Kaffee und Schokolade

12.4.23

Nachdem ich gestern den Dienst am Abend verweigert habe, wegen bleierner Müdigkeit und keine Lust auf Drinks mehr, war ich heute einigermaßen ausgeschlafen für die Abenteuer des neuen Tages.

Rafael holt uns um 9.00 Uhr ab, wir fahren zu einer Finca. Dort lassen wir uns in einem sehr liebevoll gestalteten Museum die Produktion von Kaffee erklären. Das Fazit: Die Maya werden von der Latino-Mehrheit nach wie vor für die niederen Tätigkeiten eingesetzt wie Kaffebohnen sortieren am Fließband oder Umrühren der Kaffebohnen, die zum Trocknen im Hof ausgelegt werden. Die Tätigkeiten, die mehr als den Mindestlohn einbringen, machen Weiße. Es hat sich also nicht alles geändert seit der Eroberung, auch Kinder dürfen mitarbeiten, vor allem bei der Ernte, die nach Gewicht bezahlt wird. Ganze Familien sammeln hier Kaffee von Hand vom Strauch, damit am Abend mehr herauskommt.

Der Besitzer der Finca hat einen Vertrag mit Starbucks, das Auskommen ist also gesichert. Sein Land setzt er ein für die Gewinnung von Kaffee und Kakao, außerdem für Pferdezucht, einen Kindergarten und ein Museum, das neben der Kaffeeerzeugung die Produktion von Schokolade (man durfte probieren, ja!) und die Trachten und religiösen Feste der Inkas zeigt. Alles ist sehr schön gestaltet, mit Diaramen und Videos und Figuren, die Vermengung von Christentum und der Religionen der Maya wird anschaulich dargestellt, ohne die damit einhergehenden Greueltaten.

Natürlich dürfen wir danach die Eigenerzeugnisse käuflich erwerben, was wir auch gerne tun. Köstliche Schokoladen, Pralinen und Kaffee werden uns zuhause an die Reise erinnern, wobei sich alle einig sind, dass die Schokolade das Gepäck wahrscheinlich nicht mehr beschweren wird, bis wir wieder in den Flieger steigen.

Danach besuchen wir den örtlichen Markt und lassen uns frische Mangos schmecken. Antje kauft einem Souvenir-Maler ein kleines, farbenfrohes Bild ab, das ihrer Küche den nötigen Blickfang gibt. Nach einem Spaziergang durch den riesigen Bazar lassen wir uns in einem Restaurant nieder und freuen uns über das leckere Essen.

Hinterher noch einen Kaffee auf einer Terrasse, dann fallen wir erst mal ins Bett und verabreden uns für später. Wir müssen unbedingt durchhalten, sonst wird das nichts mit der Zeitumstellung. Nach Osten geht’s besser, nach Westen brauche ich immer eine Woche, bis ich endlich abends aufbleiben kann.

Die Party

2.10.21

Der Jubeltag beginnt in einer kleinen Bar in Casole d’Elsa. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, heißt es, da muss anscheinend noch einiges getan werden, um die Bruchstücke zu vereinen. Einig sind sich alle beim Caffè, in welcher Form auch immer – Cappuccino, Maroquino oder Latte Macchiato; was die feste Kost betrifft, gehen die Bedürfnisse sehr auseinander. Von gar nichts bis  Pizzasandwich bis Brioche, mit und ohne Füllung, süß oder salzig hat jeder seine eigene Frühstücksphilosophie. Der Himmel strahlt in schönstem Blau über uns, es ist warm und wir sitzen harmonisch auf der Terrasse.

Nach einiger Diskussion, welches Ziel wir heute ansteuern sollten, fällt die Wahl auf San Gimignano, die Stadt mit den meisten Wohntürmen und der besten Eisdiele der Welt, getestet und vielfach ausgezeichnet. Der Markt, den wir eigentlich suchen, findet zwar an einem anderen Tag statt, dafür schmeckt die kühle Köstlichkeit um so besser und ein Bummel durch die mittelalterlichen Strässchen ist immer eine Reise wert.

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Angeblich ist Markt heute in Volterra. Also setzt sich die Karawane dorthin in Bewegung, um festzustellen, dass die Stände mittags schließen. Ein Sandwich geht gerade noch, dann ist alles zu. Und es fängt an zu regnen, womit keiner gerechnet hat. Wir sind in Italien, da regnet es nicht, auch wenn die Apps das Gegenteil behaupten. Wir besuchen Gott im Dom und fragen nachdrücklich, was das mit dem Wetter jetzt sein soll. Wie zu erwarten, antwortet er nicht. Wahrscheinlich nerven ihn diese Fragen schon, denn als wir wieder hinausgehen, gießt es kommentarlos in Strömen.  Wir flüchten unter die Sonnenschirme eines Restaurants, wo wir den Guss abwarten, bevor wir am Etruskischen Tor vorbei zu den Autos zurücklaufen.

Nach einer kurzen Erholungspause werfen wir uns in Schale und finden uns bei Cecilias Agriturismo ein, wo die Party stattfindet.

Der Jubilar begrüßt uns alle herzlichst, der Grill ist angeworfen,  Lamm und  Spanferkel brutzeln schon. Etwa die Hälfte der Gäste sind Italiener, die andere Hälfte Ungarn und ein paar angeheiratete Deutsche. Die Stimmung steigt, für alle ist es die erste größere Fete nach der Pandemie.

Es wird gigantisch. Nach toskanischen Vorspeisen mit Prosecco, Nudeln mit Weißwein und Fleischgerichten mit erlesenem Chianti schneidet der Jubilar die Torte an,  Vin Santo und uralter Grappa schließen das Festmahl ab.

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Die Italiener fangen an, Volkslieder zu singen („Azzurro“ ). Unser Herr Musiker (müvész úr) greift ein, indem er sie dirigiert. Nach „O Sole mio“ dreht er sich zu den Ungarn und läßt die dagegen singen. Dann wieder die Italiener, die Ungarn usw.

Als allen die Lieder ausgehen, darf Freddie Mercury ran und alle singen mit. Am Ende laufen alle zusammen Polonaise, etwas, was keiner von uns auch nur ansatzweise in Betracht ziehen würde bei niedrigerem Promillegehalt.  Die geladene Jugend sieht uns erst etwas erstaunt zu, dann schließen sie sich an, was soll’s. Wahrscheinlich halten sie uns für völlig durchgeknallt respektive total besoffen, so haben sie die Altvorderen selten erlebt. Zur Sperrstunde (wegen der Nachbarn) müssen sie uns zwingen, aufzuhören und heimzugehen, im Agriturismo geht’s dann mangels Nachbarn zwar etwas ruhiger (keine Italiener mehr), aber doch bei mehr Wein und Grappa weiter. Keine Ahnung, wann und wie wir ins Bett gekommen sind.