Icod de los Vinos

24.3.21

Nach meinem morgendlichen Sportprogramm (Yoga, Schwimmen) rufe ich Julia an, der es deutlich besser geht. Wir verabreden uns für den Nachmittag.

In Icod de los Vinos steht ein 1000-2000 Jahre alter Drachenbaum, der Drago Milenario, einer der Wahrzeichen Teneriffas.

Der Baum ist etwa 16 m hoch, der Stamm hat einen Umfang von sechs Metern.  Seinen Namen hat er davon, dass sich sein Saft bei der Berührung mit Luft rot färbt und aussieht wie Blut. Er liegt in einem kleinen botanischen Garten mit inseltypischen Pflanzen und schöner Aussicht auf Meer und Teide.

Kaum vorstellbar, was dieser Baum schon alles gesehen hat. Neue Religionen sind entstanden und alte untergegangen, Kriege wurden geführt, gewonnen, verloren, Völker haben sich aufgemacht zu anderen Zielen, Amerika wurde gefunden und Einheimische erst unterdrückt, dann – auch hier –  ausgerottet. Krankheiten wurden besiegt, neue entstanden, Penicillin und Elektrizität wurden erfunden, Eisenbahn, Autos, der Mensch hat den Mond betreten und schickt Sonden zum Mars…und der Baum steht einfach nur da und ist Baum.

Auch hier sieht man, dass Teneriffa normalerweise ein Ziel des Massentourismus ist, der angeschlossene Biergarten in einem hübschen Hinterhof und die vielen Souvenirshops an den Straßen sprechen Bände. Derzeit sind wir mit noch ein, zwei Pärchen die einzigen Besucher des Parks, was für uns schön, für die vom Tourismus abhängigen Einheimischen existenzbedrohend ist.

Wir schlendern durch das hübsche Dorf, trinken Kaffee, essen Eis und fahren wieder zurück nach Orotava, ebenfalls ein nettes Städtchen im Hinterland von Puerto.

wir

Als seinerzeit Puerto de la Cruz noch ein bedeutender Hafen war, zogen sich die reicheren Einwohner nach Orotava zurück, entsprechende Villen und öffentliche Gebäude finden sich hier. Das Orotava-Tal wurde als eines der ersten nach der Eroberung Teneriffas besiedelt, eine Wasserleitung aus den nahen Bergen sorgte für ausreichend Bewässerung der Zuckerrohrfelder, die auf dem fruchtbaren Boden gediehen. Mittlerweile werden allerdings mehr Bananen angebaut. Die Verschiffung der Exporte fand von Puerto de la Cruz aus statt, das  als Folge des Wohlstands von Orotava gebaut wurde und heute mehr oder weniger vollständig vom Tourismus lebt.

Bei der Fahrt fällt uns auf, dass die Luftdruckanzeige des Autos leuchtet. Also suchen wir die nächste Tankstelle und füllen die Reifen auf. Die Anzeige leuchtet weiter. Es muss einen Reset-Knopf geben, den wir allerdings nicht finden. Die Prozedur, die auf dem Reifendruck-Aufkleber in der Tür beschrieben ist, bewirkt gar nichts, außer dass der Tageskilometer-Zähler auf Null gestellt wird. Wir suchen eine weitere Tankstelle, überprüfen die Reifen  nochmal, gleicher Erfolg. Ein zugezogener Fachmann weiß auch nicht, wie es geht. Na ja, ich bin gleich daheim, ich werde mich morgen mit dem Problem beschäftigen, vielleicht hilft es ja, wenn das Auto kalt ist.

25.3.

Nach näherer Beschäftigung mit dem Auto bin ich dann nochmal zur Tanke, weil wir zuviel Luft reingetan haben. Google hat mir erklärt, wie ich die Anzeige wieder löschen kann, leider hat mein Auto die auf der Anleitung dargestellten Knöpfe und Schalter nicht. Der Tankwart meinte, das muss übers Navi gehen, die entsprechende Anzeige haben wir aber auch gemeinsam nicht gefunden. Also hab ich den Luftdruck nochmal neu justiert und dann im Menü rumgesucht und während der Fahrt ein paar Knöpfe gedrückt und plötzlich war die Anzeige weg. Yes! Man muss halt die Fachfrau ranlassen!

