guten Einblick in die Zerstörungskraft des Erde, im Garten liegen riesige Säulenstücke, schon fast wieder bewachsen, zwischen Bäumen und Blumen. Die Katakomben sind im Jahr 1901 eingebrochen, was davon übrig ist, ist durch die Erosion schon fast wieder verschüttet.

Wir essen in einem entzückenden Restaurant mit bezauberndem Garten hiesige Fleischspezialitäten und Guacamole. Der Koch ist Schweizer, lebt aber schon 25 Jahre hier. Danach legen wir uns hin und schlafen ein bisschen. Ruth geht noch einen trinken mit den anderen, ich strecke die Waffen und bleibe im Hotel. Ich bin so müde und habe überhaupt keine Lust mehr, mich jetzt wieder in eine Bar zu setzen.