The long way to Ubud

19.8. Ubud, Bali

In Ubud finde ich ein nettes Hotel mit guten Bewertungen zu einem vernünftigen Preis in der Stadtmitte, genau das, was ich mir vorstelle.  Meinem unauffindbaren Vermieter schicke ich eine sms, dass ich sofort nach Hause fahren muss, weil meine (vor 24 Jahren verstorbene) uralte Mutter einen Unfall hatte. Der alte Herr, der mir das Zimmer vermietet hat, ist so nett, ich möchte ihm nicht sagen, dass ich Zimmer und Stadt grauenhaft finde und deshalb sofort abreise. Daraufhin erstattet er mir die zwei nachträglich gebuchten Nächte anstandslos. Jetzt hab ich ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn angelogen habe. Irgendwas ist immer blöd. Hätte ich die Wahrheit gesagt, hätte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich sein Zimmer nicht würdige.

Dann ziehe ich los, um meine Wäsche zu holen, die mir für heute früh versprochen ist. Der Typ hat sie natürlich nicht. Er meint, sie ist nicht fertig, weil es gestern geregnet hat. Ich sage ihm, ich komme in einer Stunde wieder, dann muss sie da sein. Dann gehe ich ins Krankenhaus und hole meine Befunde.  Der Arzt ist immer noch der gleiche wie vorgestern, ich frage ihn, ob er auch mal schläft, denn er ist ja anscheinend zu jeder Tageszeit da. Er schaut total erschöpft aus und ich kann mir nicht vorstellen, dass der noch wirklich konzentriert arbeiten kann. Anscheinend freut er sich aber, dass ihn mal einer fragt, wie es ihm geht, denn er lässt mich für die Laboruntersuchungen nichts mehr extra bezahlen. Die Schwester am Empfang wundert sich ein bisschen, aber er ist der Chef.

Dann gehe ich frühstücken und organisiere einen Fahrer, der mich mittags abholt. Jetzt wieder zur Wäsche. Der Typ hat sie immer noch nicht und erklärt mir, vielleicht heute abend. Ich werde etwas unangenehm. Die Wartezeit verkürzt sich auf 15 Minuten, als ich noch unangenehmer werde, schafft er es, die gewaschene und gebügelte Wäsche innerhalb von 5 Minuten herzubringen. Geht doch.

Ich packe und verabschiede mich von Johnny, dem Vermieter. Er wünscht meiner Mutter nur das Beste. Mein schlechtes Gewissen wächst.

Der Moment, wenn du eine Viertelstunde erzählst, was alles passiert ist und warum du nach drei Tagen Bali noch nichts von der Insel gesehen hast und der Fahrer dir freundlich nickend zuhört und dich dann fragt: „First time in Bali?“ und du merkst, dass der kein Wort verstanden hat. Rudimentäre Englischkenntnisse führen nicht dazu, dass einer ein guter Guide ist, das sollten die Tourismusleute hier eigentlich auch wissen. Er kann mir zwar sagen, hier ist meine Telefonnummer, bitte ruf mich an, wenn du einen Guide für eine Inselrundfahrt brauchst, aber das war’s im Großen und Ganzen auch schon. Ansonsten verständigen wir uns über Finger auf Landkarte und was schauen wir jetzt als Nächstes an. ‚Next?‘ ‚Bali Kopi make? Temple?‘ ‚Which Temple?‘ ‚Ok.‘ Ungefähr so.

Die Fahrt über völlig verstopfte Straßen dauert einschließlich Besichtigungen fünf Stunden. Es handelt sich um 20 km. Der Umweg wegen der Besichtigungen  dürfte ungefähr 2 km betragen haben. Gesehen habe ich:

Luwak Coffee: Eine Kaffeerösterei einer lokalen Kaffeesorte, bei der kleine Pelztiere den Kaffee erst fressen, dann kacken. Dann kann die Bohne erst aufgebrochen und geröstet werden. Fünf Minuten Erklärung, dann Verkostung verschiedener Tee-, Kaffee- und Kakaosorten, der spezielle Kaffee kostet natürlich was, alle anderen nicht, dann Zeit ohne Ende im Shop. Insgesamt also etwa 17 Minuten.

Einen sehr schönen Tempel, allerdings gleichzeitig mit einer chinesischen Reisegruppe, ca. 20 Minuten. Ich konnte meinem Guide leider nicht entlocken, welcher Tempel das war, denn er hat schon die Frage nicht verstanden.

Einen überteuerten Schmetterlingsgarten. 15 Minuten.

Goa Gajah,  den ‚Elefantentempel‘, eine Höhle mit einer Ganesha-Statue und ein paar Lingams, offensichtlich ein Shiva-Tempel. Die Meditationshöhle existiert seit dem 11. Jh. und wurde 1923 wiederentdeckt. Vor dem Tempel befindet sich die gut erhaltene Ausgrabung einer etwa 1000 Jahre alten Badeanstalt, die von sechs Quellnymphen gespeist wird.

Dahinter führt ein Weg zu einem kleinen Buddha-Tempel, dessen Priester einem Frangipaniblüten ins Haar steckt, Sand auf die Stirn malt und dafür 50 000 Rupien, etwa 3,50 EUR, will. Um das klar zu machen, hebt er ein Tuch hoch, unter das er ein paar entsprechende Scheine gesteckt hat, damit man sieht, wieviel man geben soll. Die deutschen Touristen vor mir zahlen den Preis brav und beeindruckt, ich lache und gebe ihm 5000. Er lacht auch. Vielleicht insgesamt 20 Minuten.

Macht reine Fahrzeit plus/minus 4 Stunden. Ich schwöre, dagegen ist der Verkehr in Europa ein Witz. Wir fahren tatsächlich die ganze Strecke im Schritttempo mit Stauungen. Mopeds überholen uns unter Lebensgefahr, der Gegenverkehr tut sein Möglichstes, um uns abzudrängen, es gibt praktisch keine Ampeln und Polizei schon gar nicht. Ein paar Ambulanzen drängeln sich durch, wahrscheinlich verunfallte Mopedfahrer. Mitten in dem Chaos ruft mich Paul an und fragt, wie es mir geht und ich soll ja kein Moped mieten, sie hätten wahnsinnig viele Unfälle mit denen. Na sowas. Er arbeitet beim ADAC Auslandsrückholdienst und hat insofern guten Einblick.

Gegen Abend kommen wir endlich in Ubud an. Die Hauptstraße wirkt jedenfalls entspannter als Seminyak. Mehr bekomme ich heute nicht mehr zu sehen, ich checke ein und bin froh, nicht mehr raus zu müssen, es fängt nämlich mal wieder an zu regnen. Das nette Hotel hat ein Restaurant, das muss reichen für heute. Ich kann sowieso noch nicht viel essen.

Ein Gedanke zu „The long way to Ubud“

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