Ansonsten keine großen Unternehmungen, ich hab ein bisschen Kratzen im Hals, hoffentlich habe ich mich nicht angesteckt – sei es mit Erkältung oder Covid. Seit heute sind anscheinend Tests vor Abflug ab Sonntag verpflichtend.  Am Samstag habe ich den Testtermin. Falls die Situation sich bis dahin nicht nochmal ändert. Man weiß ja nie. Die Gründonnerstags-Ruhe-Entscheidung wurde ja auch schon wieder kassiert. So 8 Stunden nachdem sie getroffen worden ist, also kurz nachdem die Entscheider ausgeschlafen hatten. Was rauchen die eigentlich bei ihren Sitzungen?

Es läuft langsam an

25.-30.4.

So ein bisschen schaut es langsam besser aus. Oder wir sind nicht mehr so konsequent und gefährden damit alles. Ich weiß es nicht, keiner weiß es. Ich stelle nur fest, dass es eine ungeheure Erleichterung ist, dass wir auch wieder eine Person außerhalb des eigenen Haushalts treffen dürfen.

Am Wochenende war ich in Augsburg und habe meine Tochter Julia getroffen. Wir sind sage und schreibe drei Stunden im Stadtwald spazieren gegangen, haben Gott und die Welt diskutiert und genossen, mal einen anderen Ansprechpartner als unsere Mitbewohner zu haben. Dann waren wir noch in der Stadt Eis essen, natürlich „to go“. Man merkt gar nicht, wie sehr einem das fehlt, die simple Gegenwart anderer Leute.

Mäßig konsequent haben uns die Woche auch Freunde besucht, die auf ihrem Spazierweg bei uns vorbeigeschaut haben. Natürlich blieben alle brav auf der Terrasse sitzen, mit Abstand und Feuerschale, damit wir uns nicht zu nahe kommen und nicht frieren. Einige Flaschen Weiß- und Rotwein später sind sie dann wieder heimspaziert. Wir haben uns gefreut wie Kinder, mal wieder zusammen zu sitzen, wenn auch nur draußen  und abends im doch noch recht kühlen April.

Nachdem die kleinen Läden diese Woche wieder geöffnet haben, musste ich ganz dringend eine Akte zum Gericht nach Ebersberg bringen und auf dem Weg in Helgas Boutique am Marktplatz vorbeischauen, wo ich die örtliche Wirtschaft kräftig unterstützen konnte. Was soll ich sagen: Einige Klamotten waren in meiner Größe ausverkauft, nach drei Tagen Öffnung. Es wird schon wieder, Leute, haltet durch! Eure Stammkunden lassen euch nicht hängen. Jetzt bin ich wenigstens wieder versorgt mit coolen Klamotten, falls die jemals wieder jemand zu Gesicht bekommt, mit dem ich nicht zusammen wohne oder arbeite. Na ja,  ein neues Outfit hebt die allgemeine Laune auch so immer.

Sonst passiert ehrlich gar nichts. Ich ziehe mein Sportprogramm durch, gehe brav arbeiten, das war’s. Ich würd‘ so gern verreisen!

Nicht mehr ganz so ausgangsbeschränkt, Teil 7

18.4.

Immer noch strahlender Sonnenschein und dunkelblauer Himmel, seit Wochen. Was könnte man alles unternehmen! Wo könnte man überall hinfahren! Für die Landwirtschaft ist dieser supertrockene April eine Katastrophe, für den ausgangsbeschränkten Bürger ein Segen.

IMG_9862

Die Tage gleichen sich immer mehr. Ich versuche zwar, jeden Tag irgendwas Besonderes zu erleben, es wird aber nicht einfacher. Immerhin bin ich heute mit einer Freundin spazieren gegangen, fast 10 km, das war hoch willkommen. Wir dürfen das anscheinend jetzt, oder doch erst ab Montag? Oder eine Woche später? Keine Ahnung, jedenfalls sehe ich kein Problem mit Ansteckung, wenn zwei Leute, die seit Wochen praktisch keine Außenkontakte hatten, draußen berührungslos durch den Wald gehen. Und ob ich das jetzt heute anfange oder am Montag, ist dann auch egal. In anderen Bundesländern dürfen sie das ja auch schon länger.

