Kanazawa

Der Shinkansen soll uns in rasender Geschwindigkeit nach Kanazawa an der Westküste bringen. Bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg. Als nach einigem Herumirren endlich alle am richtigen Bahnsteig stehen,  ist  Heiner  verschwunden und  telefonisch nicht erreichbar. Nach ratloser Wartezeit am U-Bahnhof mit einer leicht verzweifelten Japanologin stellt sich heraus, dass er schon vorausgefahren ist. Wieso auch auf die Gruppe warten? Die werden das schon finden. An der Tokyo Station, also praktisch beim Einsteigen in den Schnellzug, stellt sich heraus, dass  die Rail-Tickets freigeschaltet werden müssen, natürlich super umständlich mit Pass einsammeln, kontrollieren, abstempeln, wieder ausgeben. Wenn die Japaner was machen, machen sie es gründlich. Da sind sie den Deutschen recht ähnlich. Deshalb verpassen wir dann den Zug. Die Japanologin konnte das natürlich nicht vorher wissen, klar, war ja bloß ihr Job, für den reibungslosen Ablauf zu sorgen. Die Orga hier ist: Desaster.

Kanazawa, 28.4.
Völlig überraschend kommen wir doch noch an.  Erfreut nehmen wir zur Kenntnis, dass das Hotel Grand Palace Ana direkt am Bahnhof liegt. Von dort sind es nur einige Schritte bis zum Omicho Ichiba Markt, einer großen Markthalle mit  bunten Ständen voll mit allerlei Leckereien, von exotischem Obst und Gemüse bis hin zu einer wunderbaren Auswahl an Fisch und Meeresfrüchten, ebenso wie Kleidung und kleinen Bistros, an denen man leckere Häppchen zum Lunch erstehen kann.


Von dort aus laufen wir über eine Brücke durch die bemerkenswert hässliche Stadt hinein ins alte, bezaubernde Geisha-Viertel. Dort stehen noch ein paar von den alten Okiyas, in denen früher Geishas ausgebildet wurden, hübsche kleine einstöckige Holzhäuser. Sie sind alle umfunktioniert zu Souvenir-Shops, im oberen Geschoss sind kleine Cafés untergebracht. Nach einem Bummel durch die Straßen kehren wir ein und genießen Tee, Gebäck und Eisbecher mit Vanille-Softeis und japanischen Süßigkeiten. Die Gruppe haben wir längst verloren, keine Ahnung, wo die abgeblieben sind.


Abends sind wir von Heiner eingeladen zu einem japanischen Menü in einem landestypischen Restaurant. Diesmal passt alles, das Restaurant ist schön und das Essen sehr lecker, wir sitzen an bodennahen Tischen und freuen uns über den gelungenen Abend.
Die Hotelbar im 19.  Stock hilft uns nachher, die nötige Bettschwere zu finden.
Am nächsten Tag finden die ersten Seminare statt. Ich höre mir Familienrecht an, den Rest spare ich mir, ich finde es spannender, mich in Erdkunde, Anschauungsunterricht Fernost, fortzubilden.

Also geht’s los, wir kaufen uns ein Busticket und fahren zunächst zum alten Samuraiviertel, wo es in etwa so aussieht wie bei den Geishas. Nette Holzhäuser mit Souvenirshops und Teehäusern. Drum herum sind unheimlich viele kleine, verfallene Tempelchen, der einzig nennenswerte ist der Ninja-Tempel, in den man aber nur nach Voranmeldung hineinkommt. Die wir nicht haben.


Nach diesem Spaziergang fahren wir mit dem Bus zur Burg, einer imposanten Anlage auf einem Hügel. Angeschlossen an das Gelände ist der zauberhafte, liebevoll angelegte Kenrokuen Garten, der den Hügel zwischen zwei Flüssen nutzt und eine gute Aussicht über Stadt und Landschaft bietet. Er beinhaltet die sechs Prinzipien eines japanischen Landschaftsgartens: Weitläufigkeit und Abgeschiedenheit, Kunstfertigkeit und Althergebrachtes, fließendes Wasser und weiten Blick.

Langsam kommt auch die Kirschblüte in Gang. Japan ist praktisch übersät von Kirschbäumen. Der Jahreszeit entsprechend, brechen die ersten Blüten auf und verwandeln das ganze Land in ein Meer aus rosa Träumen.

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Eine örtliche Spezialität scheint die Produktion von Blattgold zu sein, jedenfalls gibt es das in den Shops in jeder denkbaren Variante, als Zusatz zu Kosmetik, in Dosen und Gläschen, als Dekoration für Tee und andere Gerichte sogar in einer Art Pudergoldstreuer. Wir gönnen uns ein Goldeis.


Abends essen wir im Teppanyaki-Restaurant sehr gute Steaks mit interessanten Beilagen. Der Koch brät kunstvoll  am Tisch, alles ist super frisch und lecker.

Danach landen wir wieder in der Bar, wo uns Heiner findet. Der erklärt uns, dass er keine reservierten Plätze mehr in dem geplanten Zug nach Kyoto bekommen hat und wir deshalb einen früher nehmen. Das bedeutet, um 6.00 Uhr aufstehen. Hoffen, dass noch ein Sitzplatz frei ist.
Wir schaffen das.

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