Alle Jahre wieder: Pichl

 

Endlich, nach Monaten der Vorfreude, angekommen im Pichlmayrgut bei Schladming, wo ich mich jedes Jahr fortbilde. Als Fachanwältin bin ich ja verpflichtet, bestimmte Stundenzahlen zu buchen, damit mir die Bezeichnung erhalten bleibt. Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.

Jeden Tag gibt es ein umfangreiches Kursangebot der GJI in den diversen juristischen Fächern, so dass es fast möglich ist, das gesamte Fortbildungserfordernis für zwei Fachanwaltstitel hier einzubringen. Allerdings ist das natürlich nicht der einzige Grund, hierher zu kommen. Schaut mal:

Ein gewisser Urlaubscharakter kann der Veranstaltung nicht abgesprochen werden: Ein umfangreiches Rahmenprogramm, das super Skigebiet Schladming vor der Tür, ein schöner Wellnessbereich im Haus und das sehr gute Essen sorgen für angenehmste Bedingungen. Leider auch immer für ein paar Pfund mehr auf der Waage…

Es beginnt mit einem Abend an der Bar. Lustige Geschichten hört man hier: Von einem österreichischem Gericht, bei dem der  Architekt im Rahmen des Projekts „Kunst am Bau“ eine Fahnenstange mit dem Lift verbunden hat, so dass jedes Mal die Fahne hoch und runter gezogen wird, wenn der Lift fährt. Von den damit verbundenen Schwierigkeiten, wenn der Lift im 2. Stock über Nacht stehen bleibt: Die Fahne ist dann auf Halbmast und die Bevölkerung ruft entsetzt an, wer denn gestorben sei.

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Missverständnisse

Ich finde es sinnvoll, nicht nur nette Freizeitaktionen mit den Kindern in der Turnhalle zu machen (die Malaktion, die ich mit den Kindern gemacht habe, war ein voller Erfolg, alle waren begeistert von der Ausstellung und die Kinder waren glücklich),

sondern die Möglichkeiten zu nutzen, die ich als Anwältin habe, mich mit den Grundzügen des Asylrechts zu beschäftigen. Ich habe bisher keine Ahnung, wie alles zusammenhängt, Migrationsrecht war kein Prüfungsstoff in den beiden Examen. Trotzdem fragen mich dauernd Leute, wie es geht, wer was darf etc. Also habe ich angefangen,  mich zu informieren.

Erstes Fazit: Es wird alles durcheinander gemischt. Keiner blickt durch. Es ist super kompliziert. Leider blicken auch die Behörden zum Teil nicht durch und treffen für identische Fälle widersprüchliche Entscheidungen. Das führt nicht zu Klarheit und Rechtssicherheit und verunsichert natürlich sowohl die Asylsuchenden als auch die Bevölkerung.

Ich versuche mal, ein paar Basics verständlich darzustellen.

Es geht um Menschenrechte. Das ist keine deutsche Besonderheit. Es besteht vor allem keinerlei Anlass, auf die Politik zu schimpfen, weil angeblich unser Asylrecht zu lasch ist. Das ist es nicht. Es ist lediglich Ausdruck der Tatsache, dass wir in einem Rechtsstaat leben, der sich verpflichtet hat, Menschenwürde und Menschenrechte zu achten, so wie alle anderen Rechtsstaaten und noch ein paar mehr auch. Und der diese Verpflichtung ernst nimmt, wenn auch nicht immer fehlerfrei. Im Prinzip geht es so:

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Memory

Ich war ja ein paar Mal in der Durchgangseinrichtung in München/Dornach und hab dort die Erstaufnahme von total erschöpften Leuten begleitet, die dort für ein paar Stunden Ruhe gefunden haben. Die Erlebnisse dort waren intensiv und beeindruckend.

Jedenfalls habe ich mir gedacht, ich sollte mich vielleicht mehr an meinem Wohnort einbringen, als ich erfahren habe, dass die Turnhalle des Gymnasiums für Flüchtlinge geöffnet wird. Also habe ich Kontakt zum örtlichen Helferkreis aufgenommen und meine Bereitschaft erklärt, mitzuarbeiten.

Als erstes habe ich drei junge Männer aus Senegal zum Rechtsanwalt für Ausländerrecht begleitet. Der Leiter des Helferkreises war dankbar, jemanden dabei zu haben, der Juristisch auf Deutsch übersetzen konnte und die richtigen Fragen gestellt hat. Die Jungs haben abenteuerliche Reisen hinter sich, zwei kamen über Melilla, einer über Lampedusa ins gelobte Euroland. Aussichten, als politischer Flüchtling in Deutschland anerkannt zu werden, gleich Null. Es ging aber eher darum, die Abschiebung nach Italien/Spanien zu verhindern. Es ist schwierig, sich da eine Meinung zu bilden. Einerseits kann natürlich nicht jeder einen Status bekommen, der das gern hätte, schon klar, Dublin und so. Andererseits fällt es einem schon wesentlich schwerer,  so hart zu bleiben, wenn man die Leute persönlich kennt. Man erklärt ihnen halt, dass sie eigentlich keine Aussicht haben, versucht aber, die hoffnungsvollen Blicke nicht ganz in die Verzweiflung abstürzen zu sehen, indem man ihnen erklärt, dass das Verfahren Jahre dauern kann. Schwierig für alle Beteiligten. Die sind ja auch erst Anfang 20 und haben alles aufgegeben für eine unrealistische Hoffnung.

Dann war ich in der Turnhalle und habe mir angeschaut, wie die Leute dort leben. Reihen von Stockbetten, verteilt über den ganzen Raum, 200 Leute wohnen dort für einige Monate. Privatsphäre gibt es nicht. Männer, Frauen, Memory weiterlesen