Merkt ihr was? So langsam kommt ein wenig Trotz auf. Die Beschränkungen werden nicht mehr ohne jede Einschränkung akzeptiert. Ich denke, es kommt darauf an, wie neue Regeln kommuniziert werden. Ein bisschen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass da doch ein paar Profilierungswünsche eine Rolle spielen, die nicht unbedingt nur etwas mit der Volksgesundheit zu tun haben. Das ist gefährlich. Grundsätzlich sind ja noch die meisten dabei, wenn es um die Reduzierung von Kontakten geht. Aber wenn die Regeln unklar sind und vor allem die Begründung ebendieser Regeln nicht nachvollziehbar, dann regt sich doch ein wenig innerer Widerstand, der, wenn er um sich greift, das Gesamtprojekt gefährden könnte. Damit ist aber keinem gedient.

19.4. Sonntag

Um meiner Radlerei ein Ziel zu geben, habe ich heute mit meiner Schwester verabredet, dass wir uns entgegen fahren, dann zusammen ein Eis holen und wieder heimfahren. Meine Schwester wohnt 15 km weit weg von mir, also ist das eine schöne Tour hin und zurück. Vor der Eisdiele stehen 50 m Leute an, alle brav auf Abstand, weshalb es dann auch relativ schnell geht. Wir setzen uns auf einen Zaun, die nahegelegenen Parkbänke sind alle schon voll, und freuen uns, dass wir uns endlich mal wieder sehen.

20.4.

Langsam wird es wieder etwas lebendiger im Büro. Es rufen wieder Leute an. Dafür klappt das mit halbtags schon wieder nicht.

Abends schaue ich bei Matthias vorbei, der heute Geburtstag hat. Die Besucher geben sich die Tür in die Hand, damit nicht mehr als zwei auf einmal da sind. Nebenbei läuft „Houseparty“ mit wechselnder Besetzung. So geht’s dann auch mit dem Abstand und so. Ivy bringt wunderbaren frischen Käsekuchen, Matthias hat noch Spargelsuppe, dazu Rosé, läuft mit der Party.

21.4.

Ich merke, dass meine Sportbegeisterung nachlässt, sobald ich wieder bis abends im Büro sitze. Ich sollte also nicht bis abends im Büro sitzen, das wäre für meine Figur, meine Laune und meinen Schlaf entschieden besser. Eigentlich habe ich keine Lust auf Rückkehr ins Hamsterrad, wenn die Beschränkungen mal aufgehoben werden.

Auf meiner Liege in der Sonne bekomme ich Besuch.

Der Wetterbericht sagt, dass es bisher im April 3% der normalen Niederschläge für diesen Monat hatte. Alles vertrocknet, ich gieße meine Blumen jeden Tag. Für die Vögel und Igel habe ich Schälchen mit Wasser aufgestellt. Im Brunnen baden die Amseln.

22.4.

Ein gegnerischer Rechtsanwalt schreibt mir so böse Briefe, dass ich den Fall nicht bearbeiten mag. Eigentlich ist die Mandantin sehr nett, aber dieser Gegner ist ganz schlimm. Was für ein trauriges Leben muss der haben, wenn er so aggressiv gegenüber einer Kollegin ist, die er gar nicht persönlich kennt. Da schreit der Frust aus jeder Zeile. Zum Glück sind solche Typen selten, sonst hätte ich den Beruf schon aufgegeben. Irgendwie packe ich sowas zur Zeit nicht gut.

23.4.

Caro hat Masken! Ich fahre in ihre Praxis und kaufe ihr ein Päckchen ab. Die brauche ich ab übernächste Woche für die Mandanten, die keine eigenen dabei haben. Eigentlich müssen ja alle welche haben, wg. Maskenpflicht und so. Aber wie ich die Leute kenne, werden wieder einige ohne kommen. Dann möchte ich den Service bieten können, ohne mich und andere unverhältnismäßig zu gefährden, und ihnen eine überlassen.

24.4.

Geburtstage in Zeiten von Corona: Ich gratuliere meiner Schwester mittags und wir feiern mit Paella und Kuchen vom Drive-in.  Da kommt Party-Laune auf!

 

Ich hab keine Lust mehr auf diesen Scheiß.